Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

bey denen Protestirenden.
solche Tauffe lernen/ man müste das mit Sünden befleck-
te Leben ändern/ und die Flecken/ so an der Seele haffteten/
solten aüf diese Weise abgewaschen werden. Johannis
Tauffe ware ebenfalls ein Zeichen solcher Reinigung. Er
wolte durch solche Proselyten des neuen Bundes machen c).
Hieraus ergiebet sich von sich selbst/ wie wunderlich dieje-
nigen handeln/ die die Tauffe Johannis zur Busse auf
die heutigen Beicht-Stühle ziehen wollen d).

§. VII.
c) Dieses ist die Meinung des berühmten Helmstädtischen TheologiVon solcher ist
Johannis
Tauffe herzu-
leiten.

Hildebrands. Denn da er in seinem ritual. veter. baptism. von der
Tauffe der Proselyten gehandelt, fähret er fort: Ejusdem puri
ficationis animorum symbolum erat baptismus Johannis Bapti-
stae in deserto, per quem novae legis Proselytos constituit.
Daß
Johannis Tauffe etwas neues gewesen, wird niemand gründlich
behaupten können. Die heilige Schrifft, wie auch Josephus,
reden von derselben als von einer bereits gewöhnlichen und be-
kannten Sache. Das Volck gienge zu ihm, sich derselben als
eines längst eingeführten Gebrauchs zu bedienen. Die Häupter
unter dem Jsraelitischen Volck, oder ihre Abgesandten, befrag-
ten ihn nicht wegen der Tauffe selbst, weil solche nichts unge-
wöhnliches war. Sie erkundigten sich, warum er diejenigen
tauffte, so bereits dem Volck GOttes sich zugesellet hatten, oder
gebohrne Jüden waren. Sie wusten nicht, daß Johannes Pro-
selyten
des neuen Bundes machen wolte. vid. Dantz. cit. l. §. 25.
d) Gesetzt aber, Johannes habe die Sünde auf eben solche WeiseJohannes wa-
re ein ausseror-
dentlicher Die-
ner.

vergeben, wie heute geschiehet. Laß seyn, daß unsere Beicht-
Stühle gar füglich davon können hergeleitet werden. Sind sie
darum zu rechtfertigen? Können sich unsere Geistlichen mit Jo-
hannis Exempel vertheidigen? Jch dencke, daß es nicht angehet.
Johannes ware ein ausserordentlicher Diener des Evangelii und
Vorläuffer Christi. Christus ertheilet ihm selbsten diesen Lob-
spruch, daß unter allen, von denen Weibern gebohren, nicht
einer aufkommen, der grösser sey, denn Johannes der Täuf-
fer,
Matth. XI, 11. Solten sich denn unsere Geistlichen derjeni-
gen
s 3

bey denen Proteſtirenden.
ſolche Tauffe lernen/ man muͤſte das mit Suͤnden befleck-
te Leben aͤndern/ und die Flecken/ ſo an der Seele haffteten/
ſolten auͤf dieſe Weiſe abgewaſchen werden. Johannis
Tauffe ware ebenfalls ein Zeichen ſolcher Reinigung. Er
wolte durch ſolche Proſelyten des neuen Bundes machen c).
Hieraus ergiebet ſich von ſich ſelbſt/ wie wunderlich dieje-
nigen handeln/ die die Tauffe Johannis zur Buſſe auf
die heutigen Beicht-Stuͤhle ziehen wollen d).

§. VII.
c) Dieſes iſt die Meinung des beruͤhmten Helmſtaͤdtiſchen TheologiVon ſolcher iſt
Johannis
Tauffe herzu-
leiten.

Hildebrands. Denn da er in ſeinem ritual. veter. baptiſm. von der
Tauffe der Proſelyten gehandelt, faͤhret er fort: Ejusdem puri
ficationis animorum ſymbolum erat baptiſmus Johannis Bapti-
ſtæ in deſerto, per quem novæ legis Proſelytos conſtituit.
Daß
Johannis Tauffe etwas neues geweſen, wird niemand gruͤndlich
behaupten koͤnnen. Die heilige Schrifft, wie auch Joſephus,
reden von derſelben als von einer bereits gewoͤhnlichen und be-
kannten Sache. Das Volck gienge zu ihm, ſich derſelben als
eines laͤngſt eingefuͤhrten Gebrauchs zu bedienen. Die Haͤupter
unter dem Jſraelitiſchen Volck, oder ihre Abgeſandten, befrag-
ten ihn nicht wegen der Tauffe ſelbſt, weil ſolche nichts unge-
woͤhnliches war. Sie erkundigten ſich, warum er diejenigen
tauffte, ſo bereits dem Volck GOttes ſich zugeſellet hatten, oder
gebohrne Juͤden waren. Sie wuſten nicht, daß Johannes Pro-
ſelyten
des neuen Bundes machen wolte. vid. Dantz. cit. l. §. 25.
d) Geſetzt aber, Johannes habe die Suͤnde auf eben ſolche WeiſeJohannes wa-
re ein auſſeror-
dentlicher Die-
ner.

