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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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II. Abth. I. Cap. Von Erwehlung
man zur Pest-Zeit denenjenigen/ so noch nicht angestecket/ er-
lauben/ sich eines andern Pastoris zu bedienen d). Denn der
ordentliche Pfarrer muß zu allen Krancken gehen. Man
könnte sich also leicht vor ihm scheuen/ und in Ansehung des-
sen pfleget man von dem Zwang-Recht abzuweichen. Aus-
ser diesen Fällen aber will man gemeiniglich keine Aende-
rung des Beicht-Vaters zulassen.

Wo mehr
als ein
Pfarrer in
einem Kirch-
Spiel, muß
man die
Wahl und
nachmahlsdie Verän-
§. XIV.

Soll ich meine Meinung von der Aenderung
des Beicht-Vaters entdecken/ so ist es diese. Alle Sprüche
aus der heiligen Schrifft/ die diejenigen/ so die Veränderung
so sehr einschrencken/ vorzubringen pflegen/ beweisen nichts/
und sind gantz und gar nicht hieher zu ziehen. Jch bin auch
gewiß versichert/ daß vor Innocentii III. Zeiten/ kein Ge-
setze vorhanden gewesen/ so die Zuhörer angestrenget/ kei-
nem andern als ihrem Pfarrer zu beichten a). Da nun aber

das
im Fall der Noth man das Abendmahl von einem jeden Prie-
ster empfangen könnte. Dieses ist ebenfalls von der absolution zu
verstehen. Dieser Jurist räumet selbsten ein, daß die Noth allen
Unterscheid, der unter denen Pfarr-Kindern dieses und jenes Kirch-
Spiels ist, aufhebe.
d) Zur Pest-Zeit
kan man bey
einem andern
als dem ordent-
lichen Pfarrer
beichten.
Dieses ist abermahls Carpzovs Meinung cit. l. und allerdings
gegründet. Er meinet, weil es in jedem Nothfall erlaubt, sich
frembder Pastorum zu bedienen, so hätte solches um so viel mehr
zur Zeit der Pest seinen Grund. Seine Worte sind diese: Quod[sa]
enim justa ex causa pro obtinendo sacrae coenae vsu alterius dioe-
ceseos parochum compellare licet, vt modo diximus; vtique
ob pestis periculum id multo magis licitum censetur, quippe quo
non vnica tantum persona necessitate premitur, sed & reliqui,
ac quandoque coetus vniuersus periclitatur. Nec quisquam non
casum hunc summae dixerit necessitatis, quo receditur non solum
a regulis juris communis, sed etiam prohibitiui, & nulla subjecta
est legi necessitas, sed ipsa legem facit.
a) InnocentiusMan wird aus demjenigen, so oben sect, I. Cap. II. seq. angeführet,
zur

II. Abth. I. Cap. Von Erwehlung
man zur Peſt-Zeit denenjenigen/ ſo noch nicht angeſtecket/ er-
lauben/ ſich eines andern Paſtoris zu bedienen d). Denn der
ordentliche Pfarrer muß zu allen Krancken gehen. Man
koͤnnte ſich alſo leicht vor ihm ſcheuen/ und in Anſehung deſ-
ſen pfleget man von dem Zwang-Recht abzuweichen. Auſ-
ſer dieſen Faͤllen aber will man gemeiniglich keine Aende-
rung des Beicht-Vaters zulaſſen.

Wo mehr
als ein
Pfarrer in
einem Kiꝛch-
Spiel, muß
man die
Wahl und
nachmahlsdie Veraͤn-
§. XIV.

Soll ich meine Meinung von der Aenderung
des Beicht-Vaters entdecken/ ſo iſt es dieſe. Alle Spruͤche
aus der heiligen Schrifft/ die diejenigen/ ſo die Veraͤnderung
ſo ſehr einſchrencken/ vorzubringen pflegen/ beweiſen nichts/
und ſind gantz und gar nicht hieher zu ziehen. Jch bin auch
gewiß verſichert/ daß vor Innocentii III. Zeiten/ kein Ge-
ſetze vorhanden geweſen/ ſo die Zuhoͤrer angeſtrenget/ kei-
nem andern als ihrem Pfarrer zu beichten a). Da nun aber

