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Perlen, Frida: Frauenwahlrecht und Friede. In: Die Frauenbewegung 23 (1917), Nr. 19/20, S. 59–60.

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Frauenwahlrecht und Friede.

Wally Zepler hat in ihrem Aufsatz "Für das Frauen-
wahlrecht" in der "Gleichheit" Nr. 25 über zwei Punkte
gesprochen, auf die im Jnteresse der vertretenen Sache
noch weiter eingegangen werden soll.

Sie hat vollkommen recht, zu betonen, daß wir alle -
wir Frauen - mit Schuld tragen an dem Geschehen dieses
Krieges.

Wo waren die Frauen vor dem Kriege tätig in den
pazifistischen Organisationen? Was haben die Frauen für
die Verbreitung und Aufklärung über das kulturwidrige
Wesen des Krieges getan? Die Frauen betrachteten die Zeit
vor dem Krieg als Frieden, während es nur ein Nichtkrieg
war. Ein Gleichnis als Beispiel: Es ist einer in der Zeit
der Nüchternheit zwischen zwei Räuschen kein Abstinent.

Wer hat von den Frauen in den großen Organisationen,
für einen Frieden, wie ihn der Pazifismus versteht, für
ein organisches Nebeneinanderleben der Staaten gearbeitet?
Gerade die Frauen, die in den Frauenstimmrechtsverbänden
organisiert sind, hätten vor und während des Krieges die
Trägerinnen der pazifistischen Gedanken sein müssen. So
dringend wir unsere politische Gleichberechtigung fordern
müssen, - wenn wir sie erreicht haben, soll dann diese poli-
tische Gleichberechtigung nicht in erster Linie mit dazu
dienen, daß an Stelle von Kriegen eine gewaltlose Streit-
schlichtung gesetzt wird, um von der Anarchie der Staaten
untereinander zur Organisation derselben zu gelangen?

Jede einzelne Frau trägt mittelbar die Schuld mit an
dem heutigen Chaos. Und während des Krieges, wo bleiben
die organisierten Frauen, als einzelne Frauen in allen Län-
dern versuchten, die Frauen zusammen zu schließen, indem
sie einen Jnternationalen Frauenkongreß im Haag veran-
stalteten, der als oberstes Programm die zwei Sätze auf-
stellte:

a) daß internationale Streitigkeiten durch friedliche Mittel
ausgeglichen werden sollen;
b) daß den Frauen politische Gleichberechtigung mit den
Männern zu gewähren sei.

Bei uns in Deutschland wurden die Frauen, die für
diesen Kongreß arbeiteten, von der Leitung des Bundes
Deutscher Frauenvereine boykottiert, es ist dies wahrlich
kein Ruhmesblatt in der Geschichte des Bundes!

"Die Beschlüsse", die der Jnternationale Frauenkongreß
faßte und dieselben von seinen Vertreterinnen allen Regie-
rungen der kriegführenden und neutralen Staaten über-[Spaltenumbruch] reichen ließ, sind zur Zeit noch nicht in Deutschland von
der Zensur freigegeben, sie sind wohl am besten ge -
zeichnet, wenn hier aus der Zeitschrift "Jnternationaal"
dem gemeinsamen Organ der 22 Staaten umfassenden Or-
ganisation der Jnternationalen Frauenausschüsse für dauern-
den Frieden, Stellen aus einem Brief der Norwegischen
Sektion mitgeteilt werden sollen, der an die Herausgeberin
von "Jnternationaal", Dr. Aletta Jakobs in Amsterdam, ge-
richtet ist.

"Wir fühlen bestimmt, daß gerade in diesen Tagen
des Schmerzes und der Leiden, es eine Beruhigung für
Sie ist, wie für uns, daß das Prinzip für einen gerechten
und dauerhaften Frieden, welches so fest von unserem Kon-
greß verteidigt und welches damals von so vielen Menschen
lächerlich gemacht wurde, man von den leitenden Staats-
männern beider kriegführenden Parteien aufgenommen wor-
den ist.

