entgegengesetzter Jahrhunderte, süßer als ir¬ gendwo verzehren; aber wüßtest Du vom Ver¬ gänglichen ohne den Nebenstand des Unver¬ gänglichen und wo wohnt der Tod als im Le¬ ben? Lasse verstieben und versiegen! es giebt doch drei Unsterblichkeiten, -- wiewohl Du die erste, die überirdische, nicht glaubst -- die un¬ terirdische (denn das All kann verstäuben, aber nicht sein Staub;) -- und die ewigwirkende darin; die, daß jede That viel gewisser eine ewige Mutter wird als eine ewige Tochter ist. Und dieser Bund mit dem Universum und mit der Ewigkeit macht der Ephemere Muth, in ihrer Flug-Minute das Blüthenstäubchen wei¬ ter zu tragen und auszusäen, das im nächsten Jahrtausend vielleicht als Palmenwald dasteht.
Ob ich mich meinem Vater entdecke, ist mir noch zweifelhaft, weil ich es noch darüber bin, ob ich seine bisherigen Äusserungen gegen die Neufranken für scharfen Ernst zu nehmen habe oder nur für die scherzhafte Kälte, womit er sonst gerade seine Gottheiten -- Homer, Ra¬ phael, Cäsar, Shakespear -- aus Ekel gegen den nachsprecherischen Götzendienst, den der Pö¬
entgegengeſetzter Jahrhunderte, ſüßer als ir¬ gendwo verzehren; aber wüßteſt Du vom Ver¬ gänglichen ohne den Nebenſtand des Unver¬ gänglichen und wo wohnt der Tod als im Le¬ ben? Laſſe verſtieben und verſiegen! es giebt doch drei Unſterblichkeiten, — wiewohl Du die erſte, die überirdiſche, nicht glaubſt — die un¬ terirdiſche (denn das All kann verſtäuben, aber nicht ſein Staub;) — und die ewigwirkende darin; die, daß jede That viel gewiſſer eine ewige Mutter wird als eine ewige Tochter iſt. Und dieſer Bund mit dem Univerſum und mit der Ewigkeit macht der Ephemere Muth, in ihrer Flug-Minute das Blüthenſtäubchen wei¬ ter zu tragen und auszuſäen, das im nächſten Jahrtauſend vielleicht als Palmenwald daſteht.
Ob ich mich meinem Vater entdecke, iſt mir noch zweifelhaft, weil ich es noch darüber bin, ob ich ſeine bisherigen Äuſſerungen gegen die Neufranken für ſcharfen Ernſt zu nehmen habe oder nur für die ſcherzhafte Kälte, womit er ſonſt gerade ſeine Gottheiten — Homer, Ra¬ phael, Cäſar, Shakeſpear — aus Ekel gegen den nachſprecheriſchen Götzendienſt, den der Pö¬
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entgegengeſetzter Jahrhunderte, ſüßer als ir¬
gendwo verzehren; aber wüßteſt Du vom Ver¬
gänglichen ohne den Nebenſtand des Unver¬
gänglichen und wo wohnt der Tod als im Le¬
ben? Laſſe verſtieben und verſiegen! es giebt
doch drei Unſterblichkeiten, — wiewohl Du die
erſte, die überirdiſche, nicht glaubſt — die un¬
terirdiſche (denn das All kann verſtäuben, aber
nicht ſein Staub;) — und die ewigwirkende
darin; die, daß jede That viel gewiſſer eine
ewige Mutter wird als eine ewige Tochter iſt.
Und dieſer Bund mit dem Univerſum und mit
der Ewigkeit macht der Ephemere Muth, in
ihrer Flug-Minute das Blüthenſtäubchen wei¬
ter zu tragen und auszuſäen, das im nächſten
Jahrtauſend vielleicht als Palmenwald daſteht.
Ob ich mich meinem Vater entdecke, iſt mir
noch zweifelhaft, weil ich es noch darüber bin,
ob ich ſeine bisherigen Äuſſerungen gegen die
Neufranken für ſcharfen Ernſt zu nehmen habe
oder nur für die ſcherzhafte Kälte, womit er
ſonſt gerade ſeine Gottheiten — Homer, Ra¬
phael, Cäſar, Shakeſpear — aus Ekel gegen
den nachſprecheriſchen Götzendienſt, den der Pö¬
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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/67>, abgerufen am 22.11.2024.
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