Zucker schlug, blitzten sie mir vorüber. Ich habe nie gespielt, sondern früh gelesen. Da ich sehr ernst war und meine Gestalt sich zeitig entwickelte, so wurd' ich früh als eine Erwach¬ sene behandelt und ich begehrt' es auch. Nie¬ mand war mir ernst genug, außer der Vor¬ mund, der mit heimlicher Hand meine Entwick¬ lung regierte. Vor Büchern und im Reisewa¬ gen da vergieng mein erstes Leben. Ich be¬ neidete die Männer um ihr Wissen und ihre Freiheit, aber sie gefielen mir nicht, die Weiber noch weniger. Ich galt für stolz -- und frü¬ her war ich's auch -- und für phantastisch; ich nahm es nicht übel, und sagte: ihr habt euere Weise und ich meine." -- -- Durch Dian und Julienne wurde die Erzählung gestöhrt.
118. Zykel.
Die erste einsame Minute, die Albano mit seiner Schwester fand, legte er zur Nachfrage über ihre lateinische Nachricht an, daß Lin¬ da's Vater gerade an ihrem Hochzeittage er¬ scheinen würde; aber sie verwies ihn auf seinen eignen, der ihm alles über Linda's ihren sagen
könne
Zucker ſchlug, blitzten ſie mir vorüber. Ich habe nie geſpielt, ſondern früh geleſen. Da ich ſehr ernſt war und meine Geſtalt ſich zeitig entwickelte, ſo wurd' ich früh als eine Erwach¬ ſene behandelt und ich begehrt' es auch. Nie¬ mand war mir ernſt genug, außer der Vor¬ mund, der mit heimlicher Hand meine Entwick¬ lung regierte. Vor Büchern und im Reiſewa¬ gen da vergieng mein erſtes Leben. Ich be¬ neidete die Männer um ihr Wiſſen und ihre Freiheit, aber ſie gefielen mir nicht, die Weiber noch weniger. Ich galt für ſtolz — und frü¬ her war ich's auch — und für phantaſtiſch; ich nahm es nicht übel, und ſagte: ihr habt euere Weiſe und ich meine.“ — — Durch Dian und Julienne wurde die Erzählung geſtöhrt.
118. Zykel.
Die erſte einſame Minute, die Albano mit ſeiner Schweſter fand, legte er zur Nachfrage über ihre lateiniſche Nachricht an, daß Lin¬ da's Vater gerade an ihrem Hochzeittage er¬ ſcheinen würde; aber ſie verwies ihn auf ſeinen eignen, der ihm alles über Linda's ihren ſagen
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Zucker ſchlug, blitzten ſie mir vorüber. Ich
habe nie geſpielt, ſondern früh geleſen. Da ich
ſehr ernſt war und meine Geſtalt ſich zeitig
entwickelte, ſo wurd' ich früh als eine Erwach¬
ſene behandelt und ich begehrt' es auch. Nie¬
mand war mir ernſt genug, außer der Vor¬
mund, der mit heimlicher Hand meine Entwick¬
lung regierte. Vor Büchern und im Reiſewa¬
gen da vergieng mein erſtes Leben. Ich be¬
neidete die Männer um ihr Wiſſen und ihre
Freiheit, aber ſie gefielen mir nicht, die Weiber
noch weniger. Ich galt für ſtolz — und frü¬
her war ich's auch — und für phantaſtiſch; ich
nahm es nicht übel, und ſagte: ihr habt euere
Weiſe und ich meine.“ — — Durch Dian und
Julienne wurde die Erzählung geſtöhrt.
118. Zykel.
Die erſte einſame Minute, die Albano mit
ſeiner Schweſter fand, legte er zur Nachfrage
über ihre lateiniſche Nachricht an, daß Lin¬
da's Vater gerade an ihrem Hochzeittage er¬
ſcheinen würde; aber ſie verwies ihn auf ſeinen
eignen, der ihm alles über Linda's ihren ſagen
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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/252>, abgerufen am 25.11.2024.
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