Wir sind nun gerechtfertigt in dem Glauben, daß Ver-
söhnung und Schiedespruch, demokratische Kontrolle der aus-
wärtigen Politik, eine Liga der Nationen zur Beförderung
eines dauernden Friedens, allgemeines Wahlrecht, welches
auch das Frauenwahlrecht einschließt, die wichtigsten Prin-
zipien der kommenden Friedensverhandlungen werden."

Jn der Sozialdemokratie waren es ebenfalls nur ein-
zelne Frauen, die ungefähr zur gleichen Zeit, in der die
bürgerlichen Frauen zur Vorbereitung des Jnternationalen
Frauenkongresses in Amsterdam zusammen kamen, eine
Frauenkonferenz im März 1915 in Bern veranstalteten.

Vollständig einig muß jede Frau, die für die politische
Gleichberechtigung der Frauen arbeitet mit Wally Zepler
gehen, wenn sie schreibt:

"So bleibt den Frauen nur übrig, sich weiter selbst mit
aller Kraft für ihr Ziel einzusetzen u. s. f. Zu diesem
Zwecke gilt es, alle gleichlaufenden Kräfte zusammenzu-
schließen, durch die Vereinigung sämtlicher Stimmrechts-
kämpferinnen, gleichviel in welchem politischen Lager sie
stehen, ein möglichst machtvolles Kampfheer zu bilden, für
diese bestimmte, allen gemeinsame Forderung gemeinsam
vorzugehen."

Grundlegend für dieses Zusammengehen darf selbst
verständlich die Forderung des allgemeinen, gleichen, di-
rekten und geheimen Wahlrechts für alle Körperschaften
in Reich, Staat und Gemeinde sein.

Nun haben sowohl die beiden sozialdemokratischen
Frauenorganisationen, wie auch der deutsche Frauenstimm-[Spaltenumbruch]

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Frauenwahlrecht und Friede.

Wally Zepler hat in ihrem Aufsatz „Für das Frauen-
wahlrecht“ in der „Gleichheit“ Nr. 25 über zwei Punkte
gesprochen, auf die im Jnteresse der vertretenen Sache
noch weiter eingegangen werden soll.

Sie hat vollkommen recht, zu betonen, daß wir alle –
wir Frauen – mit Schuld tragen an dem Geschehen dieses
Krieges.

Wo waren die Frauen vor dem Kriege tätig in den
pazifistischen Organisationen? Was haben die Frauen für
die Verbreitung und Aufklärung über das kulturwidrige
Wesen des Krieges getan? Die Frauen betrachteten die Zeit
vor dem Krieg als Frieden, während es nur ein Nichtkrieg
war. Ein Gleichnis als Beispiel: Es ist einer in der Zeit
der Nüchternheit zwischen zwei Räuschen kein Abstinent.

Wer hat von den Frauen in den großen Organisationen,
für einen Frieden, wie ihn der Pazifismus versteht, für
ein organisches Nebeneinanderleben der Staaten gearbeitet?
Gerade die Frauen, die in den Frauenstimmrechtsverbänden
organisiert sind, hätten vor und während des Krieges die
Trägerinnen der pazifistischen Gedanken sein müssen. So
dringend wir unsere politische Gleichberechtigung fordern
müssen, – wenn wir sie erreicht haben, soll dann diese poli-
tische Gleichberechtigung nicht in erster Linie mit dazu
dienen, daß an Stelle von Kriegen eine gewaltlose Streit-
schlichtung gesetzt wird, um von der Anarchie der Staaten
untereinander zur Organisation derselben zu gelangen?

Jede einzelne Frau trägt mittelbar die Schuld mit an
dem heutigen Chaos. Und während des Krieges, wo bleiben
die organisierten Frauen, als einzelne Frauen in allen Län-
dern versuchten, die Frauen zusammen zu schließen, indem
sie einen Jnternationalen Frauenkongreß im Haag veran-
stalteten, der als oberstes Programm die zwei Sätze auf-
stellte:

a) daß internationale Streitigkeiten durch friedliche Mittel
ausgeglichen werden sollen;
b) daß den Frauen politische Gleichberechtigung mit den
Männern zu gewähren sei.

