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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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"An einem schönen Abend (sagte Albano
zu Idoinen) sah ich einst in Ihr schönes Arka¬
dien herab, aber ich war nicht in Arkadien" --
"Der Nahme (versetzte sie und senkte wieder
die klaren Augen bezogen zur Erde) ist auch
bloß Scherz; eigentlich ists eine Alpe und doch
nur mit Sennenhütten in einem Thale." Sie hob
die großen Augen nicht wieder auf, als Ju¬
lienne schweigend ihre Hand nahm und sie fort¬
zog, weil jetzt das Leichengeläute mit traurigen
einzelnen Stößen ausklang, als Zeichen daß
die Todtenfeier angehe, deren Theilnahme Ju¬
lienne ihrem schwesterlichen Herzen unmöglich
abdingen ließ. "Wir gehen in die Kirche"
sagte Idoine zur Gesellschaft. "Wir wohl alle"
versetzte Wehrfritz schnell. Als die beiden Mäd¬
chen an Albano vorübergiengen, bemerkte er
zum erstenmal an Idoinen drei kleine Blatter¬
narben, gleichsam als Erden- und Lebens-Spu¬
ren, die sie zu einer Sterblichen machten. Er
blickte der hohen edeln Gestalt mit dem langen
wehenden Schleier nach, welche neben seiner
Schwester eben so majestätisch, nur zärter gebauet,
erschien als Linda, und deren heiliger Gang

eine

„An einem ſchönen Abend (ſagte Albano
zu Idoinen) ſah ich einſt in Ihr ſchönes Arka¬
dien herab, aber ich war nicht in Arkadien“ —
„Der Nahme (verſetzte ſie und ſenkte wieder
die klaren Augen bezogen zur Erde) iſt auch
bloß Scherz; eigentlich iſts eine Alpe und doch
nur mit Sennenhütten in einem Thale.“ Sie hob
die großen Augen nicht wieder auf, als Ju¬
lienne ſchweigend ihre Hand nahm und ſie fort¬
zog, weil jetzt das Leichengeläute mit traurigen
einzelnen Stößen ausklang, als Zeichen daß
die Todtenfeier angehe, deren Theilnahme Ju¬
lienne ihrem ſchweſterlichen Herzen unmöglich
abdingen ließ. „Wir gehen in die Kirche“
ſagte Idoine zur Geſellſchaft. „Wir wohl alle“
verſetzte Wehrfritz ſchnell. Als die beiden Mäd¬
chen an Albano vorübergiengen, bemerkte er
zum erſtenmal an Idoinen drei kleine Blatter¬
narben, gleichſam als Erden- und Lebens-Spu¬
ren, die ſie zu einer Sterblichen machten. Er
blickte der hohen edeln Geſtalt mit dem langen
wehenden Schleier nach, welche neben ſeiner
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erſchien als Linda, und deren heiliger Gang

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[560/0572] „An einem ſchönen Abend (ſagte Albano zu Idoinen) ſah ich einſt in Ihr ſchönes Arka¬ dien herab, aber ich war nicht in Arkadien“ — „Der Nahme (verſetzte ſie und ſenkte wieder die klaren Augen bezogen zur Erde) iſt auch bloß Scherz; eigentlich iſts eine Alpe und doch nur mit Sennenhütten in einem Thale.“ Sie hob die großen Augen nicht wieder auf, als Ju¬ lienne ſchweigend ihre Hand nahm und ſie fort¬ zog, weil jetzt das Leichengeläute mit traurigen einzelnen Stößen ausklang, als Zeichen daß die Todtenfeier angehe, deren Theilnahme Ju¬ lienne ihrem ſchweſterlichen Herzen unmöglich abdingen ließ. „Wir gehen in die Kirche“ ſagte Idoine zur Geſellſchaft. „Wir wohl alle“ verſetzte Wehrfritz ſchnell. Als die beiden Mäd¬ chen an Albano vorübergiengen, bemerkte er zum erſtenmal an Idoinen drei kleine Blatter¬ narben, gleichſam als Erden- und Lebens-Spu¬ ren, die ſie zu einer Sterblichen machten. Er blickte der hohen edeln Geſtalt mit dem langen wehenden Schleier nach, welche neben ſeiner Schweſter eben ſo majeſtätiſch, nur zärter gebauet, erſchien als Linda, und deren heiliger Gang eine

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 560. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/572>, abgerufen am 27.11.2024.