Anmelden (DTAQ)

DWDS dlexDB CLARIN-D

Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

Bild:

<< vorherige Seite

nächste Seite >>

bey denen Protestirenden.

ten und absolviren zugehet. Jn einer Stunde müssen ein
Duzend und wohl mehr abgefertiget seyn. Dennoch soll
die Beichte eine Vorbereitung zum heilgen Abendmahl heis-
sen. Wenn aber keine bessere als diese vorhergehet/ so hat
man sich gewißlich nicht allzu wohl zu solchem himmlischen
Mahl geschickt gemacht. Solches haben bereits andere vor
mir erkannt/ und also erspare ich die Mühe/ mich weitläuf-
tig dabey aufzuhalten b). Ja unsere heutige Beicht-Art

siehet

ne absolution suchen, wenn sie nicht müsten. Die Ursach ist,
weil sie selbst die Schrifft lesen, und sich solche zu Nutzen machen.

b) Angeführter ungenannter Autor hat solches selbst erkannt. EsOb die Beichte
eine Vorberei-
tung zum A-
bendmahl?
erinnert derselbe in §. 11. daß in der ersten Kirche keine Beichte und
absolution vor dem Gebrauch des heiligen Nachtmahls hergegan-
gen. Hierauf untersuchet er die Frage: Ob die geheime Beich-
te eine Vorbereitung zum heiligen Nachtmahl sey. Es
wird nicht undienlich seyn, dessen eigene Worte, ob solche schon
etwas lang, hieher zu setzen. Und kan hie, schreibet er, der Vor-
wand im geringsten nichts helffen, daß man gleichwohl nach
recitirung der Beicht vor der Absolution mit denen Leuten re-
den, ihnen die Grösse ihrer Sünden und den Zorn GOttes
schärffen, sie darauff prüffen, ob sie auch ein rechtes Erkänt-
nüß, ein bußfertiges Hertz, und einen wahren Glauben haben,
und wenn man solches an ihnen nicht findet, daß man sie
durch hertzliche Vermahnung dazu bringen, und sie also
zum heiligen Abendmahl bereiten könne. Denn 1) thut sol-
ches unter hundert Predigern kaum einer, der sich sein
Amt so läst angelegen seyn. 2) Jst die Zeit dazu viel zu
kurtz, daß so viele, als offt in wenig Stunden da sind, und
zwar ein jeglicher insonderheit, also könte befraget werden:
3) Nehmen sie es auch nicht an, sondern viele ziehen es ih-
nen zum Schimpff zu, auch wenn sie in der Antwort nicht
bestehen, oder ihnen gewisse Sünden vorgehalten werden,
werden sie unwillig, und wissen allerley einzuwenden: und
dennoch müssen sie absolviret werden. 4) Siehet ein recht-

schaffe-

y 2

bey denen Proteſtirenden.

ten und abſolviren zugehet. Jn einer Stunde muͤſſen ein
Duzend und wohl mehr abgefertiget ſeyn. Dennoch ſoll
die Beichte eine Vorbereitung zum heilgen Abendmahl heiſ-
ſen. Wenn aber keine beſſere als dieſe vorhergehet/ ſo hat
man ſich gewißlich nicht allzu wohl zu ſolchem himmliſchen
Mahl geſchickt gemacht. Solches haben bereits andere vor
mir erkannt/ und alſo erſpare ich die Muͤhe/ mich weitlaͤuf-
tig dabey aufzuhalten b). Ja unſere heutige Beicht-Art

ſiehet

ne abſolution ſuchen, wenn ſie nicht muͤſten. Die Urſach iſt,
weil ſie ſelbſt die Schrifft leſen, und ſich ſolche zu Nutzen machen.

b) Angefuͤhrter ungenannter Autor hat ſolches ſelbſt erkannt. EsOb die Beichte
eine Vorberei-
tung zum A-
bendmahl?
erinnert derſelbe in §. 11. daß in der erſten Kirche keine Beichte und
abſolution vor dem Gebrauch des heiligen Nachtmahls hergegan-
gen. Hierauf unterſuchet er die Frage: Ob die geheime Beich-
te eine Vorbereitung zum heiligen Nachtmahl ſey. Es
wird nicht undienlich ſeyn, deſſen eigene Worte, ob ſolche ſchon
etwas lang, hieher zu ſetzen. Und kan hie, ſchreibet er, der Vor-
wand im geringſten nichts helffen, daß man gleichwohl nach
recitirung der Beicht vor der Abſolution mit denen Leuten re-
den, ihnen die Groͤſſe ihrer Suͤnden und den Zorn GOttes
ſchaͤrffen, ſie darauff pruͤffen, ob ſie auch ein rechtes Erkaͤnt-
nuͤß, ein bußfertiges Hertz, und einen wahren Glauben haben,
und wenn man ſolches an ihnen nicht findet, daß man ſie
durch hertzliche Vermahnung dazu bringen, und ſie alſo
zum heiligen Abendmahl bereiten koͤnne. Denn 1) thut ſol-
ches unter hundert Predigern kaum einer, der ſich ſein
Amt ſo laͤſt angelegen ſeyn. 2) Jſt die Zeit dazu viel zu
kurtz, daß ſo viele, als offt in wenig Stunden da ſind, und
zwar ein jeglicher inſonderheit, alſo koͤnte befraget werden:
3) Nehmen ſie es auch nicht an, ſondern viele ziehen es ih-
nen zum Schimpff zu, auch wenn ſie in der Antwort nicht
beſtehen, oder ihnen gewiſſe Suͤnden vorgehalten werden,
werden ſie unwillig, und wiſſen allerley einzuwenden: und
dennoch muͤſſen ſie abſolviret werden. 4) Siehet ein recht-

