Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stühle, ist die Sache dadurch gehoben/ daß man saget: Die Layenkönnten solches nur im Nothfall ausüben. Noth hätte kein Gesetze. Man müste hier der Juristen ihren consen- sum praesumptum anbringen. Es sey allerdings zu vermu- then/ daß die Kirche/ wenn sich der Zufall ereignete/ daß man keinen Priester hätte/ auch denen Layen solches Recht der absolution zugestatten würde. Kan man aber auf solche Weise nicht mit gutem Grund sagen/ daß diese gantze Hand- lung eine menschliche Anordnung f)? Einige werden einwen- den steinernen Menschen genommen. Das Wort Laicus käme von las her, weil sie als Steine anzusehen wären. Ein Clericus aber, so ferne man ihn als einen Clericum betrachtete, wäre zu loben, ein Laye, so ferne er als ein Laye anzusehen, wäre zu tadeln. Bey diesen Layen herrschete die Mutter der Blindheit, der Hochmuth. Sie könten von demjenigen, was den Glauben und gute Sitten be- träffe, nicht urtheilen: Ja Licetus hat kein Bedencken getragen, die Worte Christi: Jhr solt das Heiligthum nicht vor die Hunde werffen, auf die Layen zu appliciren. Die Könige selbst hat man unter die Hunde gezehlet. Stanislaus Orichouius saget: So weit übertrifft ein Priester einen König, als ein Mensch eine Bestie. Vid. illustr. Thomasius ad Lancel. Lib. I. not. 41. f) Einige Zweif-
fel wegen der gemeinen Lehre von der abso- lution.Auf solche Weise wird es bey der Kirche beruhen, wie schon ein- mahl gedacht, solche Gewalt aufzutragen, wem sie will. Jst der Layen ihre absolution im Nothfall kräfftig, so düncket mich, sie könne auch ausser diesen solche heilsame Würckungen hervor brin- gen. Ja man weiß, daß einige Dinge, die dann und wann erlau- bet, zu aller Zeit gültig wären, wenn nicht die öffentlichen Gesetze im Wege stünden. Dieses trifft bey der absolution ebenfalls ein. Solche rühret von menschlicher Ordnung her. Die Theologi deriuiren ja solche selbst von einer subdelegation der Kirchen her. Durch die Kirche aber können sie nichts anders verstehen, als eine Menge Leute, die sich äusserlich wegen des Gottesdiensts versammlet. Nichts kommt bey solcher Handlung für, das den Glauben oder andere I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle, iſt die Sache dadurch gehoben/ daß man ſaget: Die Layenkoͤnnten ſolches nur im Nothfall ausuͤben. Noth haͤtte kein Geſetze. Man muͤſte hier der Juriſten ihren conſen- ſum præſumptum anbringen. Es ſey allerdings zu vermu- then/ daß die Kirche/ wenn ſich der Zufall ereignete/ daß man keinen Prieſter haͤtte/ auch denen Layen ſolches Recht der abſolution zugeſtatten wuͤrde. Kan man aber auf ſolche Weiſe nicht mit gutem Grund ſagen/ daß dieſe gantze Hand- lung eine menſchliche Anordnung f)? Einige werden einwen- den ſteinernen Menſchen genommen. Das Wort Laicus kaͤme von λᾶς her, weil ſie als Steine anzuſehen waͤren. Ein Clericus aber, ſo ferne man ihn als einen Clericum betrachtete, waͤre zu loben, ein Laye, ſo ferne er als ein Laye anzuſehen, waͤre zu tadeln. Bey dieſen Layen herrſchete die Mutter der Blindheit, der Hochmuth. Sie koͤnten von demjenigen, was den Glauben und gute Sitten be- traͤffe, nicht urtheilen: Ja Licetus hat kein Bedencken getragen, die Worte Chriſti: Jhr ſolt das Heiligthum nicht vor die Hunde werffen, auf die Layen zu appliciren. Die Koͤnige ſelbſt hat man unter die Hunde gezehlet. Stanislaus Orichouius ſaget: So weit uͤbertrifft ein Prieſter einen Koͤnig, als ein Menſch eine Beſtie. Vid. illuſtr. Thomaſius ad Lancel. Lib. I. not. 41. f) Einige Zweif-
