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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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I. Abth. II. Cap. Von der Beichte
desto häuffiger zur Offenbahrung ihrer Sünden sich bey
denen Priestern einfunden/ und ihre Schultern desto wil-
liger unter das Joch der Busse legten. Auf solche Weise
wurde dem Innocentio der Weg gebahnet/ seine Ohren-
Beichte desto leichter zu Stande zu bringen. Denn durch
solchen Anfang ist dieselbe endlich empor gekommen/ dazu-
mahl aber ware von solcher noch nichts zu sehen/ sondern un-
ter dieser und jener ist ein grosser Unterscheid zu befinden.
Denn es bliebe in dem neunten Seculo in gewissen Verbre-
chen die öffentliche Busse. Die geheime Beichte aber ist von
des Innocentii seiner in vielen Stücken unterschieden. Denn
alle und jede Christen wurden dazu nicht angehalten/ ob
man schon solche Beichte gewaltig heraus striche. Sie ware
aber durch kein allgemeines Gesetze angeordnet/ sondern ei-

nes
Jahr 813. gehalten worden, befiehlet in dem 31. canone, man solte
einen Unterscheid unter denen Bußfertigen, die öffentlich und die
ingeheim Busse thun solten, halten. Hincmarus de diuort. Lo-
tbar.
saget ausdrücklich, daß auch grosse Sünden durch die gehei-
me Busse
getilget würden. Er saget, wie es unrecht, jemand der
ingeheim etwas geoffenbahret, der öffentlichen Busse zu unter-
werffen. Er beruffet sich dieserwegen auf die alten canones, vor-
nehmlich aber auf can. 99. des Africanischen concilii, da derjeni-
ge Bischoff in den Bann gethan wird, welcher mit diesem, so ihm
eine Sünde ingeheim entdecket, keine Gemeinschafft haben will.
Es bemercket aber Hincmarus ferner, daß diejenigen, welche öf-
fentlich gesündiget, auch öffentliche Busse thun müsten, nicht als
wenn GOtt die schweren Sünden, wenn man geheime Busse thäte,
nicht vergäbe, sondern weil dadurch viele geärgert worden, und
also durch die öffentliche Busse wiederum versöhnet werden müsten.
Hincmari Meinung gienge also dahin, daß diejenigen, derer Sün-
den nicht ruchbar, unrechtmäßiger Weise zur öffentlichen Busse
angehalten würden. Von der Zeit an ist also der Unterscheid un-
ter der öffentlichen und geheimen Busse beybehalten worden,
welches vor diesem nicht gebräuchlich ware.

I. Abth. II. Cap. Von der Beichte
deſto haͤuffiger zur Offenbahrung ihrer Suͤnden ſich bey
denen Prieſtern einfunden/ und ihre Schultern deſto wil-
liger unter das Joch der Buſſe legten. Auf ſolche Weiſe
wurde dem Innocentio der Weg gebahnet/ ſeine Ohren-
Beichte deſto leichter zu Stande zu bringen. Denn durch
ſolchen Anfang iſt dieſelbe endlich empor gekommen/ dazu-
mahl aber ware von ſolcher noch nichts zu ſehen/ ſondern un-
ter dieſer und jener iſt ein groſſer Unterſcheid zu befinden.
Denn es bliebe in dem neunten Seculo in gewiſſen Verbre-
chen die oͤffentliche Buſſe. Die geheime Beichte aber iſt von
des Innocentii ſeiner in vielen Stuͤcken unterſchieden. Denn
alle und jede Chriſten wurden dazu nicht angehalten/ ob
man ſchon ſolche Beichte gewaltig heraus ſtriche. Sie ware
aber durch kein allgemeines Geſetze angeordnet/ ſondern ei-

