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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stühle,
Denen Buß-
fertigen sind
die Sünden
schon verge-
ben, ehe sie
von denen
Predigern
absoluiretwerden.
§. XVIII.

Denn ist es nicht an dem/ daß einem wahr-
hafften Bußfertigen von GOtt die Sünden und Miß-
handlungen bereits vergeben sind/ ehe sie mit dem Munde
bey denen Priestern beichten? Gewißlich ist bereits alles ge-
tilget/ und stimmen auch hierinn die Theologi überein a).
Der Seel. Spener saget folgendes b): Wenn wir also wie-

der
nen, daß in einem einigen Ort der Schrifft anbefohlen worden,
Menschen solten denen andern die Sünden vergeben. Selbst
denen Aposteln ist kein Befehl ertheilet, sondern nur die Erlaub-
nüß
gegeben worden. Unter einer Erlaubnüß aber und einem
Befehl, ist ein grosser Unterscheid. Ferner kan ich nicht begreif-
fen, woher es kommen solte, daß GOtt durch die Prediger und
Beicht-Väter die Sünden vergäbe, indem ich abermahls in dem
göttlichen Wort nichts davon finde.
a) vid. Carpzouius in Isagog. ad Lib. symbol. pag. 870. Blumberg in
der geistlicheu Himmels-Leiter
und andere mehr.
b) Speneri Ur-
theil.
Cit. l. cap. II. art. VI. sect. I. pag. 196. Der theure Lehrer hat cit. l.
vol. II. cap. III. art I. sect. 27. pag. 156. seq.
wiederum folgende Wor-
te einfliessen lassen: Also dürffen wir nicht gedencken von ei-
niger solchen Krafft der
absolution, daß wo nur dieselbe erlan-
get würde, nothwendig die Sünden auch kräfftig vergeben
seyn müsten, um solches Wercks willen. Nein, sonderlich muß
erst der Mensch in einer wahren Bekehrung, in wahrer
Buß, in Reu und Haß seiner Sünde, und also ernstlichem
Vorsatz, sie nun und nimmermehr mit Willen zu begehen,
auch im Glauben an JEsum CHristum stehen, ehe ihm die

absolution nützen kan. Wo nun also der bußfertige Mensch
in solchem Glauben an GOttes Gnade, in JEsu CHristo
stehet, und damit diese ergreiffet, so ist er gerechtfertiget
durch den Glauben, das ist, es sind ihm seine Sünden um
der Gerechtigkeit JEsu CHristi willen, der dafür genug
gethan hat, in dem Augenblick vor GOttes Gericht ver-
geben, und er gerecht
Rom. III, 24. 25. IV, 5. ehe er auch mit
äusserlichen Worten
absolviret wird, ja ob auch in der Welt
keine
absolution nachfolgte &c.
I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,
Denẽ Buß-
feꝛtigen ſind
die Suͤnden
ſchon verge-
ben, ehe ſie
von denen
Predigern
abſoluiretwerden.
§. XVIII.

Denn iſt es nicht an dem/ daß einem wahr-
hafften Bußfertigen von GOtt die Suͤnden und Miß-
handlungen bereits vergeben ſind/ ehe ſie mit dem Munde
bey denen Prieſtern beichten? Gewißlich iſt bereits alles ge-
tilget/ und ſtimmen auch hierinn die Theologi uͤberein a).
Der Seel. Spener ſaget folgendes b): Wenn wir alſo wie-

der
nen, daß in einem einigen Ort der Schrifft anbefohlen worden,
Menſchen ſolten denen andern die Suͤnden vergeben. Selbſt
denen Apoſteln iſt kein Befehl ertheilet, ſondern nur die Erlaub-
nuͤß
gegeben worden. Unter einer Erlaubnuͤß aber und einem
Befehl, iſt ein groſſer Unterſcheid. Ferner kan ich nicht begreif-
fen, woher es kommen ſolte, daß GOtt durch die Prediger und
Beicht-Vaͤter die Suͤnden vergaͤbe, indem ich abermahls in dem
goͤttlichen Wort nichts davon finde.
a) vid. Carpzouius in Iſagog. ad Lib. ſymbol. pag. 870. Blumberg in
der geiſtlicheu Himmels-Leiter
und andere mehr.
b) Speneri Ur-
theil.
Cit. l. cap. II. art. VI. ſect. I. pag. 196. Der theure Lehrer hat cit. l.
vol. II. cap. III. art I. ſect. 27. pag. 156. ſeq.
wiederum folgende Wor-
te einflieſſen laſſen: Alſo duͤrffen wir nicht gedencken von ei-
niger ſolchen Krafft der
abſolution, daß wo nur dieſelbe erlan-
get wuͤrde, nothwendig die Suͤnden auch kraͤfftig vergeben
ſeyn muͤſten, um ſolches Wercks willen. Nein, ſonderlich muß
erſt der Menſch in einer wahren Bekehrung, in wahrer
Buß, in Reu und Haß ſeiner Suͤnde, und alſo ernſtlichem
Vorſatz, ſie nun und nimmermehr mit Willen zu begehen,
auch im Glauben an JEſum CHriſtum ſtehen, ehe ihm die