fel wegen der gemeinen Lehre von der abſo- lution.Auf ſolche Weiſe wird es bey der Kirche beruhen, wie ſchon ein- mahl gedacht, ſolche Gewalt aufzutragen, wem ſie will. Jſt der Layen ihre abſolution im Nothfall kraͤfftig, ſo duͤncket mich, ſie koͤnne auch auſſer dieſen ſolche heilſame Wuͤrckungen hervor brin- gen. Ja man weiß, daß einige Dinge, die dann und wann erlau- bet, zu aller Zeit guͤltig waͤren, wenn nicht die oͤffentlichen Geſetze im Wege ſtuͤnden. Dieſes trifft bey der abſolution ebenfalls ein. Solche ruͤhret von menſchlicher Ordnung her. Die Theologi deriuiren ja ſolche ſelbſt von einer ſubdelegation der Kirchen her. Durch die Kirche aber koͤnnen ſie nichts anders verſtehen, als eine Menge Leute, die ſich aͤuſſerlich wegen des Gottesdienſts verſam̃let. Nichts kommt bey ſolcher Handlung fuͤr, das den Glauben oder andere <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0177" n="158"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Abth. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,</hi></fw><lb/> iſt die Sache dadurch gehoben/ daß man ſaget: Die Layen<lb/> koͤnnten ſolches nur im <hi rendition="#fr">Nothfall</hi> ausuͤben. Noth haͤtte<lb/> kein Geſetze. Man muͤſte hier der Juriſten ihren <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">conſen-<lb/> ſum præſumptum</hi></hi> anbringen. Es ſey allerdings zu vermu-<lb/> then/ daß die Kirche/ wenn ſich der Zufall ereignete/ daß<lb/> man keinen Prieſter haͤtte/ auch denen Layen ſolches Recht<lb/> der <hi rendition="#aq">abſolution</hi> zugeſtatten wuͤrde. Kan man aber auf ſolche<lb/> Weiſe nicht mit gutem Grund ſagen/ daß dieſe gantze Hand-<lb/> lung eine <hi rendition="#fr">menſchliche Anordnung</hi> <note xml:id="g45" next="#g46" place="foot" n="f)"><note place="left">Einige Zweif-<lb/> fel wegen der<lb/> gemeinen Lehre<lb/> von der <hi rendition="#aq">abſo-<lb/> lution.</hi></note>Auf ſolche Weiſe wird es bey der Kirche beruhen, wie ſchon ein-<lb/> mahl gedacht, ſolche Gewalt aufzutragen, wem ſie will. Jſt der<lb/> Layen ihre <hi rendition="#aq">abſolution</hi> <hi rendition="#fr">im Nothfall kraͤfftig,</hi> ſo duͤncket mich, ſie<lb/> koͤnne auch <hi rendition="#fr">auſſer dieſen</hi> ſolche heilſame Wuͤrckungen hervor brin-<lb/> gen. Ja man weiß, daß einige Dinge, die dann und wann erlau-<lb/> bet, zu aller Zeit guͤltig waͤren, wenn nicht die oͤffentlichen Geſetze<lb/> im Wege ſtuͤnden. Dieſes trifft bey der <hi rendition="#aq">abſolution</hi> ebenfalls ein.<lb/> Solche ruͤhret von menſchlicher Ordnung her. Die <hi rendition="#aq">Theologi<lb/> deriui</hi>ren ja ſolche ſelbſt von einer <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ſubdelegation</hi></hi> der Kirchen her.<lb/> Durch die Kirche aber koͤnnen ſie nichts anders verſtehen, als eine<lb/> Menge Leute, die ſich <hi rendition="#fr">aͤuſſerlich</hi> wegen des Gottesdienſts verſam̃let.