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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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die P.inzessinn nur in rachsüchtigen Einflößun¬
gen der Fürstinn suchen konnte.

"Ganz!" antwortete sie stark. "Ihnen glaub'
ich gern," versetzte Idoine, mit den Lauten ei¬
lend, aber mit Blicken ruhend. Sie sah die
Schwester Albano's immer länger an -- die
großen blauen Augen schimmerten stärker --
Minervens Helm war vom jungfräulichen Haup¬
te abgehoben -- das sanfte Angesicht erschien
lieblich, ruhig, klar, nicht stärker bewegt als
es ein Gebet vor Gott erlaubt, und so wenig
begehrend wie eine Verklärte, und doch immer
himmlischer glänzend -- Juliennens schönes Herz
stürmte auf, sie sah Liane wieder, als sey sie
vom Himmel gekommen, den geliebten Men¬
schen an einem neuen Herzen einzusegnen; --
sie sagte mit Thränen: "Du, Du hast Ihm
einst den Frieden gegeben." -- Idoine wurde
überrascht -- aus ihren hellen Augen drangen
zwei Thränen -- mit Nachdruck antwortete sie:
"gegeben" -- erschrocken und heftig drückte
sie sich an die Freundinn -- sagte: "ich liebte
Sie schon lange" und weiter sprachen sie
nichts.

die P.inzeſſinn nur in rachſüchtigen Einflößun¬
gen der Fürſtinn ſuchen konnte.

„Ganz!“ antwortete ſie ſtark. „Ihnen glaub'
ich gern,“ verſetzte Idoine, mit den Lauten ei¬
lend, aber mit Blicken ruhend. Sie ſah die
Schweſter Albano's immer länger an — die
großen blauen Augen ſchimmerten ſtärker —
Minervens Helm war vom jungfräulichen Haup¬
te abgehoben — das ſanfte Angeſicht erſchien
lieblich, ruhig, klar, nicht ſtärker bewegt als
es ein Gebet vor Gott erlaubt, und ſo wenig
begehrend wie eine Verklärte, und doch immer
himmliſcher glänzend — Juliennens ſchönes Herz
ſtürmte auf, ſie ſah Liane wieder, als ſey ſie
vom Himmel gekommen, den geliebten Men¬
ſchen an einem neuen Herzen einzuſegnen; —
ſie ſagte mit Thränen: „Du, Du haſt Ihm
einſt den Frieden gegeben.“ — Idoine wurde
überraſcht — aus ihren hellen Augen drangen
zwei Thränen — mit Nachdruck antwortete ſie:
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[342/0354] die P.inzeſſinn nur in rachſüchtigen Einflößun¬ gen der Fürſtinn ſuchen konnte. „Ganz!“ antwortete ſie ſtark. „Ihnen glaub' ich gern,“ verſetzte Idoine, mit den Lauten ei¬ lend, aber mit Blicken ruhend. Sie ſah die Schweſter Albano's immer länger an — die großen blauen Augen ſchimmerten ſtärker — Minervens Helm war vom jungfräulichen Haup¬ te abgehoben — das ſanfte Angeſicht erſchien lieblich, ruhig, klar, nicht ſtärker bewegt als es ein Gebet vor Gott erlaubt, und ſo wenig begehrend wie eine Verklärte, und doch immer himmliſcher glänzend — Juliennens ſchönes Herz ſtürmte auf, ſie ſah Liane wieder, als ſey ſie vom Himmel gekommen, den geliebten Men¬ ſchen an einem neuen Herzen einzuſegnen; — ſie ſagte mit Thränen: „Du, Du haſt Ihm einſt den Frieden gegeben.“ — Idoine wurde überraſcht — aus ihren hellen Augen drangen zwei Thränen — mit Nachdruck antwortete ſie: „gegeben“ — erſchrocken und heftig drückte ſie ſich an die Freundinn — ſagte: „ich liebte Sie ſchon lange“ und weiter ſprachen ſie nichts.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/354>, abgerufen am 22.11.2024.