Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.eines gewissen Beicht-Vaters. daß alle Anstalten in der Gemeinde also beschaffen seyn sol-len/ daß die Erbauung der Seelen in dem Christenthum da- durch mehr und mehr befördert werde. Weil nun solche auf diese Weise bey manchem wachsen kan/ so wird man al- lerdings zugeben müssen/ daß die Zuhörer hierinn nicht all- zu sehr gebunden werden a). Man wird ferner die Verän- derung zulassen müssen/ wenn der Beicht-Vater sich also aufführet/ daß man fernerweit kein Vertrauen auf densel- ben setzen kan. Denn wenn ich dieses nicht bey mir befin- de/ so ist gewißlich alle Frucht/ so man sich aus der Beich- te versprechen kan/ verdorben und zu nichte. Man gehet nur aus Gewohnheit in den Beicht-Stuhl. Dieses solten die Pfarrer und Beicht-Väter wohl überlegen/ sie würden sodann nicht ihren/ sondern der Pfarr-Kinder Nutzen zu befördern suchen. Man würde von dem Zwang-Recht freywillig abstehen/ und denen Leuten eine grössere Freyheit hierinn ertheilen. Solches haben selbst berühmte Theo- logi Fürst solches zu thun nicht befugt sey, wie die heutige Reichs- kündige Erfahrung bezeuget. Von dem Recht eines Fürsten in diesem Stück will weiter unten ausführlich handeln. a) Dieses ist auch die Meinung des seel. Speners in denen Theol.Speners Mei- nung von zuge- lassener Ver- änderung. Bedencken Vol. IV. pag. 486. Weil aber auch, saget er, nicht nur von der Gültigkeit und Krafft solcher Gnaden-Mittel selbst geredet wird, sondern die Absicht auch gehet auf die Erbau- ung, die man dabey haben mag, und wir aber wissen, daß das Vertrauen des Beicht-Kindes zu dem Beicht-Vater nicht wenig bequem machet, damit das Wort GOttes ohn- gehindert seine Krafft in denselben ereigne, hingegen wo ein Mißtrauen ist, in solchem heiligen actu leicht dasselbe gestöret und der heilsame Nutzen gehindert werden mag re. Dieserwegen saget er cit. l. pag. 487. daß man bey einem solchen, zu dem man kein Vertrauen hätte, nicht beichten solte, es wä- re denn ein Nothfall. b) Jch (Recht der Beicht-Stühle.) d d
eines gewiſſen Beicht-Vaters. daß alle Anſtalten in der Gemeinde alſo beſchaffen ſeyn ſol-len/ daß die Erbauung der Seelen in dem Chriſtenthum da- durch mehr und mehr befoͤrdert werde. Weil nun ſolche auf dieſe Weiſe bey manchem wachſen kan/ ſo wird man al- lerdings zugeben muͤſſen/ daß die Zuhoͤrer hierinn nicht all- zu ſehr gebunden werden a). Man wird ferner die Veraͤn- derung zulaſſen muͤſſen/ wenn der Beicht-Vater ſich alſo auffuͤhret/ daß man fernerweit kein Vertrauen auf denſel- ben ſetzen kan. Denn wenn ich dieſes nicht bey mir befin- de/ ſo iſt gewißlich alle Frucht/ ſo man ſich aus der Beich- te verſprechen kan/ verdorben und zu nichte. Man gehet nur aus Gewohnheit in den Beicht-Stuhl. Dieſes ſolten die Pfarrer und Beicht-Vaͤter wohl uͤberlegen/ ſie wuͤrden ſodann nicht ihren/ ſondern der Pfarr-Kinder Nutzen zu befoͤrdern ſuchen. Man wuͤrde von dem Zwang-Recht freywillig abſtehen/ und denen Leuten eine groͤſſere Freyheit hierinn ertheilen. Solches haben ſelbſt beruͤhmte Theo- logi Fuͤrſt ſolches zu