rer warteten, begleiten -- dann sie in Rom einmal zufällig -- dann auf Isola bella zum letztenmale zufällig finden dürfte; eine sehr unfreundliche Unterwürfigkeit unter den Welt- Schein, auf welche aber Linda so stark als Ju¬ lienne drang und zu welcher selber Albano, durch seine Geburt mehr zum Standes-Zwange abgehärtet als ein bürgerlicher Jüngling von gleicher Seele leicht das schmerzliche Ja unter dem schweren Schleier aller Verhältnisse her¬ gab. Julienne entschied über alle kleinern Maa߬ regeln; sie war auf der ganzen Reise die Ge¬ schäftsträgerin der Gräfinn gewesen, die, wie sie sagte, nicht Kopf genug habe, um sich einen Hut darauf zu kaufen, so rasch, geldvergessen und träumend sey sie. Die Schwester war so munter und ganz hergestellt, sagte aber, alle fünf und dreißig heiße Quellen der Insel hät¬ ten nicht halb so viel für ihre Genesung gethan, als eben so viele Freudenthränen, die sie zum Glück vergossen habe.
Sonderbar erschien alles um sie am Reise- Morgen; ein helles warmes Gewölk' vertropfte silbern -- die Sonne schien zwischen zwei Ber¬
rer warteten, begleiten — dann ſie in Rom einmal zufällig — dann auf Isola bella zum letztenmale zufällig finden dürfte; eine ſehr unfreundliche Unterwürfigkeit unter den Welt- Schein, auf welche aber Linda ſo ſtark als Ju¬ lienne drang und zu welcher ſelber Albano, durch ſeine Geburt mehr zum Standes-Zwange abgehärtet als ein bürgerlicher Jüngling von gleicher Seele leicht das ſchmerzliche Ja unter dem ſchweren Schleier aller Verhältniſſe her¬ gab. Julienne entſchied über alle kleinern Maa߬ regeln; ſie war auf der ganzen Reiſe die Ge¬ ſchäftsträgerin der Gräfinn geweſen, die, wie ſie ſagte, nicht Kopf genug habe, um ſich einen Hut darauf zu kaufen, ſo raſch, geldvergeſſen und träumend ſey ſie. Die Schweſter war ſo munter und ganz hergeſtellt, ſagte aber, alle fünf und dreißig heiße Quellen der Inſel hät¬ ten nicht halb ſo viel für ihre Geneſung gethan, als eben ſo viele Freudenthränen, die ſie zum Glück vergoſſen habe.
Sonderbar erſchien alles um ſie am Reiſe- Morgen; ein helles warmes Gewölk' vertropfte ſilbern — die Sonne ſchien zwiſchen zwei Ber¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0217"n="205"/>
rer warteten, begleiten — dann ſie in Rom<lb/>
einmal zufällig — dann auf <hirendition="#aq">Isola bella</hi> zum<lb/>
letztenmale zufällig finden dürfte; eine ſehr<lb/>
unfreundliche Unterwürfigkeit unter den Welt-<lb/>
Schein, auf welche aber Linda ſo ſtark als Ju¬<lb/>
lienne drang und zu welcher ſelber Albano,<lb/>
durch ſeine Geburt mehr zum Standes-Zwange<lb/>
abgehärtet als ein bürgerlicher Jüngling von<lb/>
gleicher Seele leicht das ſchmerzliche Ja unter<lb/>
dem ſchweren Schleier aller Verhältniſſe her¬<lb/>
gab. Julienne entſchied über alle kleinern Maa߬<lb/>
regeln; ſie war auf der ganzen Reiſe die Ge¬<lb/>ſchäftsträgerin der Gräfinn geweſen, die, wie<lb/>ſie ſagte, nicht Kopf genug habe, um ſich einen<lb/>
Hut darauf zu kaufen, ſo raſch, geldvergeſſen<lb/>
und träumend ſey ſie. Die Schweſter war ſo<lb/>
munter und ganz hergeſtellt, ſagte aber, alle<lb/>
fünf und dreißig heiße Quellen der Inſel hät¬<lb/>
ten nicht halb ſo viel für ihre Geneſung gethan,<lb/>
als eben ſo viele Freudenthränen, die ſie zum<lb/>
Glück vergoſſen habe.</p><lb/><p>Sonderbar erſchien alles um ſie am Reiſe-<lb/>
Morgen; ein helles warmes Gewölk' vertropfte<lb/>ſilbern — die Sonne ſchien zwiſchen zwei Ber¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[205/0217]
rer warteten, begleiten — dann ſie in Rom
einmal zufällig — dann auf Isola bella zum
letztenmale zufällig finden dürfte; eine ſehr
unfreundliche Unterwürfigkeit unter den Welt-
Schein, auf welche aber Linda ſo ſtark als Ju¬
lienne drang und zu welcher ſelber Albano,
durch ſeine Geburt mehr zum Standes-Zwange
abgehärtet als ein bürgerlicher Jüngling von
gleicher Seele leicht das ſchmerzliche Ja unter
dem ſchweren Schleier aller Verhältniſſe her¬
gab. Julienne entſchied über alle kleinern Maa߬
regeln; ſie war auf der ganzen Reiſe die Ge¬
ſchäftsträgerin der Gräfinn geweſen, die, wie
ſie ſagte, nicht Kopf genug habe, um ſich einen
Hut darauf zu kaufen, ſo raſch, geldvergeſſen
und träumend ſey ſie. Die Schweſter war ſo
munter und ganz hergeſtellt, ſagte aber, alle
fünf und dreißig heiße Quellen der Inſel hät¬
ten nicht halb ſo viel für ihre Geneſung gethan,
als eben ſo viele Freudenthränen, die ſie zum
Glück vergoſſen habe.
Sonderbar erſchien alles um ſie am Reiſe-
Morgen; ein helles warmes Gewölk' vertropfte
ſilbern — die Sonne ſchien zwiſchen zwei Ber¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/217>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.