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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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Stadt war die gewöhnliche Volksfreude über
Wechsel laut. In einem Hause war ein Kin¬
derball, in einem andern eine Truppe von
Sprichwörterspielern; indeß die Landtrauer je¬
den Tanzsaal und jede Bühne verschloß. Aus
Roquairol's Stube sahen fremde lustige Mu¬
sensöhne heraus. Im Wirthshause des Spa¬
niers hatte ein Knabe die Dohle an einem Fa¬
den. Einige Leute hört' er im Vorbeigehen sa¬
gen: "wer hätte sich das träumen lassen?" --
"Ganz natürlich, (versetzte der andere,) ich
mauerte damals auch mit an der fürstlichen
Gruft und sah Ihn wie Dich." In der Berg¬
stadt waren am Trauer-Schloß alle Fenster¬
reihen hell beleuchtet, als geb' es ein froheres
Fest. Im Hause des Ministers waren alle fin¬
ster, oben unter den Statuen des Dachs schlich
ein einziges Lichtchen umher.

"Nein, (dachte Albano,) ich brauche nicht
nachzusinnen, warum sank ich nicht auch mit
unter. O genug, genug fiel von mir in die
Gräber -- Ich muß mich doch ewig nach al¬
len entflohenen Menschen sehnen; -- wie Tau¬
cher schwimmen die Todten unten mit und hal¬

Stadt war die gewöhnliche Volksfreude über
Wechſel laut. In einem Hauſe war ein Kin¬
derball, in einem andern eine Truppe von
Sprichwörterſpielern; indeß die Landtrauer je¬
den Tanzſaal und jede Bühne verſchloß. Aus
Roquairol's Stube ſahen fremde luſtige Mu¬
ſenſöhne heraus. Im Wirthshauſe des Spa¬
niers hatte ein Knabe die Dohle an einem Fa¬
den. Einige Leute hört' er im Vorbeigehen ſa¬
gen: „wer hätte ſich das träumen laſſen?“ —
„Ganz natürlich, (verſetzte der andere,) ich
mauerte damals auch mit an der fürſtlichen
Gruft und ſah Ihn wie Dich.“ In der Berg¬
ſtadt waren am Trauer-Schloß alle Fenſter¬
reihen hell beleuchtet, als geb' es ein froheres
Feſt. Im Hauſe des Miniſters waren alle fin¬
ſter, oben unter den Statuen des Dachs ſchlich
ein einziges Lichtchen umher.

„Nein, (dachte Albano,) ich brauche nicht
nachzuſinnen, warum ſank ich nicht auch mit
unter. O genug, genug fiel von mir in die
Gräber — Ich muß mich doch ewig nach al¬
len entflohenen Menſchen ſehnen; — wie Tau¬
cher ſchwimmen die Todten unten mit und hal¬

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[553/0565] Stadt war die gewöhnliche Volksfreude über Wechſel laut. In einem Hauſe war ein Kin¬ derball, in einem andern eine Truppe von Sprichwörterſpielern; indeß die Landtrauer je¬ den Tanzſaal und jede Bühne verſchloß. Aus Roquairol's Stube ſahen fremde luſtige Mu¬ ſenſöhne heraus. Im Wirthshauſe des Spa¬ niers hatte ein Knabe die Dohle an einem Fa¬ den. Einige Leute hört' er im Vorbeigehen ſa¬ gen: „wer hätte ſich das träumen laſſen?“ — „Ganz natürlich, (verſetzte der andere,) ich mauerte damals auch mit an der fürſtlichen Gruft und ſah Ihn wie Dich.“ In der Berg¬ ſtadt waren am Trauer-Schloß alle Fenſter¬ reihen hell beleuchtet, als geb' es ein froheres Feſt. Im Hauſe des Miniſters waren alle fin¬ ſter, oben unter den Statuen des Dachs ſchlich ein einziges Lichtchen umher. „Nein, (dachte Albano,) ich brauche nicht nachzuſinnen, warum ſank ich nicht auch mit unter. O genug, genug fiel von mir in die Gräber — Ich muß mich doch ewig nach al¬ len entflohenen Menſchen ſehnen; — wie Tau¬ cher ſchwimmen die Todten unten mit und hal¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 553. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/565>, abgerufen am 24.11.2024.