vergeben, wie heute geſchiehet. Laß ſeyn, daß unſere Beicht-
Stuͤhle gar fuͤglich davon koͤnnen hergeleitet werden. Sind ſie
darum zu rechtfertigen? Koͤnnen ſich unſere Geiſtlichen mit Jo-
hannis Exempel vertheidigen? Jch dencke, daß es nicht angehet.
Johannes ware ein auſſerordentlicher Diener des Evangelii und
Vorlaͤuffer Chriſti. Chriſtus ertheilet ihm ſelbſten dieſen Lob-
ſpruch, daß unter allen, von denen Weibern gebohren, nicht
einer aufkommen, der groͤſſer ſey, denn Johannes der Taͤuf-
fer,
Matth. XI, 11. Solten ſich denn unſere Geiſtlichen derjeni-
gen
ſ 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0160" n="141"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">bey denen <hi rendition="#aq">Prote&#x017F;ti</hi>renden.</hi></fw><lb/>
&#x017F;olche Tauffe lernen/ man mu&#x0364;&#x017F;te das mit Su&#x0364;nden befleck-<lb/>
te Leben a&#x0364;ndern/ und die Flecken/ &#x017F;o an der Seele haffteten/<lb/>
&#x017F;olten au&#x0364;f die&#x017F;e Wei&#x017F;e abgewa&#x017F;chen werden. Johannis<lb/>
Tauffe ware ebenfalls ein Zeichen &#x017F;olcher Reinigung. Er<lb/>
wolte durch &#x017F;olche <hi rendition="#aq">Pro&#x017F;elyt</hi>en des neuen Bundes machen <note place="foot" n="c)">Die&#x017F;es i&#x017F;t die Meinung des beru&#x0364;hmten Helm&#x017F;ta&#x0364;dti&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Theologi</hi><note place="right">Von &#x017F;olcher i&#x017F;t<lb/>
Johannis<lb/>
Tauffe herzu-<lb/>
leiten.</note><lb/><hi rendition="#aq">Hildebrands.</hi> Denn da er in &#x017F;einem <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ritual. veter. bapti&#x017F;m.</hi></hi> von der<lb/>
Tauffe der <hi rendition="#aq">Pro&#x017F;elyten</hi> gehandelt, fa&#x0364;hret er fort: <hi rendition="#aq">Ejusdem puri<lb/>
ficationis animorum &#x017F;ymbolum erat bapti&#x017F;mus Johannis Bapti-<lb/>
&#x017F;tæ in de&#x017F;erto, per quem novæ legis Pro&#x017F;elytos con&#x017F;tituit.</hi> Daß<lb/><hi rendition="#aq">Johannis</hi> Tauffe etwas neues gewe&#x017F;en, wird niemand gru&#x0364;ndlich<lb/>
behaupten ko&#x0364;nnen. Die heilige Schrifft, wie auch Jo&#x017F;ephus,<lb/>
reden von der&#x017F;elben als von einer bereits gewo&#x0364;hnlichen und be-<lb/>
kannten Sache. Das Volck gienge zu ihm, &#x017F;ich der&#x017F;elben als<lb/>
eines la&#x0364;ng&#x017F;t eingefu&#x0364;hrten Gebrauchs zu bedienen. Die Ha&#x0364;upter<lb/>
unter dem J&#x017F;raeliti&#x017F;chen Volck, oder ihre Abge&#x017F;andten, befrag-<lb/>
ten ihn nicht wegen der Tauffe &#x017F;elb&#x017F;t, weil &#x017F;olche nichts unge-<lb/>
wo&#x0364;hnliches war. Sie erkundigten &#x017F;ich, warum er diejenigen<lb/>
tauffte, &#x017F;o bereits dem Volck GOttes &#x017F;ich zuge&#x017F;ellet hatten, oder<lb/>
gebohrne Ju&#x0364;den waren. Sie wu&#x017F;ten nicht, daß Johannes <hi rendition="#aq">Pro-<lb/>
&#x017F;elyten</hi> des neuen Bundes machen wolte. <hi rendition="#aq">vid. Dantz. <hi rendition="#i">cit. l. §. 25.</hi></hi></note>.<lb/>
Hieraus ergiebet &#x017F;ich von &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t/ wie wunderlich dieje-<lb/>
nigen handeln/ die die Tauffe Johannis zur Bu&#x017F;&#x017F;e auf<lb/>
die heutigen Beicht-Stu&#x0364;hle ziehen wollen <note xml:id="g25" next="#g26" place="foot" n="d)">Ge&#x017F;etzt aber, Johannes habe die Su&#x0364;nde auf eben &#x017F;olche Wei&#x017F;e<note place="right">Johannes wa-<lb/>
re ein au&#x017F;&#x017F;eror-<lb/>
dentlicher Die-<lb/>
ner.</note><lb/>