das
im Fall der Noth man das Abendmahl von einem jeden Prie-
ſter empfangen koͤnnte. Dieſes iſt ebenfalls von der abſolution zu
verſtehen. Dieſer Juriſt raͤumet ſelbſten ein, daß die Noth allen
Unterſcheid, der unter denen Pfarr-Kindern dieſes und jenes Kirch-
Spiels iſt, aufhebe.
d) Zur Peſt-Zeit
kan man bey
einem andern
als dem ordent-
lichen Pfarrer
beichten.
Dieſes iſt abermahls Carpzovs Meinung cit. l. und allerdings
gegruͤndet. Er meinet, weil es in jedem Nothfall erlaubt, ſich
frembder Paſtorum zu bedienen, ſo haͤtte ſolches um ſo viel mehr
zur Zeit der Peſt ſeinen Grund. Seine Worte ſind dieſe: Quod[ſa]
enim juſta ex cauſa pro obtinendo ſacræ cœnæ vſu alterius diœ-
ceſeos parochum compellare licet, vt modo diximus; vtique
ob peſtis periculum id multo magis licitum cenſetur, quippe quo
non vnica tantum perſona neceſſitate premitur, ſed & reliqui,
ac quandoque cœtus vniuerſus periclitatur. Nec quisquam non
caſum hunc ſummæ dixerit neceſſitatis, quo receditur non ſolum
a regulis juris communis, ſed etiam prohibitiui, & nulla ſubjecta
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[206/0225] II. Abth. I. Cap. Von Erwehlung man zur Peſt-Zeit denenjenigen/ ſo noch nicht angeſtecket/ er- lauben/ ſich eines andern Paſtoris zu bedienen d). Denn der ordentliche Pfarrer muß zu allen Krancken gehen. Man koͤnnte ſich alſo leicht vor ihm ſcheuen/ und in Anſehung deſ- ſen pfleget man von dem Zwang-Recht abzuweichen. Auſ- ſer dieſen Faͤllen aber will man gemeiniglich keine Aende- rung des Beicht-Vaters zulaſſen. §. XIV. Soll ich meine Meinung von der Aenderung des Beicht-Vaters entdecken/ ſo iſt es dieſe. Alle Spruͤche aus der heiligen Schrifft/ die diejenigen/ ſo die Veraͤnderung ſo ſehr einſchrencken/ vorzubringen pflegen/ beweiſen nichts/ und ſind gantz und gar nicht hieher zu ziehen. Jch bin auch gewiß verſichert/ daß vor Innocentii III. Zeiten/ kein Ge- ſetze vorhanden geweſen/ ſo die Zuhoͤrer angeſtrenget/ kei- nem andern als ihrem Pfarrer zu beichten a). Da nun aber das (c) d) Dieſes iſt abermahls Carpzovs Meinung cit. l. und allerdings gegruͤndet. Er meinet, weil es in jedem Nothfall erlaubt, ſich frembder Paſtorum zu bedienen, ſo haͤtte ſolches um ſo viel mehr zur Zeit der Peſt ſeinen Grund. Seine Worte ſind dieſe: Quodſa enim juſta ex cauſa pro obtinendo ſacræ cœnæ vſu alterius diœ- ceſeos parochum compellare licet, vt modo diximus; vtique ob peſtis periculum id multo magis licitum cenſetur, quippe quo non vnica tantum perſona neceſſitate premitur, ſed & reliqui, ac quandoque cœtus vniuerſus periclitatur. Nec quisquam non caſum hunc ſummæ dixerit neceſſitatis, quo receditur non ſolum a regulis juris communis, ſed etiam prohibitiui, & nulla ſubjecta eſt legi neceſſitas, ſed ipſa legem facit. a) Man wird aus demjenigen, ſo oben ſect, I. Cap. II. ſeq. angefuͤhret, zur (c) im Fall der Noth man das Abendmahl von einem jeden Prie- ſter empfangen koͤnnte. Dieſes iſt ebenfalls von der abſolution zu verſtehen. Dieſer Juriſt raͤumet ſelbſten ein, daß die Noth allen Unterſcheid, der unter denen Pfarr-Kindern dieſes und jenes Kirch- Spiels iſt, aufhebe.

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/225>, abgerufen am 21.11.2024.