ſchaffe-

y 2

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0190" n="171"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">bey denen <hi rendition="#aq">Prote&#x017F;ti</hi>renden.</hi></fw><lb/>
ten und <hi rendition="#aq">ab&#x017F;olvi</hi>ren zugehet. Jn <hi rendition="#fr">einer Stunde</hi> mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en ein<lb/>
Duzend und wohl mehr abgefertiget &#x017F;eyn. Dennoch &#x017F;oll<lb/>
die Beichte eine <hi rendition="#fr">Vorbereitung zum heilgen Abendmahl</hi> hei&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en. Wenn aber keine be&#x017F;&#x017F;ere als die&#x017F;e vorhergehet/ &#x017F;o hat<lb/>
man &#x017F;ich gewißlich nicht allzu wohl zu &#x017F;olchem himmli&#x017F;chen<lb/>
Mahl ge&#x017F;chickt gemacht. Solches haben bereits andere vor<lb/>
mir erkannt/ und al&#x017F;o er&#x017F;pare ich die Mu&#x0364;he/ mich weitla&#x0364;uf-<lb/>
tig dabey aufzuhalten <note xml:id="g65" next="#g66" place="foot" n="b)">Angefu&#x0364;hrter ungenannter <hi rendition="#aq">Autor</hi> hat &#x017F;olches &#x017F;elb&#x017F;t erkannt. Es<note place="right">Ob die Beichte<lb/>
eine Vorberei-<lb/>
tung zum A-<lb/>
bendmahl?</note><lb/>
erinnert der&#x017F;elbe in <hi rendition="#i">§. 11.</hi> daß in der er&#x017F;ten Kirche keine Beichte und<lb/><hi rendition="#aq">ab&#x017F;olution</hi> vor dem Gebrauch des heiligen Nachtmahls hergegan-<lb/>
gen. Hierauf unter&#x017F;uchet er die Frage: <hi rendition="#fr">Ob die geheime Beich-<lb/>
te eine Vorbereitung zum heiligen Nachtmahl &#x017F;ey.</hi> Es<lb/>
wird nicht undienlich &#x017F;eyn, de&#x017F;&#x017F;en eigene Worte, ob &#x017F;olche &#x017F;chon<lb/>
etwas lang, hieher zu &#x017F;etzen. <hi rendition="#fr">Und kan hie,</hi> &#x017F;chreibet er, <hi rendition="#fr">der Vor-<lb/>
wand im gering&#x017F;ten nichts helffen, daß man gleichwohl nach</hi><lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">reciti</hi></hi><hi rendition="#fr">rung der Beicht vor der</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Ab&#x017F;olution</hi></hi> <hi rendition="#fr">mit denen Leuten re-<lb/>
den, ihnen die Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e ihrer Su&#x0364;nden und den Zorn GOttes<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;rffen, &#x017F;ie darauff pru&#x0364;ffen, ob &#x017F;ie auch ein rechtes Erka&#x0364;nt-<lb/>
nu&#x0364;ß, ein bußfertiges Hertz, und einen wahren Glauben haben,<lb/>
und wenn man &#x017F;olches an ihnen nicht findet, daß man &#x017F;ie<lb/>
durch hertzliche Vermahnung dazu bringen, und &#x017F;ie al&#x017F;o<lb/>
zum heiligen Abendmahl bereiten ko&#x0364;nne. Denn 1) thut &#x017F;ol-<lb/>
ches unter hundert Predigern kaum einer, der &#x017F;ich &#x017F;ein<lb/>
Amt &#x017F;o la&#x0364;&#x017F;t angelegen &#x017F;eyn. 2) J&#x017F;t die Zeit dazu viel zu<lb/>
kurtz, daß &#x017F;o viele, als offt in wenig Stunden da &#x017F;ind, und<lb/>
zwar ein jeglicher in&#x017F;onderheit, al&#x017F;o ko&#x0364;nte befraget werden:<lb/>
3) Nehmen &#x017F;ie es auch nicht an, &#x017F;ondern viele ziehen es ih-<lb/>
nen zum Schimpff zu, auch wenn &#x017F;ie in der Antwort nicht<lb/>
be&#x017F;tehen, oder ihnen gewi&#x017F;&#x017F;e Su&#x0364;nden vorgehalten werden,<lb/>
werden &#x017F;ie unwillig, und wi&#x017F;&#x017F;en allerley einzuwenden: und<lb/>
dennoch mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie ab&#x017F;olviret werden. 4) Siehet ein recht-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">&#x017F;chaffe-</hi></fw></note>. Ja un&#x017F;ere heutige Beicht-Art<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;iehet</fw><lb/><note xml:id="g64" prev="#g63" place="foot" n="(a)">ne <hi rendition="#aq">ab&#x017F;olution</hi> &#x017F;uchen, wenn &#x017F;ie nicht mu&#x0364;&#x017F;ten. Die Ur&#x017F;ach i&#x017F;t,<lb/>
weil &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t die Schrifft le&#x017F;en, und &#x017F;ich &#x017F;olche zu Nutzen machen.</note><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">y 2</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>

