Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.Vorrede. nigen dissentiret/ es mit aller Bescheidenheit gethan/ sogetröste mich von andern desgleichen. Jederman grim- mig anzufallen/ nur fechten/ beissen und kratzen/ stehet keinem honnet homme, geschweige einem Gelehrten an. Dieses ist die conduite de la canaille. Jch mercke aber wohl/ daß mancher schmurret/ wie der Misantrope bey dem Moliere. Dieses thut er nicht so wohl deßwegen/ weil er in seinem Gehirne andere Meinungen hat/ als viel- mehr weil ich in teutscher Sprache geschrieben. Dieser- wegen wird mir mancher/ wo nicht öffentlich/ doch heim- lich/ einen derben Filtz geben. Aber warum bist du der teutschen Sprache gehäßig? Vielleicht weil die Lateini- sche lingua eruditorum ist? Jn so weit hast du recht/ weil ich in der Lateinischen allen Gelehrten meine Gedancken communiciren kan. Aber warum soll man seinen Lands- Leuten zum besten nicht auch in Teutscher Sprache seine Gedancken zu Pappier bringen? Die Frantzosen/ Jta- liäner/ Engelländer und andere schreiben ja auch in ihrer Mutter-Sprache. Warum bist du nicht auf den Cicero ungehalten/ daß er seine Mutter-Sprache im schreiben gebraucht? Jch mercke aber/ was dir vor Scrupel in dem Nischel stecken. Du denckest/ daß diejenigen/ welche nicht profession von der Gelehrsamkeit machten/ auf sol- che Weise auch hinter viele Sachen kämen. Was hindert dich dieses? Warum willst du darüber scheel aussehen? Jch will dir im Vertrauen eröffnen/ daß Anfangs die La- teinische Sprache erwehlet. Andere aber haben mich hierauf eben aus der Ursache/ die dich verdreust/ veran- laßet/ in teutscher Sprache zu schreiben. Jch habe ihre Vorstellung höchst raisonnable gefunden. Du wen- dest ein: Es dürfften nicht alle und jede Personen die wahre
Vorrede. nigen diſſentiret/ es mit aller Beſcheidenheit gethan/ ſogetroͤſte mich von andern desgleichen. Jederman grim- mig anzufallen/ nur fechten/ beiſſen und kratzen/ ſtehet keinem honnet homme, geſchweige einem Gelehrten an. Dieſes iſt die conduite de la canaille. Jch mercke aber wohl/ daß mancher ſchmurret/ wie der Miſantrope bey dem Moliere. Dieſes thut er nicht ſo wohl deßwegen/ weil er in ſeinem Gehirne andere Meinungen hat/ als viel- mehr weil ich in teutſcher Sprache geſchrieben. Dieſer- wegen wird mir mancher/ wo nicht oͤffentlich/ doch heim- lich/ einen derben Filtz geben. Aber warum biſt du der teutſchen Sprache gehaͤßig? Vielleicht weil die Lateini- ſche lingua eruditorum iſt? Jn ſo weit haſt du recht/ weil ich in der Lateiniſchen allen Gelehrten meine Gedancken communiciren kan. Aber warum ſoll man ſeinen Lands- Leuten zum beſten nicht auch in Teutſcher Sprache ſeine Gedancken zu Pappier bringen? Die Frantzoſen/ Jta- liaͤner/ Engellaͤnder und andere ſchreiben ja auch in ihrer Mutter-Sprache. Warum biſt du nicht auf den Cicero ungehalten/ daß er ſeine Mutter-Sprache im ſchreiben gebraucht? Jch mercke aber/ was dir vor Scrupel in dem Niſchel ſtecken. Du denckeſt/ daß diejenigen/ welche nicht profesſion von der Gelehrſamkeit machten/ auf ſol- che Weiſe auch hinter viele Sachen kaͤmen. Was hindert dich dieſes? Warum willſt du daruͤber ſcheel ausſehen? Jch will dir im Vertrauen eroͤffnen/ daß Anfangs die La- teiniſche Sprache erwehlet. Andere aber haben mich hierauf eben aus der Urſache/ die dich verdreuſt/ veran- laßet/ in teutſcher Sprache zu ſchreiben. Jch habe ihre Vorſtellung hoͤchſt raiſonnable gefunden. Du wen- deſt ein: Es duͤrfften nicht alle und jede Perſonen die wahre
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keinem honnet homme, geſchweige einem Gelehrten an.
Dieſes iſt die conduite de la canaille. Jch mercke aber
wohl/ daß mancher ſchmurret/ wie der Miſantrope bey
dem Moliere. Dieſes thut er nicht ſo wohl deßwegen/
weil er in ſeinem Gehirne andere Meinungen hat/ als viel-
mehr weil ich in teutſcher Sprache geſchrieben. Dieſer-
wegen wird mir mancher/ wo nicht oͤffentlich/ doch heim-
lich/ einen derben Filtz geben. Aber warum biſt du der
teutſchen Sprache gehaͤßig? Vielleicht weil die Lateini-
ſche lingua eruditorum iſt? Jn ſo weit haſt du recht/ weil
ich in der Lateiniſchen allen Gelehrten meine Gedancken
communiciren kan. Aber warum ſoll man ſeinen Lands-
Leuten zum beſten nicht auch in Teutſcher Sprache ſeine
Gedancken zu Pappier bringen? Die Frantzoſen/ Jta-
liaͤner/ Engellaͤnder und andere ſchreiben ja auch in ihrer
Mutter-Sprache. Warum biſt du nicht auf den Cicero
ungehalten/ daß er ſeine Mutter-Sprache im ſchreiben
gebraucht? Jch mercke aber/ was dir vor Scrupel in
dem Niſchel ſtecken. Du denckeſt/ daß diejenigen/ welche
nicht profesſion von der Gelehrſamkeit machten/ auf ſol-
che Weiſe auch hinter viele Sachen kaͤmen. Was hindert
dich dieſes? Warum willſt du daruͤber ſcheel ausſehen?
Jch will dir im Vertrauen eroͤffnen/ daß Anfangs die La-
teiniſche Sprache erwehlet. Andere aber haben mich
hierauf eben aus der Urſache/ die dich verdreuſt/ veran-
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