abſolution nuͤtzen kan. Wo nun alſo der bußfertige Menſch
in ſolchem Glauben an GOttes Gnade, in JEſu CHriſto
ſtehet, und damit dieſe ergreiffet, ſo iſt er gerechtfertiget
durch den Glauben, das iſt, es ſind ihm ſeine Suͤnden um
der Gerechtigkeit JEſu CHriſti willen, der dafuͤr genug
gethan hat, in dem Augenblick vor GOttes Gericht ver-
geben, und er gerecht
Rom. III, 24. 25. IV, 5. ehe er auch mit
aͤuſſerlichen Worten
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[166/0185] I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle, §. XVIII. Denn iſt es nicht an dem/ daß einem wahr- hafften Bußfertigen von GOtt die Suͤnden und Miß- handlungen bereits vergeben ſind/ ehe ſie mit dem Munde bey denen Prieſtern beichten? Gewißlich iſt bereits alles ge- tilget/ und ſtimmen auch hierinn die Theologi uͤberein a). Der Seel. Spener ſaget folgendes b): Wenn wir alſo wie- der (g) a) vid. Carpzouius in Iſagog. ad Lib. ſymbol. pag. 870. Blumberg in der geiſtlicheu Himmels-Leiter und andere mehr. b) Cit. l. cap. II. art. VI. ſect. I. pag. 196. Der theure Lehrer hat cit. l. vol. II. cap. III. art I. ſect. 27. pag. 156. ſeq. wiederum folgende Wor- te einflieſſen laſſen: Alſo duͤrffen wir nicht gedencken von ei- niger ſolchen Krafft der abſolution, daß wo nur dieſelbe erlan- get wuͤrde, nothwendig die Suͤnden auch kraͤfftig vergeben ſeyn muͤſten, um ſolches Wercks willen. Nein, ſonderlich muß erſt der Menſch in einer wahren Bekehrung, in wahrer Buß, in Reu und Haß ſeiner Suͤnde, und alſo ernſtlichem Vorſatz, ſie nun und nimmermehr mit Willen zu begehen, auch im Glauben an JEſum CHriſtum ſtehen, ehe ihm die abſolution nuͤtzen kan. Wo nun alſo der bußfertige Menſch in ſolchem Glauben an GOttes Gnade, in JEſu CHriſto ſtehet, und damit dieſe ergreiffet, ſo iſt er gerechtfertiget durch den Glauben, das iſt, es ſind ihm ſeine Suͤnden um der Gerechtigkeit JEſu CHriſti willen, der dafuͤr genug gethan hat, in dem Augenblick vor GOttes Gericht ver- geben, und er gerecht Rom. III, 24. 25. IV, 5. ehe er auch mit aͤuſſerlichen Worten abſolviret wird, ja ob auch in der Welt keine abſolution nachfolgte &c. (g) nen, daß in einem einigen Ort der Schrifft anbefohlen worden, Menſchen ſolten denen andern die Suͤnden vergeben. Selbſt denen Apoſteln iſt kein Befehl ertheilet, ſondern nur die Erlaub- nuͤß gegeben worden. Unter einer Erlaubnuͤß aber und einem Befehl, iſt ein groſſer Unterſcheid. Ferner kan ich nicht begreif- fen, woher es kommen ſolte, daß GOtt durch die Prediger und Beicht-Vaͤter die Suͤnden vergaͤbe, indem ich abermahls in dem goͤttlichen Wort nichts davon finde.

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/185>, abgerufen am 24.11.2024.