nes
Jahr 813. gehalten worden, befiehlet in dem 31. canone, man ſolte
einen Unterſcheid unter denen Bußfertigen, die oͤffentlich und die
ingeheim Buſſe thun ſolten, halten. Hincmarus de diuort. Lo-
tbar.
ſaget ausdruͤcklich, daß auch groſſe Suͤnden durch die gehei-
me Buſſe
getilget wuͤrden. Er ſaget, wie es unrecht, jemand der
ingeheim etwas geoffenbahret, der oͤffentlichen Buſſe zu unter-
werffen. Er beruffet ſich dieſerwegen auf die alten canones, vor-
nehmlich aber auf can. 99. des Africaniſchen concilii, da derjeni-
ge Biſchoff in den Bann gethan wird, welcher mit dieſem, ſo ihm
eine Suͤnde ingeheim entdecket, keine Gemeinſchafft haben will.
Es bemercket aber Hincmarus ferner, daß diejenigen, welche oͤf-
fentlich geſuͤndiget, auch oͤffentliche Buſſe thun muͤſten, nicht als
wenn GOtt die ſchweren Suͤnden, wenn man geheime Buſſe thaͤte,
nicht vergaͤbe, ſondern weil dadurch viele geaͤrgert worden, und
alſo durch die oͤffentliche Buſſe wiederum verſoͤhnet werden muͤſten.
Hincmari Meinung gienge alſo dahin, daß diejenigen, derer Suͤn-
den nicht ruchbar, unrechtmaͤßiger Weiſe zur oͤffentlichen Buſſe
angehalten wuͤrden. Von der Zeit an iſt alſo der Unterſcheid un-
ter der oͤffentlichen und geheimen Buſſe beybehalten worden,
welches vor dieſem nicht gebraͤuchlich ware.
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[94/0113] I. Abth. II. Cap. Von der Beichte deſto haͤuffiger zur Offenbahrung ihrer Suͤnden ſich bey denen Prieſtern einfunden/ und ihre Schultern deſto wil- liger unter das Joch der Buſſe legten. Auf ſolche Weiſe wurde dem Innocentio der Weg gebahnet/ ſeine Ohren- Beichte deſto leichter zu Stande zu bringen. Denn durch ſolchen Anfang iſt dieſelbe endlich empor gekommen/ dazu- mahl aber ware von ſolcher noch nichts zu ſehen/ ſondern un- ter dieſer und jener iſt ein groſſer Unterſcheid zu befinden. Denn es bliebe in dem neunten Seculo in gewiſſen Verbre- chen die oͤffentliche Buſſe. Die geheime Beichte aber iſt von des Innocentii ſeiner in vielen Stuͤcken unterſchieden. Denn alle und jede Chriſten wurden dazu nicht angehalten/ ob man ſchon ſolche Beichte gewaltig heraus ſtriche. Sie ware aber durch kein allgemeines Geſetze angeordnet/ ſondern ei- nes (b) (b) Jahr 813. gehalten worden, befiehlet in dem 31. canone, man ſolte einen Unterſcheid unter denen Bußfertigen, die oͤffentlich und die ingeheim Buſſe thun ſolten, halten. Hincmarus de diuort. Lo- tbar. ſaget ausdruͤcklich, daß auch groſſe Suͤnden durch die gehei- me Buſſe getilget wuͤrden. Er ſaget, wie es unrecht, jemand der ingeheim etwas geoffenbahret, der oͤffentlichen Buſſe zu unter- werffen. Er beruffet ſich dieſerwegen auf die alten canones, vor- nehmlich aber auf can. 99. des Africaniſchen concilii, da derjeni- ge Biſchoff in den Bann gethan wird, welcher mit dieſem, ſo ihm eine Suͤnde ingeheim entdecket, keine Gemeinſchafft haben will. Es bemercket aber Hincmarus ferner, daß diejenigen, welche oͤf- fentlich geſuͤndiget, auch oͤffentliche Buſſe thun muͤſten, nicht als wenn GOtt die ſchweren Suͤnden, wenn man geheime Buſſe thaͤte, nicht vergaͤbe, ſondern weil dadurch viele geaͤrgert worden, und alſo durch die oͤffentliche Buſſe wiederum verſoͤhnet werden muͤſten. Hincmari Meinung gienge alſo dahin, daß diejenigen, derer Suͤn- den nicht ruchbar, unrechtmaͤßiger Weiſe zur oͤffentlichen Buſſe angehalten wuͤrden. Von der Zeit an iſt alſo der Unterſcheid un- ter der oͤffentlichen und geheimen Buſſe beybehalten worden, welches vor dieſem nicht gebraͤuchlich ware.

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/113>, abgerufen am 24.11.2024.