vergeben, wie heute ge&#x017F;chiehet. Laß &#x017F;eyn, daß un&#x017F;ere Beicht-<lb/>
Stu&#x0364;hle gar fu&#x0364;glich davon ko&#x0364;nnen hergeleitet werden. Sind &#x017F;ie<lb/>
darum zu rechtfertigen? Ko&#x0364;nnen &#x017F;ich un&#x017F;ere Gei&#x017F;tlichen mit Jo-<lb/>
hannis Exempel vertheidigen? Jch dencke, daß es nicht angehet.<lb/>
Johannes ware ein au&#x017F;&#x017F;erordentlicher Diener des Evangelii und<lb/>
Vorla&#x0364;uffer Chri&#x017F;ti. Chri&#x017F;tus ertheilet ihm &#x017F;elb&#x017F;ten die&#x017F;en Lob-<lb/>
&#x017F;pruch, <hi rendition="#fr">daß unter allen, von denen Weibern gebohren, nicht<lb/>
einer aufkommen, der gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ey, denn Johannes der Ta&#x0364;uf-<lb/>
fer,</hi> <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Matth. XI,</hi> 11.</hi> Solten &#x017F;ich denn un&#x017F;ere Gei&#x017F;tlichen derjeni-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gen</fw></note>.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">§. <hi rendition="#aq">VII.</hi></fw><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">&#x017F; 3</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[141/0160] bey denen Proteſtirenden. ſolche Tauffe lernen/ man muͤſte das mit Suͤnden befleck- te Leben aͤndern/ und die Flecken/ ſo an der Seele haffteten/ ſolten auͤf dieſe Weiſe abgewaſchen werden. Johannis Tauffe ware ebenfalls ein Zeichen ſolcher Reinigung. Er wolte durch ſolche Proſelyten des neuen Bundes machen c). Hieraus ergiebet ſich von ſich ſelbſt/ wie wunderlich dieje- nigen handeln/ die die Tauffe Johannis zur Buſſe auf die heutigen Beicht-Stuͤhle ziehen wollen d). §. VII. c) Dieſes iſt die Meinung des beruͤhmten Helmſtaͤdtiſchen Theologi Hildebrands. Denn da er in ſeinem ritual. veter. baptiſm. von der Tauffe der Proſelyten gehandelt, faͤhret er fort: Ejusdem puri ficationis animorum ſymbolum erat baptiſmus Johannis Bapti- ſtæ in deſerto, per quem novæ legis Proſelytos conſtituit. Daß Johannis Tauffe etwas neues geweſen, wird niemand gruͤndlich behaupten koͤnnen. Die heilige Schrifft, wie auch Joſephus, reden von derſelben als von einer bereits gewoͤhnlichen und be- kannten Sache. Das Volck gienge zu ihm, ſich derſelben als eines laͤngſt eingefuͤhrten Gebrauchs zu bedienen. Die Haͤupter unter dem Jſraelitiſchen Volck, oder ihre Abgeſandten, befrag- ten ihn nicht wegen der Tauffe ſelbſt, weil ſolche nichts unge- woͤhnliches war. Sie erkundigten ſich, warum er diejenigen tauffte, ſo bereits dem Volck GOttes ſich zugeſellet hatten, oder gebohrne Juͤden waren. Sie wuſten nicht, daß Johannes Pro- ſelyten des neuen Bundes machen wolte. vid. Dantz. cit. l. §. 25. d) Geſetzt aber, Johannes habe die Suͤnde auf eben ſolche Weiſe vergeben, wie heute geſchiehet. Laß ſeyn, daß unſere Beicht- Stuͤhle gar fuͤglich davon koͤnnen hergeleitet werden. Sind ſie darum zu rechtfertigen? Koͤnnen ſich unſere Geiſtlichen mit Jo- hannis Exempel vertheidigen? Jch dencke, daß es nicht angehet. Johannes ware ein auſſerordentlicher Diener des Evangelii und Vorlaͤuffer Chriſti. Chriſtus ertheilet ihm ſelbſten dieſen Lob- ſpruch, daß unter allen, von denen Weibern gebohren, nicht einer aufkommen, der groͤſſer ſey, denn Johannes der Taͤuf- fer, Matth. XI, 11. Solten ſich denn unſere Geiſtlichen derjeni- gen ſ 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/160
Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/160>, abgerufen am 24.11.2024.