fühlten sich wunderbar-beklommen -- den ste¬ henden See einer schwülen Schwefelluft glaubt' man zu durchwaten, die sein Vater den Schwe¬ felhütten zu Baccano zuschrieb -- er lechzete nach dem Schnee auf den fernen Bergen -- der Himmel war schwarzblau und still -- ein¬ zelne hohe Wolken flogen pfeilschnell durch die stille Wüste -- ein Mann in der Ferne setzte eine ausgegrabene Urne wieder hin und betete, ängstlich gen Himmel blickend, seinen Rosen¬ kranz -- Albano wandte sich nach den Gebür¬ gen, denen die Abendsonne, wie aufgelöset in stechendem Glanz, zusank. -- Auf einmal ließ der Ritter den Postillon halten, der heftig die Arme, da es unter dem Wagen noch fortrollte, gen Himmel warf und rief: Heilige Mutter Gottes, ein Erdbeben! Aber Gaspard berührte den sonnentrunknen Sohn und sagte zeigend: ecco Roma! -- Albano blickte hin und sah in tiefer Ferne die Kuppel der Peterskirche im Sonnenglanz. Die Sonne gieng unter, die Erde bebte noch einmal, aber in seinem Geiste war nichts als Rom.
fühlten ſich wunderbar-beklommen — den ſte¬ henden See einer ſchwülen Schwefelluft glaubt' man zu durchwaten, die ſein Vater den Schwe¬ felhütten zu Baccano zuſchrieb — er lechzete nach dem Schnee auf den fernen Bergen — der Himmel war ſchwarzblau und ſtill — ein¬ zelne hohe Wolken flogen pfeilſchnell durch die ſtille Wüſte — ein Mann in der Ferne ſetzte eine ausgegrabene Urne wieder hin und betete, ängſtlich gen Himmel blickend, ſeinen Roſen¬ kranz — Albano wandte ſich nach den Gebür¬ gen, denen die Abendſonne, wie aufgelöſet in ſtechendem Glanz, zuſank. — Auf einmal ließ der Ritter den Poſtillon halten, der heftig die Arme, da es unter dem Wagen noch fortrollte, gen Himmel warf und rief: Heilige Mutter Gottes, ein Erdbeben! Aber Gaſpard berührte den ſonnentrunknen Sohn und ſagte zeigend: ecco Roma! — Albano blickte hin und ſah in tiefer Ferne die Kuppel der Peterskirche im Sonnenglanz. Die Sonne gieng unter, die Erde bebte noch einmal, aber in ſeinem Geiſte war nichts als Rom.
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man zu durchwaten, die ſein Vater den Schwe¬
felhütten zu Baccano zuſchrieb — er lechzete
nach dem Schnee auf den fernen Bergen —
der Himmel war ſchwarzblau und ſtill — ein¬
zelne hohe Wolken flogen pfeilſchnell durch die
ſtille Wüſte — ein Mann in der Ferne ſetzte
eine ausgegrabene Urne wieder hin und betete,
ängſtlich gen Himmel blickend, ſeinen Roſen¬
kranz — Albano wandte ſich nach den Gebür¬
gen, denen die Abendſonne, wie aufgelöſet in
ſtechendem Glanz, zuſank. — Auf einmal ließ
der Ritter den Poſtillon halten, der heftig die
Arme, da es unter dem Wagen noch fortrollte,
gen Himmel warf und rief: Heilige Mutter
Gottes, ein Erdbeben! Aber Gaſpard berührte
den ſonnentrunknen Sohn und ſagte zeigend:
ecco Roma! — Albano blickte hin und ſah in
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Sonnenglanz. Die Sonne gieng unter, die
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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/33>, abgerufen am 21.11.2024.
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