an Dich drückst, diese berührt er mit der schar¬ fen Schneide oder mit der Giftspitze, und dann vergeht oder verblutet sie." --
Er sah schon den Glanz dieses Schwerdts im langen Dunkel ziehen; denn Idoine hatte das Gelübde gethan, nie unter ihrem Fürsten¬ stande die Hand zum Bunde der Liebe zu rei¬ chen. So standen beide geschieden neben ein¬ ander in Einem Himmel, eine Sonne und ein Mond, durch eine Erde getrennt. Sie beschleu¬ nigte ihre Entfernung. Albano hielt es nicht für recht, sie zu begleiten, da er jetzt errieth, daß die graugekleideten Menschen, die ihm zu¬ rückgewinket, ihre Bedienten gewesen, die ihr Einsamkeit zusichern sollen. Sie reichte ihm an der Gartenthüre die Hand und sagte: "leben Sie glücklicher, lieber Graf; einst hoff' ich Sie so glücklich wieder zu finden als Sie sich ma¬ chen sollen." Die Berührung der Hand wie einer himmlischen, die sich aus den Wolken giebt, durchströmte ihn mit einem verklärten Feuer jener Welt, wo Auferstandne leicht und schimmernd schweben und die hohe Ehrfurcht gebende Gestalt begeisterte sein Herz; -- er
an Dich drückſt, dieſe berührt er mit der ſchar¬ fen Schneide oder mit der Giftſpitze, und dann vergeht oder verblutet ſie.“ —
Er ſah ſchon den Glanz dieſes Schwerdts im langen Dunkel ziehen; denn Idoine hatte das Gelübde gethan, nie unter ihrem Fürſten¬ ſtande die Hand zum Bunde der Liebe zu rei¬ chen. So ſtanden beide geſchieden neben ein¬ ander in Einem Himmel, eine Sonne und ein Mond, durch eine Erde getrennt. Sie beſchleu¬ nigte ihre Entfernung. Albano hielt es nicht für recht, ſie zu begleiten, da er jetzt errieth, daß die graugekleideten Menſchen, die ihm zu¬ rückgewinket, ihre Bedienten geweſen, die ihr Einſamkeit zuſichern ſollen. Sie reichte ihm an der Gartenthüre die Hand und ſagte: „leben Sie glücklicher, lieber Graf; einſt hoff' ich Sie ſo glücklich wieder zu finden als Sie ſich ma¬ chen ſollen.“ Die Berührung der Hand wie einer himmliſchen, die ſich aus den Wolken giebt, durchſtrömte ihn mit einem verklärten Feuer jener Welt, wo Auferſtandne leicht und ſchimmernd ſchweben und die hohe Ehrfurcht gebende Geſtalt begeiſterte ſein Herz; — er
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0505"n="493"/>
an Dich drückſt, dieſe berührt er mit der ſchar¬<lb/>
fen Schneide oder mit der Giftſpitze, und dann<lb/>
vergeht oder verblutet ſie.“—</p><lb/><p>Er ſah ſchon den Glanz dieſes Schwerdts<lb/>
im langen Dunkel ziehen; denn Idoine hatte<lb/>
das Gelübde gethan, nie unter ihrem Fürſten¬<lb/>ſtande die Hand zum Bunde der Liebe zu rei¬<lb/>
chen. So ſtanden beide geſchieden neben ein¬<lb/>
ander in Einem Himmel, eine Sonne und ein<lb/>
Mond, durch eine Erde getrennt. Sie beſchleu¬<lb/>
nigte ihre Entfernung. Albano hielt es nicht<lb/>
für recht, ſie zu begleiten, da er jetzt errieth,<lb/>
daß die graugekleideten Menſchen, die ihm zu¬<lb/>
rückgewinket, ihre Bedienten geweſen, die ihr<lb/>
Einſamkeit zuſichern ſollen. Sie reichte ihm an<lb/>
der Gartenthüre die Hand und ſagte: „leben<lb/>
Sie glücklicher, lieber Graf; einſt hoff' ich Sie<lb/>ſo glücklich wieder zu finden als Sie ſich ma¬<lb/>
chen ſollen.“ Die Berührung der Hand wie<lb/>
einer himmliſchen, die ſich aus den Wolken<lb/>
giebt, durchſtrömte ihn mit einem verklärten<lb/>
Feuer jener Welt, wo Auferſtandne leicht und<lb/>ſchimmernd ſchweben und die hohe Ehrfurcht<lb/>
gebende Geſtalt begeiſterte ſein Herz; — er<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[493/0505]
an Dich drückſt, dieſe berührt er mit der ſchar¬
fen Schneide oder mit der Giftſpitze, und dann
vergeht oder verblutet ſie.“ —
Er ſah ſchon den Glanz dieſes Schwerdts
im langen Dunkel ziehen; denn Idoine hatte
das Gelübde gethan, nie unter ihrem Fürſten¬
ſtande die Hand zum Bunde der Liebe zu rei¬
chen. So ſtanden beide geſchieden neben ein¬
ander in Einem Himmel, eine Sonne und ein
Mond, durch eine Erde getrennt. Sie beſchleu¬
nigte ihre Entfernung. Albano hielt es nicht
für recht, ſie zu begleiten, da er jetzt errieth,
daß die graugekleideten Menſchen, die ihm zu¬
rückgewinket, ihre Bedienten geweſen, die ihr
Einſamkeit zuſichern ſollen. Sie reichte ihm an
der Gartenthüre die Hand und ſagte: „leben
Sie glücklicher, lieber Graf; einſt hoff' ich Sie
ſo glücklich wieder zu finden als Sie ſich ma¬
chen ſollen.“ Die Berührung der Hand wie
einer himmliſchen, die ſich aus den Wolken
giebt, durchſtrömte ihn mit einem verklärten
Feuer jener Welt, wo Auferſtandne leicht und
ſchimmernd ſchweben und die hohe Ehrfurcht
gebende Geſtalt begeiſterte ſein Herz; — er
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/505>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.