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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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aufgeweichten Boden für ihre Wurzeln finden
würden. Durch die leichte Wendung eines Lobs,
das sie Idoinen über ihren muthigen Wider¬
stand gegen das Schiffziehen in einer verha߬
ten Fürsten-Ehe und über den Gewinn eines
ewigen Jugendlebens gab, brachte sie die Grä¬
finn dazu, ihren ketzerischen Haß gegen die
Ehe zu offenbaren und zu sagen, daß diese die
Blume mit einem scharfen Eisenringe an ihren
Stab peinlich gefangen lege -- daß Liebe ohne
Freiheit und aus Pflicht nichts sey als Heuche¬
lei und Haß -- und daß das Handeln nach
der sogenannten Moral so viel sey als wenn
einer nach der Logik, die er vor sich hätte, den¬
ken oder dichten wollte und daß die Energie,
der Wille, das Herz der Liebe etwas Höheres
sey als Moral und Logik.

Jetzt kam ein Briefchen von der Ministe¬
rinn, worin sie ihre heutige Abwesenheit mit dem zu
traurigen Abschiede entschuldigte, den ihr Sohn
diesen Abend so sonderbar und wie auf immer
von ihr genommen. So viele stille Gedanken
auch diese Nachricht in Julienne und Linda
nachließ: Idoine kam durch sie nicht aus der

aufgeweichten Boden für ihre Wurzeln finden
würden. Durch die leichte Wendung eines Lobs,
das ſie Idoinen über ihren muthigen Wider¬
ſtand gegen das Schiffziehen in einer verha߬
ten Fürſten-Ehe und über den Gewinn eines
ewigen Jugendlebens gab, brachte ſie die Grä¬
finn dazu, ihren ketzeriſchen Haß gegen die
Ehe zu offenbaren und zu ſagen, daß dieſe die
Blume mit einem ſcharfen Eiſenringe an ihren
Stab peinlich gefangen lege — daß Liebe ohne
Freiheit und aus Pflicht nichts ſey als Heuche¬
lei und Haß — und daß das Handeln nach
der ſogenannten Moral ſo viel ſey als wenn
einer nach der Logik, die er vor ſich hätte, den¬
ken oder dichten wollte und daß die Energie,
der Wille, das Herz der Liebe etwas Höheres
ſey als Moral und Logik.

Jetzt kam ein Briefchen von der Miniſte¬
rinn, worin ſie ihre heutige Abweſenheit mit dem zu
traurigen Abſchiede entſchuldigte, den ihr Sohn
dieſen Abend ſo ſonderbar und wie auf immer
von ihr genommen. So viele ſtille Gedanken
auch dieſe Nachricht in Julienne und Linda
nachließ: Idoine kam durch ſie nicht aus der

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[338/0350] aufgeweichten Boden für ihre Wurzeln finden würden. Durch die leichte Wendung eines Lobs, das ſie Idoinen über ihren muthigen Wider¬ ſtand gegen das Schiffziehen in einer verha߬ ten Fürſten-Ehe und über den Gewinn eines ewigen Jugendlebens gab, brachte ſie die Grä¬ finn dazu, ihren ketzeriſchen Haß gegen die Ehe zu offenbaren und zu ſagen, daß dieſe die Blume mit einem ſcharfen Eiſenringe an ihren Stab peinlich gefangen lege — daß Liebe ohne Freiheit und aus Pflicht nichts ſey als Heuche¬ lei und Haß — und daß das Handeln nach der ſogenannten Moral ſo viel ſey als wenn einer nach der Logik, die er vor ſich hätte, den¬ ken oder dichten wollte und daß die Energie, der Wille, das Herz der Liebe etwas Höheres ſey als Moral und Logik. Jetzt kam ein Briefchen von der Miniſte¬ rinn, worin ſie ihre heutige Abweſenheit mit dem zu traurigen Abſchiede entſchuldigte, den ihr Sohn dieſen Abend ſo ſonderbar und wie auf immer von ihr genommen. So viele ſtille Gedanken auch dieſe Nachricht in Julienne und Linda nachließ: Idoine kam durch ſie nicht aus der

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/350>, abgerufen am 22.11.2024.