(sagte Dian,) dreißig Spannen tief liegt's un¬ ter dem Fuß." -- "Wo ist das große freie Volk, der Senat aus Königen, die Stimme der Redner, der Zug auf das Kapitolium? Begraben unter den Scherbenberg. O Dian, wie kann ein Mensch, der in Rom einen Vater, eine Geliebte verliert, eine einzige Thräne ver¬ giessen und bestürzt um sich sehen, wenn er hierhertritt, vor dieses Schlachtfeld der Zeit, und hineinschauet ins Gebeinhaus der Völ¬ ker? -- Dian, hier wünschte man ein eiser¬ nes Herz, denn das Schicksal hat eine eiserne Hand!" --
Dian, der sich nirgends ungerner als auf solchen tragischen, gleichsam ins Meer der Ewig¬ keit hineinhängenden Klippen aufhielt, sprang immer mit einem Scherze davon; wie die Grie¬ chen mischte er Tänze ins Trauerspiel: "man¬ ches konservirt sich, Freund! (sagt' er,) dort in der Adrians-Kirche werden Euch noch von drei Männern die Knochen gewiesen, die im Feuer gewesen." -- "Das ist eben (versetzte Albano,) das fürchterliche Spiel des Schick¬ sals, daß es mit den zu Sklaven geschor¬
Titan IV. C
(ſagte Dian,) dreißig Spannen tief liegt's un¬ ter dem Fuß.“ — „Wo iſt das große freie Volk, der Senat aus Königen, die Stimme der Redner, der Zug auf das Kapitolium? Begraben unter den Scherbenberg. O Dian, wie kann ein Menſch, der in Rom einen Vater, eine Geliebte verliert, eine einzige Thräne ver¬ gieſſen und beſtürzt um ſich ſehen, wenn er hierhertritt, vor dieſes Schlachtfeld der Zeit, und hineinſchauet ins Gebeinhaus der Völ¬ ker? — Dian, hier wünſchte man ein eiſer¬ nes Herz, denn das Schickſal hat eine eiſerne Hand!“ —
Dian, der ſich nirgends ungerner als auf ſolchen tragiſchen, gleichſam ins Meer der Ewig¬ keit hineinhängenden Klippen aufhielt, ſprang immer mit einem Scherze davon; wie die Grie¬ chen miſchte er Tänze ins Trauerſpiel: „man¬ ches konſervirt ſich, Freund! (ſagt' er,) dort in der Adrians-Kirche werden Euch noch von drei Männern die Knochen gewieſen, die im Feuer geweſen.“ — „Das iſt eben (verſetzte Albano,) das fürchterliche Spiel des Schick¬ ſals, daß es mit den zu Sklaven geſchor¬
Titan IV. C
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(ſagte Dian,) dreißig Spannen tief liegt's un¬
ter dem Fuß.“ — „Wo iſt das große freie
Volk, der Senat aus Königen, die Stimme
der Redner, der Zug auf das Kapitolium?
Begraben unter den Scherbenberg. O Dian, wie
kann ein Menſch, der in Rom einen Vater,
eine Geliebte verliert, eine einzige Thräne ver¬
gieſſen und beſtürzt um ſich ſehen, wenn er
hierhertritt, vor dieſes Schlachtfeld der Zeit,
und hineinſchauet ins Gebeinhaus der Völ¬
ker? — Dian, hier wünſchte man ein eiſer¬
nes Herz, denn das Schickſal hat eine eiſerne
Hand!“ —
Dian, der ſich nirgends ungerner als auf
ſolchen tragiſchen, gleichſam ins Meer der Ewig¬
keit hineinhängenden Klippen aufhielt, ſprang
immer mit einem Scherze davon; wie die Grie¬
chen miſchte er Tänze ins Trauerſpiel: „man¬
ches konſervirt ſich, Freund! (ſagt' er,) dort
in der Adrians-Kirche werden Euch noch von
drei Männern die Knochen gewieſen, die im
Feuer geweſen.“ — „Das iſt eben (verſetzte
Albano,) das fürchterliche Spiel des Schick¬
ſals, daß es mit den zu Sklaven geſchor¬
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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/45>, abgerufen am 18.12.2024.
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