Bei uns in Deutschland wurden die Frauen, die für
diesen Kongreß arbeiteten, von der Leitung des Bundes
Deutscher Frauenvereine boykottiert, es ist dies wahrlich
kein Ruhmesblatt in der Geschichte des Bundes!

„Die Beschlüsse“, die der Jnternationale Frauenkongreß
faßte und dieselben von seinen Vertreterinnen allen Regie-
rungen der kriegführenden und neutralen Staaten über-[Spaltenumbruch] reichen ließ, sind zur Zeit noch nicht in Deutschland von
der Zensur freigegeben, sie sind wohl am besten ge -
zeichnet, wenn hier aus der Zeitschrift „Jnternationaal“
dem gemeinsamen Organ der 22 Staaten umfassenden Or-
ganisation der Jnternationalen Frauenausschüsse für dauern-
den Frieden, Stellen aus einem Brief der Norwegischen
Sektion mitgeteilt werden sollen, der an die Herausgeberin
von „Jnternationaal“, Dr. Aletta Jakobs in Amsterdam, ge-
richtet ist.

„Wir fühlen bestimmt, daß gerade in diesen Tagen
des Schmerzes und der Leiden, es eine Beruhigung für
Sie ist, wie für uns, daß das Prinzip für einen gerechten
und dauerhaften Frieden, welches so fest von unserem Kon-
greß verteidigt und welches damals von so vielen Menschen
lächerlich gemacht wurde, man von den leitenden Staats-
männern beider kriegführenden Parteien aufgenommen wor-
den ist.

Wir sind nun gerechtfertigt in dem Glauben, daß Ver-
söhnung und Schiedespruch, demokratische Kontrolle der aus-
wärtigen Politik, eine Liga der Nationen zur Beförderung
eines dauernden Friedens, allgemeines Wahlrecht, welches
auch das Frauenwahlrecht einschließt, die wichtigsten Prin-
zipien der kommenden Friedensverhandlungen werden.“

Jn der Sozialdemokratie waren es ebenfalls nur ein-
zelne Frauen, die ungefähr zur gleichen Zeit, in der die
bürgerlichen Frauen zur Vorbereitung des Jnternationalen
Frauenkongresses in Amsterdam zusammen kamen, eine
Frauenkonferenz im März 1915 in Bern veranstalteten.

Vollständig einig muß jede Frau, die für die politische
Gleichberechtigung der Frauen arbeitet mit Wally Zepler
gehen, wenn sie schreibt:

„So bleibt den Frauen nur übrig, sich weiter selbst mit
aller Kraft für ihr Ziel einzusetzen u. s. f. Zu diesem
Zwecke gilt es, alle gleichlaufenden Kräfte zusammenzu-
schließen, durch die Vereinigung sämtlicher Stimmrechts-
kämpferinnen, gleichviel in welchem politischen Lager sie
stehen, ein möglichst machtvolles Kampfheer zu bilden, für
diese bestimmte, allen gemeinsame Forderung gemeinsam
vorzugehen.“

Grundlegend für dieses Zusammengehen darf selbst
verständlich die Forderung des allgemeinen, gleichen, di-
rekten und geheimen Wahlrechts für alle Körperschaften
in Reich, Staat und Gemeinde sein.

Nun haben sowohl die beiden sozialdemokratischen
Frauenorganisationen, wie auch der deutsche Frauenstimm-[Spaltenumbruch]

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Zitationshilfe: Perlen, Frida: Frauenwahlrecht und Friede. In: Die Frauenbewegung 23 (1917), Nr. 19/20, S. 59–60, hier S. [59]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/perlen_frauenwahlrecht_1917/1>, abgerufen am 23.11.2024.