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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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Entschluß, recht sanft zu seyn, wurde immer
unnöthiger und unwillkührlicher. Die Insel
selber lösete schon mit ihren Frühlingen aus
Düften und mit dem fernen Kranz aus Alpen
die Seele auf. Im vorigen Jahre hatt' er sie
mehr in Blättern als in Blüthen gesehen. Es
war ja sein Kindheitsland -- an vielen Plä¬
tzen an der See schimmerten ihm Sterne aus
einer tiefen nachmitternächtlichen Lebens-Frühe
herauf -- hier hatt' er zuerst seinen Vater ge¬
funden, und zuerst Linda's Gestalt über den
Wellen gesehen -- hier findet und verliert er
sie nach der längsten Trennung wieder für eine
noch längere -- und hier steht er im Thore
zwischen Norden und Süden. Das freie duf¬
tende Land voll Inseln, die Himmelsleiter des
Lebens steigt ihm in den Äther zurück und er
geht herab in ein kaltes voll Zwang und voll
Augen -- seine Liebe wird gerichtet vom Va¬
ter, sie wird angefallen vom untergegangnen
Freund. "Ihr Tage in Ischia, (seufzte er,)
ihr Stunden auf dem Vesuv und in Tivoli,
könnet ihr umkehren? könnet ihr je wieder¬
kommen und das unersättliche Herz von neuem

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Entſchluß, recht ſanft zu ſeyn, wurde immer
unnöthiger und unwillkührlicher. Die Inſel
ſelber löſete ſchon mit ihren Frühlingen aus
Düften und mit dem fernen Kranz aus Alpen
die Seele auf. Im vorigen Jahre hatt' er ſie
mehr in Blättern als in Blüthen geſehen. Es
war ja ſein Kindheitsland — an vielen Plä¬
tzen an der See ſchimmerten ihm Sterne aus
einer tiefen nachmitternächtlichen Lebens-Frühe
herauf — hier hatt' er zuerſt ſeinen Vater ge¬
funden, und zuerſt Linda's Geſtalt über den
Wellen geſehen — hier findet und verliert er
ſie nach der längſten Trennung wieder für eine
noch längere — und hier ſteht er im Thore
zwiſchen Norden und Süden. Das freie duf¬
tende Land voll Inſeln, die Himmelsleiter des
Lebens ſteigt ihm in den Äther zurück und er
geht herab in ein kaltes voll Zwang und voll
Augen — ſeine Liebe wird gerichtet vom Va¬
ter, ſie wird angefallen vom untergegangnen
Freund. „Ihr Tage in Iſchia, (ſeufzte er,)
ihr Stunden auf dem Veſuv und in Tivoli,
könnet ihr umkehren? könnet ihr je wieder¬
kommen und das unerſättliche Herz von neuem

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[227/0239] Entſchluß, recht ſanft zu ſeyn, wurde immer unnöthiger und unwillkührlicher. Die Inſel ſelber löſete ſchon mit ihren Frühlingen aus Düften und mit dem fernen Kranz aus Alpen die Seele auf. Im vorigen Jahre hatt' er ſie mehr in Blättern als in Blüthen geſehen. Es war ja ſein Kindheitsland — an vielen Plä¬ tzen an der See ſchimmerten ihm Sterne aus einer tiefen nachmitternächtlichen Lebens-Frühe herauf — hier hatt' er zuerſt ſeinen Vater ge¬ funden, und zuerſt Linda's Geſtalt über den Wellen geſehen — hier findet und verliert er ſie nach der längſten Trennung wieder für eine noch längere — und hier ſteht er im Thore zwiſchen Norden und Süden. Das freie duf¬ tende Land voll Inſeln, die Himmelsleiter des Lebens ſteigt ihm in den Äther zurück und er geht herab in ein kaltes voll Zwang und voll Augen — ſeine Liebe wird gerichtet vom Va¬ ter, ſie wird angefallen vom untergegangnen Freund. „Ihr Tage in Iſchia, (ſeufzte er,) ihr Stunden auf dem Veſuv und in Tivoli, könnet ihr umkehren? könnet ihr je wieder¬ kommen und das unerſättliche Herz von neuem P 2

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/239>, abgerufen am 27.11.2024.