<lb/> Nichts kommt bey ſolcher Handlung fuͤr, das den Glauben oder<lb/> <fw place="bottom" type="catch">andere</fw></note>? Einige werden einwen-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/><note xml:id="g44" prev="#g43" place="foot" n="(e)">ſteinernen Menſchen genommen. Das Wort <hi rendition="#aq">Laicus</hi> kaͤme von<lb/> λᾶς her, weil ſie als Steine anzuſehen waͤren. Ein <hi rendition="#aq">Clericus</hi> aber,<lb/> ſo ferne man ihn als einen <hi rendition="#aq">Clericum</hi> betrachtete, waͤre zu loben, ein<lb/> Laye, ſo ferne er als ein Laye anzuſehen, waͤre zu tadeln. Bey<lb/> dieſen Layen herrſchete die Mutter der Blindheit, der Hochmuth.<lb/> Sie koͤnten von demjenigen, was den Glauben und gute Sitten be-<lb/> traͤffe, nicht urtheilen: Ja <hi rendition="#aq">Licetus</hi> hat kein Bedencken getragen,<lb/> die Worte Chriſti: <hi rendition="#fr">Jhr ſolt das Heiligthum nicht vor die<lb/> Hunde werffen,</hi> auf die Layen zu <hi rendition="#aq">applici</hi>ren. Die Koͤnige ſelbſt<lb/> hat man unter die Hunde gezehlet. <hi rendition="#aq">Stanislaus Orichouius</hi> ſaget:<lb/><hi rendition="#fr">So weit uͤbertrifft ein Prieſter einen Koͤnig, als ein<lb/> Menſch eine Beſtie.</hi> <hi rendition="#aq">Vid. illuſtr. Thomaſius <hi rendition="#i">ad Lancel. Lib.<lb/> I. not. 41.</hi></hi></note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [158/0177]
I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,
iſt die Sache dadurch gehoben/ daß man ſaget: Die Layen
koͤnnten ſolches nur im Nothfall ausuͤben. Noth haͤtte
kein Geſetze. Man muͤſte hier der Juriſten ihren conſen-
ſum præſumptum anbringen. Es ſey allerdings zu vermu-
then/ daß die Kirche/ wenn ſich der Zufall ereignete/ daß
man keinen Prieſter haͤtte/ auch denen Layen ſolches Recht
der abſolution zugeſtatten wuͤrde. Kan man aber auf ſolche
Weiſe nicht mit gutem Grund ſagen/ daß dieſe gantze Hand-
lung eine menſchliche Anordnung f)? Einige werden einwen-
den
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f) Auf ſolche Weiſe wird es bey der Kirche beruhen, wie ſchon ein-
mahl gedacht, ſolche Gewalt aufzutragen, wem ſie will. Jſt der
Layen ihre abſolution im Nothfall kraͤfftig, ſo duͤncket mich, ſie
koͤnne auch auſſer dieſen ſolche heilſame Wuͤrckungen hervor brin-
gen. Ja man weiß, daß einige Dinge, die dann und wann erlau-
bet, zu aller Zeit guͤltig waͤren, wenn nicht die oͤffentlichen Geſetze
im Wege ſtuͤnden. Dieſes trifft bey der abſolution ebenfalls ein.
Solche ruͤhret von menſchlicher Ordnung her. Die Theologi
deriuiren ja ſolche ſelbſt von einer ſubdelegation der Kirchen her.
Durch die Kirche aber koͤnnen ſie nichts anders verſtehen, als eine
Menge Leute, die ſich aͤuſſerlich wegen des Gottesdienſts verſam̃let.
Nichts kommt bey ſolcher Handlung fuͤr, das den Glauben oder
andere
(e) ſteinernen Menſchen genommen. Das Wort Laicus kaͤme von
λᾶς her, weil ſie als Steine anzuſehen waͤren. Ein Clericus aber,
ſo ferne man ihn als einen Clericum betrachtete, waͤre zu loben, ein
Laye, ſo ferne er als ein Laye anzuſehen, waͤre zu tadeln. Bey
dieſen Layen herrſchete die Mutter der Blindheit, der Hochmuth.
Sie koͤnten von demjenigen, was den Glauben und gute Sitten be-
traͤffe, nicht urtheilen: Ja Licetus hat kein Bedencken getragen,
die Worte Chriſti: Jhr ſolt das Heiligthum nicht vor die
Hunde werffen, auf die Layen zu appliciren. Die Koͤnige ſelbſt
hat man unter die Hunde gezehlet. Stanislaus Orichouius ſaget:
So weit uͤbertrifft ein Prieſter einen Koͤnig, als ein
Menſch eine Beſtie. Vid. illuſtr. Thomaſius ad Lancel. Lib.
I. not. 41.
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