lebhaften Bewegung, worein die vorige Rede sie gesetzt, sondern mit einem edlen Zürnen, das aus der schönen Jungfrau einen schönen Jüngling machte und ihr Minervens Helm auf¬ setzte, erklärte sie der hohen Gegnerin, die we¬ niger durch fremde Heftigkeit als durch fremde Gesinnung aufzureizen war, diesen Krieg: gewiß sey nur ihre Abneigung gegen die "Priester" an der zweiten Abneigung gegen die Ehe schuld -- sey denn das Eheband etwas anders als ewige Liebe, und halte sich nicht jede rechte für eine ewige? -- eine Liebe, die einmal zu ster¬ ben glaube, sey schon todt und die ewig zu le¬ ben fürchte, fürchte umsonst -- wenn sogar Freunde am Altare verbunden würden, wie ir¬ gendwo geschehen soll*), sie würden höchstens sich nur noch heiliger binden und lieben -- man zähle eben so viele wo nicht mehrere un¬ glückliche Liebeshändel als unglückliche Ehen -- man könne zwar eine Mutter, aber nicht ein Vater seyn ohne die Ehe und dieser müsse jene
*) Bei den Morlacken. S. Sitten der Morlacken. Aus d. Italien. 1775.
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lebhaften Bewegung, worein die vorige Rede ſie geſetzt, ſondern mit einem edlen Zürnen, das aus der ſchönen Jungfrau einen ſchönen Jüngling machte und ihr Minervens Helm auf¬ ſetzte, erklärte ſie der hohen Gegnerin, die we¬ niger durch fremde Heftigkeit als durch fremde Geſinnung aufzureizen war, dieſen Krieg: gewiß ſey nur ihre Abneigung gegen die „Prieſter“ an der zweiten Abneigung gegen die Ehe ſchuld — ſey denn das Eheband etwas anders als ewige Liebe, und halte ſich nicht jede rechte für eine ewige? — eine Liebe, die einmal zu ſter¬ ben glaube, ſey ſchon todt und die ewig zu le¬ ben fürchte, fürchte umſonst — wenn ſogar Freunde am Altare verbunden würden, wie ir¬ gendwo geſchehen ſoll*), ſie würden höchſtens ſich nur noch heiliger binden und lieben — man zähle eben ſo viele wo nicht mehrere un¬ glückliche Liebeshändel als unglückliche Ehen — man könne zwar eine Mutter, aber nicht ein Vater ſeyn ohne die Ehe und dieſer müſſe jene
*) Bei den Morlacken. S. Sitten der Morlacken. Aus d. Italien. 1775.
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lebhaften Bewegung, worein die vorige Rede
ſie geſetzt, ſondern mit einem edlen Zürnen,
das aus der ſchönen Jungfrau einen ſchönen
Jüngling machte und ihr Minervens Helm auf¬
ſetzte, erklärte ſie der hohen Gegnerin, die we¬
niger durch fremde Heftigkeit als durch fremde
Geſinnung aufzureizen war, dieſen Krieg: gewiß
ſey nur ihre Abneigung gegen die „Prieſter“
an der zweiten Abneigung gegen die Ehe ſchuld
— ſey denn das Eheband etwas anders als
ewige Liebe, und halte ſich nicht jede rechte für
eine ewige? — eine Liebe, die einmal zu ſter¬
ben glaube, ſey ſchon todt und die ewig zu le¬
ben fürchte, fürchte umſonst — wenn ſogar
Freunde am Altare verbunden würden, wie ir¬
gendwo geſchehen ſoll *), ſie würden höchſtens
ſich nur noch heiliger binden und lieben —
man zähle eben ſo viele wo nicht mehrere un¬
glückliche Liebeshändel als unglückliche Ehen —
man könne zwar eine Mutter, aber nicht ein
Vater ſeyn ohne die Ehe und dieſer müſſe jene
*)
Bei den Morlacken. S. Sitten der Morlacken.
Aus d. Italien. 1775.
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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/351>, abgerufen am 25.11.2024.
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