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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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verlohr durch die Nachbarschaft der majestäti¬
schen Linda.

Aber der Krieg der liebenden Menschen hatte
sich durch keinen Frieden geschlossen und blieb
daher in seinen Waffen. Wie der Vesuv glü¬
hende Steine, so wirft der Mensch seine Vor¬
würfe so lange in sich empor und erhebt und
verschlingt sie wechselnd, bis endlich eine glück¬
lichere Richtung sie über den Rand hinaus¬
treibt.

In Albano arbeitete wohl die Frage, was
Linda's Schweigen zum kleinen Kriege über und
wider den großen bedeute; allein er legte sie
nicht vor. Der Unabänderlichkeit seines Ent¬
schlusses sich bewußt, war er milder gegen die
Schwester, die er, glaubt' er, doch einmal sehr
damit verwunden würde. So war er durch den
kalten und warmen Wechsel des Lebens sanft
geworden, wie ein Edelstein durch schnelles Er¬
glühen und Abkühlen sich in Arzenei verwan¬
delt.

Schnell und schön giengen die letzten Freu¬
dentage über die Insel hinüber, die nach dem
Regen wie ein deutscher Garten grünte. Die

verlohr durch die Nachbarſchaft der majeſtäti¬
ſchen Linda.

Aber der Krieg der liebenden Menſchen hatte
ſich durch keinen Frieden geſchloſſen und blieb
daher in ſeinen Waffen. Wie der Veſuv glü¬
hende Steine, ſo wirft der Menſch ſeine Vor¬
würfe ſo lange in ſich empor und erhebt und
verſchlingt ſie wechſelnd, bis endlich eine glück¬
lichere Richtung ſie über den Rand hinaus¬
treibt.

In Albano arbeitete wohl die Frage, was
Linda's Schweigen zum kleinen Kriege über und
wider den großen bedeute; allein er legte ſie
nicht vor. Der Unabänderlichkeit ſeines Ent¬
ſchluſſes ſich bewußt, war er milder gegen die
Schweſter, die er, glaubt' er, doch einmal ſehr
damit verwunden würde. So war er durch den
kalten und warmen Wechſel des Lebens ſanft
geworden, wie ein Edelſtein durch ſchnelles Er¬
glühen und Abkühlen ſich in Arzenei verwan¬
delt.

Schnell und ſchön giengen die letzten Freu¬
dentage über die Inſel hinüber, die nach dem
Regen wie ein deutſcher Garten grünte. Die

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[201/0213] verlohr durch die Nachbarſchaft der majeſtäti¬ ſchen Linda. Aber der Krieg der liebenden Menſchen hatte ſich durch keinen Frieden geſchloſſen und blieb daher in ſeinen Waffen. Wie der Veſuv glü¬ hende Steine, ſo wirft der Menſch ſeine Vor¬ würfe ſo lange in ſich empor und erhebt und verſchlingt ſie wechſelnd, bis endlich eine glück¬ lichere Richtung ſie über den Rand hinaus¬ treibt. In Albano arbeitete wohl die Frage, was Linda's Schweigen zum kleinen Kriege über und wider den großen bedeute; allein er legte ſie nicht vor. Der Unabänderlichkeit ſeines Ent¬ ſchluſſes ſich bewußt, war er milder gegen die Schweſter, die er, glaubt' er, doch einmal ſehr damit verwunden würde. So war er durch den kalten und warmen Wechſel des Lebens ſanft geworden, wie ein Edelſtein durch ſchnelles Er¬ glühen und Abkühlen ſich in Arzenei verwan¬ delt. Schnell und ſchön giengen die letzten Freu¬ dentage über die Inſel hinüber, die nach dem Regen wie ein deutſcher Garten grünte. Die

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/213>, abgerufen am 24.11.2024.