[171/0190] bey denen Proteſtirenden. ten und abſolviren zugehet. Jn einer Stunde muͤſſen ein Duzend und wohl mehr abgefertiget ſeyn. Dennoch ſoll die Beichte eine Vorbereitung zum heilgen Abendmahl heiſ- ſen. Wenn aber keine beſſere als dieſe vorhergehet/ ſo hat man ſich gewißlich nicht allzu wohl zu ſolchem himmliſchen Mahl geſchickt gemacht. Solches haben bereits andere vor mir erkannt/ und alſo erſpare ich die Muͤhe/ mich weitlaͤuf- tig dabey aufzuhalten b). Ja unſere heutige Beicht-Art ſiehet (a) b) Angefuͤhrter ungenannter Autor hat ſolches ſelbſt erkannt. Es erinnert derſelbe in §. 11. daß in der erſten Kirche keine Beichte und abſolution vor dem Gebrauch des heiligen Nachtmahls hergegan- gen. Hierauf unterſuchet er die Frage: Ob die geheime Beich- te eine Vorbereitung zum heiligen Nachtmahl ſey. Es wird nicht undienlich ſeyn, deſſen eigene Worte, ob ſolche ſchon etwas lang, hieher zu ſetzen. Und kan hie, ſchreibet er, der Vor- wand im geringſten nichts helffen, daß man gleichwohl nach recitirung der Beicht vor der Abſolution mit denen Leuten re- den, ihnen die Groͤſſe ihrer Suͤnden und den Zorn GOttes ſchaͤrffen, ſie darauff pruͤffen, ob ſie auch ein rechtes Erkaͤnt- nuͤß, ein bußfertiges Hertz, und einen wahren Glauben haben, und wenn man ſolches an ihnen nicht findet, daß man ſie durch hertzliche Vermahnung dazu bringen, und ſie alſo zum heiligen Abendmahl bereiten koͤnne. Denn 1) thut ſol- ches unter hundert Predigern kaum einer, der ſich ſein Amt ſo laͤſt angelegen ſeyn. 2) Jſt die Zeit dazu viel zu kurtz, daß ſo viele, als offt in wenig Stunden da ſind, und zwar ein jeglicher inſonderheit, alſo koͤnte befraget werden: 3) Nehmen ſie es auch nicht an, ſondern viele ziehen es ih- nen zum Schimpff zu, auch wenn ſie in der Antwort nicht beſtehen, oder ihnen gewiſſe Suͤnden vorgehalten werden, werden ſie unwillig, und wiſſen allerley einzuwenden: und dennoch muͤſſen ſie abſolviret werden. 4) Siehet ein recht- ſchaffe- (a) ne abſolution ſuchen, wenn ſie nicht muͤſten. Die Urſach iſt, weil ſie ſelbſt die Schrifft leſen, und ſich ſolche zu Nutzen machen. y 2

Suche im Werk

Informationen zum Werk

Titeldaten
Verfügbarkeit Text (TEI-XML-, HTML-, TCF-, E-Book-Fassung): CC BY-SA 4.0.
Nutzungsbedingungen

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ^?

Language Resource Switchboard^?

Resource/URL übermitteln

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk:	https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721
URL zu dieser Seite:	https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/190
Zitationshilfe:	Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/190>, abgerufen am 28.11.2024.

Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer Creative-Commons-Lizenz. Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken. Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.

Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.

2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de.

Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.