schluß; auch sah er aus der kühnen Wahl des Boten, wie wichtig der armen Schwester seine Erscheinung sey.
In Gaspards Zimmer verließ ihn Augusti schnell, um ihn anzukündigen und -- allein zu lassen. In seinem Leben gieng jetzt ein langer Donner; kam er vom Himmel, von einem Strome, oder nur von einer Mühle, das wußt' er noch nicht. Julienne stürzte weinend herein, konnte nicht sprechen vor heftigem Herzen: "Du gehst fort?" fragte sie. "Ja!" sagt' er und bat sie sehr, weniger heftig zu seyn; denn er wußte, wie leicht ihn fremder Ungestüm an¬ steckte, da er ohne Zorn nicht einmal lange Schach spielen oder fechten konnte. Sie flehte ihn noch heftiger, nur zu bleiben, bis Gaspard wieder komme. -- "Kommt er wieder?" fragte Albano. "Wie anders? Aber die Unwürdige nicht" sagte sie. -- (versetzt' er ernst,) o sey nicht so hart gegen Sie wie das Schicksal -- und lasse mich schweigen!" -- "Ich hasse jetzt alle Männer und Dich auch (sagte sie). Das kommt aus poetischen Gemüthern heraus. -- O welche rechtschaffene Braut hätte sich so
ſchluß; auch ſah er aus der kühnen Wahl des Boten, wie wichtig der armen Schweſter ſeine Erſcheinung ſey.
In Gaſpards Zimmer verließ ihn Auguſti ſchnell, um ihn anzukündigen und — allein zu laſſen. In ſeinem Leben gieng jetzt ein langer Donner; kam er vom Himmel, von einem Strome, oder nur von einer Mühle, das wußt' er noch nicht. Julienne ſtürzte weinend herein, konnte nicht ſprechen vor heftigem Herzen: „Du gehſt fort?“ fragte ſie. „Ja!“ ſagt' er und bat ſie ſehr, weniger heftig zu ſeyn; denn er wußte, wie leicht ihn fremder Ungeſtüm an¬ ſteckte, da er ohne Zorn nicht einmal lange Schach ſpielen oder fechten konnte. Sie flehte ihn noch heftiger, nur zu bleiben, bis Gaſpard wieder komme. — „Kommt er wieder?“ fragte Albano. „Wie anders? Aber die Unwürdige nicht“ ſagte ſie. — (verſetzt' er ernſt,) o ſey nicht ſo hart gegen Sie wie das Schickſal — und laſſe mich ſchweigen!“ — „Ich haſſe jetzt alle Männer und Dich auch (ſagte ſie). Das kommt aus poetiſchen Gemüthern heraus. — O welche rechtſchaffene Braut hätte ſich ſo
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0454"n="442"/>ſchluß; auch ſah er aus der kühnen Wahl des<lb/>
Boten, wie wichtig der armen Schweſter ſeine<lb/>
Erſcheinung ſey.</p><lb/><p>In Gaſpards Zimmer verließ ihn Auguſti<lb/>ſchnell, um ihn anzukündigen und — allein zu<lb/>
laſſen. In ſeinem Leben gieng jetzt ein langer<lb/>
Donner; kam er vom Himmel, von einem<lb/>
Strome, oder nur von einer Mühle, das wußt'<lb/>
er noch nicht. Julienne ſtürzte weinend herein,<lb/>
konnte nicht ſprechen vor heftigem Herzen:<lb/>„Du gehſt fort?“ fragte ſie. „Ja!“ſagt' er<lb/>
und bat ſie ſehr, weniger heftig zu ſeyn; denn<lb/>
er wußte, wie leicht ihn fremder Ungeſtüm an¬<lb/>ſteckte, da er ohne Zorn nicht einmal lange<lb/>
Schach ſpielen oder fechten konnte. Sie flehte<lb/>
ihn noch heftiger, nur zu bleiben, bis Gaſpard<lb/>
wieder komme. —„Kommt er wieder?“ fragte<lb/>
Albano. „Wie anders? Aber die Unwürdige<lb/>
nicht“ſagte ſie. — (verſetzt' er ernſt,)<lb/>
o ſey nicht ſo hart gegen Sie wie das Schickſal<lb/>— und laſſe mich ſchweigen!“—„Ich haſſe<lb/>
jetzt alle Männer und Dich auch (ſagte ſie).<lb/>
Das kommt aus poetiſchen Gemüthern heraus.<lb/>— O welche rechtſchaffene Braut hätte ſich ſo<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[442/0454]
ſchluß; auch ſah er aus der kühnen Wahl des
Boten, wie wichtig der armen Schweſter ſeine
Erſcheinung ſey.
In Gaſpards Zimmer verließ ihn Auguſti
ſchnell, um ihn anzukündigen und — allein zu
laſſen. In ſeinem Leben gieng jetzt ein langer
Donner; kam er vom Himmel, von einem
Strome, oder nur von einer Mühle, das wußt'
er noch nicht. Julienne ſtürzte weinend herein,
konnte nicht ſprechen vor heftigem Herzen:
„Du gehſt fort?“ fragte ſie. „Ja!“ ſagt' er
und bat ſie ſehr, weniger heftig zu ſeyn; denn
er wußte, wie leicht ihn fremder Ungeſtüm an¬
ſteckte, da er ohne Zorn nicht einmal lange
Schach ſpielen oder fechten konnte. Sie flehte
ihn noch heftiger, nur zu bleiben, bis Gaſpard
wieder komme. — „Kommt er wieder?“ fragte
Albano. „Wie anders? Aber die Unwürdige
nicht“ ſagte ſie. — (verſetzt' er ernſt,)
o ſey nicht ſo hart gegen Sie wie das Schickſal
— und laſſe mich ſchweigen!“ — „Ich haſſe
jetzt alle Männer und Dich auch (ſagte ſie).
Das kommt aus poetiſchen Gemüthern heraus.
— O welche rechtſchaffene Braut hätte ſich ſo
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/454>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.