thun nicht befugt ſey, wie die heutige Reichs- kuͤndige Erfahrung bezeuget. Von dem Recht eines Fuͤrſten in dieſem Stuͤck will weiter unten ausfuͤhrlich handeln. a) Dieſes iſt auch die Meinung des ſeel. Speners in denen Theol.Speners Mei- nung von zuge- laſſener Ver- aͤnderung. Bedencken Vol. IV. pag. 486. Weil aber auch, ſaget er, nicht nur von der Guͤltigkeit und Krafft ſolcher Gnaden-Mittel ſelbſt geredet wird, ſondern die Abſicht auch gehet auf die Erbau- ung, die man dabey haben mag, und wir aber wiſſen, daß das Vertrauen des Beicht-Kindes zu dem Beicht-Vater nicht wenig bequem machet, damit das Wort GOttes ohn- gehindert ſeine Krafft in denſelben ereigne, hingegen wo ein Mißtrauen iſt, in ſolchem heiligen actu leicht daſſelbe geſtoͤret und der heilſame Nutzen gehindert werden mag ꝛe. Dieſerwegen ſaget er cit. l. pag. 487. daß man bey einem ſolchen, zu dem man kein Vertrauen haͤtte, nicht beichten ſolte, es waͤ- re denn ein Nothfall. b) Jch (Recht der Beicht-Stuͤhle.) d d
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eines gewiſſen Beicht-Vaters.
daß alle Anſtalten in der Gemeinde alſo beſchaffen ſeyn ſol-
len/ daß die Erbauung der Seelen in dem Chriſtenthum da-
durch mehr und mehr befoͤrdert werde. Weil nun ſolche
auf dieſe Weiſe bey manchem wachſen kan/ ſo wird man al-
lerdings zugeben muͤſſen/ daß die Zuhoͤrer hierinn nicht all-
zu ſehr gebunden werden a). Man wird ferner die Veraͤn-
derung zulaſſen muͤſſen/ wenn der Beicht-Vater ſich alſo
auffuͤhret/ daß man fernerweit kein Vertrauen auf denſel-
ben ſetzen kan. Denn wenn ich dieſes nicht bey mir befin-
de/ ſo iſt gewißlich alle Frucht/ ſo man ſich aus der Beich-
te verſprechen kan/ verdorben und zu nichte. Man gehet
nur aus Gewohnheit in den Beicht-Stuhl. Dieſes ſolten
die Pfarrer und Beicht-Vaͤter wohl uͤberlegen/ ſie wuͤrden
ſodann nicht ihren/ ſondern der Pfarr-Kinder Nutzen zu
befoͤrdern ſuchen. Man wuͤrde von dem Zwang-Recht
freywillig abſtehen/ und denen Leuten eine groͤſſere Freyheit
hierinn ertheilen. Solches haben ſelbſt beruͤhmte Theo-
logi
(b)
a) Dieſes iſt auch die Meinung des ſeel. Speners in denen Theol.
Bedencken Vol. IV. pag. 486. Weil aber auch, ſaget er, nicht nur
von der Guͤltigkeit und Krafft ſolcher Gnaden-Mittel ſelbſt
geredet wird, ſondern die Abſicht auch gehet auf die Erbau-
ung, die man dabey haben mag, und wir aber wiſſen, daß
das Vertrauen des Beicht-Kindes zu dem Beicht-Vater
nicht wenig bequem machet, damit das Wort GOttes ohn-
gehindert ſeine Krafft in denſelben ereigne, hingegen wo
ein Mißtrauen iſt, in ſolchem heiligen actu leicht daſſelbe
geſtoͤret und der heilſame Nutzen gehindert werden mag ꝛe.
Dieſerwegen ſaget er cit. l. pag. 487. daß man bey einem ſolchen,
zu dem man kein Vertrauen haͤtte, nicht beichten ſolte, es waͤ-
re denn ein Nothfall.
b) Jch
(b) Fuͤrſt ſolches zu thun nicht befugt ſey, wie die heutige Reichs-
kuͤndige Erfahrung bezeuget. Von dem Recht eines Fuͤrſten
in dieſem Stuͤck will weiter unten ausfuͤhrlich handeln.
(Recht der Beicht-Stuͤhle.) d d
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