mels und der Erde, für dessen griechische Trüm¬ mer, die der Baumeister den römischen vorzog. "In Rom (hatte Dian gesagt,) habt Ihr nur Vergangenheit, hingegen in Neapel tapfere Gegenwart -- ich begleit' Euch hin und her und wir gehen zusammen nach Haus. Denn eigentlich versteht Ihr Euch doch nicht recht auf das Schöne, sondern auf die Natur, auf das Heroische und den Effekt. Da ist Neapel der Ort." Der Ritter willigte -- obgleich durch Albano's Erheiterung der ganze Zweck der Rei¬ se schon gewonnen war -- ohne Zögern in den Zusatz einer zweiten unter der Bedingung, daß er nicht länger als einen Monat nachbleibe.
Aber dieser Zeit, wo sich seine innere Welt so harmonisch stimmen durfte, kamen feindliche Mißtöne immer näher, die er in der Ferne noch für Wohllaut hielt. Aus seinem unbe¬ stimmten Verhältniß mit der Fürstinn entwi¬ ckelte sich langsam der Mißlaut; weil jedes unbestimmte mit Weibern sich endlich hart ent¬ scheidet, seltener zu Liebe als zu Haß.
Die Fürstinn that und litt bisher alles, um ihm noch früher gefährlich zu werden als verständ¬
mels und der Erde, für deſſen griechiſche Trüm¬ mer, die der Baumeiſter den römiſchen vorzog. „In Rom (hatte Dian geſagt,) habt Ihr nur Vergangenheit, hingegen in Neapel tapfere Gegenwart — ich begleit' Euch hin und her und wir gehen zuſammen nach Haus. Denn eigentlich verſteht Ihr Euch doch nicht recht auf das Schöne, ſondern auf die Natur, auf das Heroiſche und den Effekt. Da iſt Neapel der Ort.“ Der Ritter willigte — obgleich durch Albano's Erheiterung der ganze Zweck der Rei¬ ſe ſchon gewonnen war — ohne Zögern in den Zuſatz einer zweiten unter der Bedingung, daß er nicht länger als einen Monat nachbleibe.
Aber dieſer Zeit, wo ſich ſeine innere Welt ſo harmoniſch ſtimmen durfte, kamen feindliche Mißtöne immer näher, die er in der Ferne noch für Wohllaut hielt. Aus ſeinem unbe¬ ſtimmten Verhältniß mit der Fürſtinn entwi¬ ckelte ſich langſam der Mißlaut; weil jedes unbeſtimmte mit Weibern ſich endlich hart ent¬ ſcheidet, ſeltener zu Liebe als zu Haß.
Die Fürſtinn that und litt bisher alles, um ihm noch früher gefährlich zu werden als verſtänd¬
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mels und der Erde, für deſſen griechiſche Trüm¬
mer, die der Baumeiſter den römiſchen vorzog.
„In Rom (hatte Dian geſagt,) habt Ihr nur
Vergangenheit, hingegen in Neapel tapfere
Gegenwart — ich begleit' Euch hin und her
und wir gehen zuſammen nach Haus. Denn
eigentlich verſteht Ihr Euch doch nicht recht
auf das Schöne, ſondern auf die Natur, auf
das Heroiſche und den Effekt. Da iſt Neapel
der Ort.“ Der Ritter willigte — obgleich durch
Albano's Erheiterung der ganze Zweck der Rei¬
ſe ſchon gewonnen war — ohne Zögern in den
Zuſatz einer zweiten unter der Bedingung, daß
er nicht länger als einen Monat nachbleibe.
Aber dieſer Zeit, wo ſich ſeine innere Welt
ſo harmoniſch ſtimmen durfte, kamen feindliche
Mißtöne immer näher, die er in der Ferne
noch für Wohllaut hielt. Aus ſeinem unbe¬
ſtimmten Verhältniß mit der Fürſtinn entwi¬
ckelte ſich langſam der Mißlaut; weil jedes
unbeſtimmte mit Weibern ſich endlich hart ent¬
ſcheidet, ſeltener zu Liebe als zu Haß.
Die Fürſtinn that und litt bisher alles, um
ihm noch früher gefährlich zu werden als verſtänd¬
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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/81>, abgerufen am 22.11.2024.
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