eine schönere Frucht- und Blumenschnur hin -- für einen Wagen, der vorausgeht -- als ein Paar Wagen, die nachkommen. Welche Ge¬ meinschaft der Freude und Gefahr im Nacht¬ quartier! Welches Besprechen der Marschroute! Welche Freude über die nach- und vorfahren¬ den Avanturen, nehmlich über die Berichte da¬ von! Und wie liebt einer den andern!
Nur gegen Bouverot bewies Albano eine feste Kälte; aber der Ritter war freundlich. Albano, mehr unter Büchern als unter Men¬ schen aufgewachsen, wunderte sich oft, daß ihm in jenen die Verschiedenheit der Meinungen so leicht vorübergieng, die ihn unter diesen so scharf anfiel. Am Ende fragt' ihn einmal sein Vater: "Warum benimmst du dich gegen Herrn v. Bouverot so fremd? Nichts erbittert mehr als ein besonnenes stilles Hassen, das leiden¬ schaftlichste weit weniger." -- "Weil es mein Gesetz ist, (antwortete er,) die ewige Unwahr¬ heit der Menschen in ihren Verbindungen zu fliehen und zu hassen. Aus bloßer Humanität sich Ungleichen gleich stellen, einem irgend einer Absicht wegen ein freundliches Gesicht machen,
eine ſchönere Frucht- und Blumenſchnur hin — für einen Wagen, der vorausgeht — als ein Paar Wagen, die nachkommen. Welche Ge¬ meinſchaft der Freude und Gefahr im Nacht¬ quartier! Welches Beſprechen der Marſchroute! Welche Freude über die nach- und vorfahren¬ den Avanturen, nehmlich über die Berichte da¬ von! Und wie liebt einer den andern!
Nur gegen Bouverot bewies Albano eine feſte Kälte; aber der Ritter war freundlich. Albano, mehr unter Büchern als unter Men¬ ſchen aufgewachſen, wunderte ſich oft, daß ihm in jenen die Verſchiedenheit der Meinungen ſo leicht vorübergieng, die ihn unter dieſen ſo ſcharf anfiel. Am Ende fragt' ihn einmal ſein Vater: „Warum benimmſt du dich gegen Herrn v. Bouverot ſo fremd? Nichts erbittert mehr als ein beſonnenes ſtilles Haſſen, das leiden¬ ſchaftlichſte weit weniger.“ — „Weil es mein Geſetz iſt, (antwortete er,) die ewige Unwahr¬ heit der Menſchen in ihren Verbindungen zu fliehen und zu haſſen. Aus bloßer Humanität ſich Ungleichen gleich ſtellen, einem irgend einer Abſicht wegen ein freundliches Geſicht machen,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0030"n="18"/>
eine ſchönere Frucht- und Blumenſchnur hin —<lb/>
für einen Wagen, der vorausgeht — als ein<lb/>
Paar Wagen, die nachkommen. Welche Ge¬<lb/>
meinſchaft der Freude und Gefahr im Nacht¬<lb/>
quartier! Welches Beſprechen der Marſchroute!<lb/>
Welche Freude über die nach- und vorfahren¬<lb/>
den Avanturen, nehmlich über die Berichte da¬<lb/>
von! Und wie liebt einer den andern!</p><lb/><p>Nur gegen Bouverot bewies Albano eine<lb/>
feſte Kälte; aber der Ritter war freundlich.<lb/>
Albano, mehr unter Büchern als unter Men¬<lb/>ſchen aufgewachſen, wunderte ſich oft, daß ihm<lb/>
in jenen die Verſchiedenheit der Meinungen ſo<lb/>
leicht vorübergieng, die ihn unter dieſen ſo<lb/>ſcharf anfiel. Am Ende fragt' ihn einmal ſein<lb/>
Vater: „Warum benimmſt du dich gegen Herrn<lb/>
v. Bouverot ſo fremd? Nichts erbittert mehr<lb/>
als ein beſonnenes ſtilles Haſſen, das leiden¬<lb/>ſchaftlichſte weit weniger.“—„Weil es mein<lb/>
Geſetz iſt, (antwortete er,) die ewige Unwahr¬<lb/>
heit der Menſchen in ihren Verbindungen zu<lb/>
fliehen und zu haſſen. Aus bloßer Humanität<lb/>ſich Ungleichen gleich ſtellen, einem irgend einer<lb/>
Abſicht wegen ein freundliches Geſicht machen,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[18/0030]
eine ſchönere Frucht- und Blumenſchnur hin —
für einen Wagen, der vorausgeht — als ein
Paar Wagen, die nachkommen. Welche Ge¬
meinſchaft der Freude und Gefahr im Nacht¬
quartier! Welches Beſprechen der Marſchroute!
Welche Freude über die nach- und vorfahren¬
den Avanturen, nehmlich über die Berichte da¬
von! Und wie liebt einer den andern!
Nur gegen Bouverot bewies Albano eine
feſte Kälte; aber der Ritter war freundlich.
Albano, mehr unter Büchern als unter Men¬
ſchen aufgewachſen, wunderte ſich oft, daß ihm
in jenen die Verſchiedenheit der Meinungen ſo
leicht vorübergieng, die ihn unter dieſen ſo
ſcharf anfiel. Am Ende fragt' ihn einmal ſein
Vater: „Warum benimmſt du dich gegen Herrn
v. Bouverot ſo fremd? Nichts erbittert mehr
als ein beſonnenes ſtilles Haſſen, das leiden¬
ſchaftlichſte weit weniger.“ — „Weil es mein
Geſetz iſt, (antwortete er,) die ewige Unwahr¬
heit der Menſchen in ihren Verbindungen zu
fliehen und zu haſſen. Aus bloßer Humanität
ſich Ungleichen gleich ſtellen, einem irgend einer
Abſicht wegen ein freundliches Geſicht machen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/30>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.