die P.inzessinn nur in rachsüchtigen Einflößun¬ gen der Fürstinn suchen konnte.
"Ganz!" antwortete sie stark. "Ihnen glaub' ich gern," versetzte Idoine, mit den Lauten ei¬ lend, aber mit Blicken ruhend. Sie sah die Schwester Albano's immer länger an -- die großen blauen Augen schimmerten stärker -- Minervens Helm war vom jungfräulichen Haup¬ te abgehoben -- das sanfte Angesicht erschien lieblich, ruhig, klar, nicht stärker bewegt als es ein Gebet vor Gott erlaubt, und so wenig begehrend wie eine Verklärte, und doch immer himmlischer glänzend -- Juliennens schönes Herz stürmte auf, sie sah Liane wieder, als sey sie vom Himmel gekommen, den geliebten Men¬ schen an einem neuen Herzen einzusegnen; -- sie sagte mit Thränen: "Du, Du hast Ihm einst den Frieden gegeben." -- Idoine wurde überrascht -- aus ihren hellen Augen drangen zwei Thränen -- mit Nachdruck antwortete sie: "gegeben" -- erschrocken und heftig drückte sie sich an die Freundinn -- sagte: "ich liebte Sie schon lange" und weiter sprachen sie nichts.
die P.inzeſſinn nur in rachſüchtigen Einflößun¬ gen der Fürſtinn ſuchen konnte.
„Ganz!“ antwortete ſie ſtark. „Ihnen glaub' ich gern,“ verſetzte Idoine, mit den Lauten ei¬ lend, aber mit Blicken ruhend. Sie ſah die Schweſter Albano's immer länger an — die großen blauen Augen ſchimmerten ſtärker — Minervens Helm war vom jungfräulichen Haup¬ te abgehoben — das ſanfte Angeſicht erſchien lieblich, ruhig, klar, nicht ſtärker bewegt als es ein Gebet vor Gott erlaubt, und ſo wenig begehrend wie eine Verklärte, und doch immer himmliſcher glänzend — Juliennens ſchönes Herz ſtürmte auf, ſie ſah Liane wieder, als ſey ſie vom Himmel gekommen, den geliebten Men¬ ſchen an einem neuen Herzen einzuſegnen; — ſie ſagte mit Thränen: „Du, Du haſt Ihm einſt den Frieden gegeben.“ — Idoine wurde überraſcht — aus ihren hellen Augen drangen zwei Thränen — mit Nachdruck antwortete ſie: „gegeben“ — erſchrocken und heftig drückte ſie ſich an die Freundinn — ſagte: „ich liebte Sie ſchon lange“ und weiter ſprachen ſie nichts.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0354"n="342"/>
die P.inzeſſinn nur in rachſüchtigen Einflößun¬<lb/>
gen der Fürſtinn ſuchen konnte.</p><lb/><p>„Ganz!“ antwortete ſie ſtark. „Ihnen glaub'<lb/>
ich gern,“ verſetzte Idoine, mit den Lauten ei¬<lb/>
lend, aber mit Blicken ruhend. Sie ſah die<lb/>
Schweſter Albano's immer länger an — die<lb/>
großen blauen Augen ſchimmerten ſtärker —<lb/>
Minervens Helm war vom jungfräulichen Haup¬<lb/>
te abgehoben — das ſanfte Angeſicht erſchien<lb/>
lieblich, ruhig, klar, nicht ſtärker bewegt als<lb/>
es ein Gebet vor Gott erlaubt, und ſo wenig<lb/>
begehrend wie eine Verklärte, und doch immer<lb/>
himmliſcher glänzend — Juliennens ſchönes Herz<lb/>ſtürmte auf, ſie ſah Liane wieder, als ſey ſie<lb/>
vom Himmel gekommen, den geliebten Men¬<lb/>ſchen an einem neuen Herzen einzuſegnen; —<lb/>ſie ſagte mit Thränen: „Du, Du haſt Ihm<lb/>
einſt den Frieden gegeben.“— Idoine wurde<lb/>
überraſcht — aus ihren hellen Augen drangen<lb/>
zwei Thränen — mit Nachdruck antwortete ſie:<lb/>„<hirendition="#g">gegeben</hi>“— erſchrocken und heftig drückte<lb/>ſie ſich an die Freundinn —ſagte: „ich liebte<lb/>
Sie ſchon lange“ und weiter ſprachen ſie<lb/>
nichts.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[342/0354]
die P.inzeſſinn nur in rachſüchtigen Einflößun¬
gen der Fürſtinn ſuchen konnte.
„Ganz!“ antwortete ſie ſtark. „Ihnen glaub'
ich gern,“ verſetzte Idoine, mit den Lauten ei¬
lend, aber mit Blicken ruhend. Sie ſah die
Schweſter Albano's immer länger an — die
großen blauen Augen ſchimmerten ſtärker —
Minervens Helm war vom jungfräulichen Haup¬
te abgehoben — das ſanfte Angeſicht erſchien
lieblich, ruhig, klar, nicht ſtärker bewegt als
es ein Gebet vor Gott erlaubt, und ſo wenig
begehrend wie eine Verklärte, und doch immer
himmliſcher glänzend — Juliennens ſchönes Herz
ſtürmte auf, ſie ſah Liane wieder, als ſey ſie
vom Himmel gekommen, den geliebten Men¬
ſchen an einem neuen Herzen einzuſegnen; —
ſie ſagte mit Thränen: „Du, Du haſt Ihm
einſt den Frieden gegeben.“ — Idoine wurde
überraſcht — aus ihren hellen Augen drangen
zwei Thränen — mit Nachdruck antwortete ſie:
„gegeben“ — erſchrocken und heftig drückte
ſie ſich an die Freundinn — ſagte: „ich liebte
Sie ſchon lange“ und weiter ſprachen ſie
nichts.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/354>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.