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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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als es jedes glückliche Herz vorausgesehen. Lin¬
da saß still und sanft, sah den schönen Jüng¬
ling an und ließ ihn und die Schwester erzäh¬
len, die sich oft unterbrach, um beide zu küs¬
sen. Er sprach sehr erfreuet über Linda's Brief;
Männer machen überall mehr aus dem Geschrie¬
benen, als Weiber. Linda sprach gleichgültig:
"Ach was! Ist's geschrieben und gelesen, so
sey es vergessen. In Ihren ist zuweilen auch
ein nordisches Faux-brillant." -- "Die Grä¬
finn (sagte Julienne,) lobt niemand ins Gesicht,
als sich." Linda ertrug mit eigner Gutmüthig¬
keit den Spott. Albano, ihr oft gefallend und
mißfällig, wo ers nicht wußte, vergab der Lie¬
be so leicht. Der Freundschaft vergiebt die be¬
leidigte Eitelkeit schwerer.

"Zwar doch! (holte Julienne plötzlich unter
dem Schleier der Lustigkeit zu einer ernsten Re¬
de aus,) Dein Emigrir-Projekt nach Frank¬
reich ist ein Faux-brillant. Kannst Du denn
glauben, daß man es Dir zulässet, daß eine
Prinzessinn-Schwester von Hohenflies dem Bru¬
der Pässe zu einem demokratischen Feldzuge
unterschreibt? Nimmermehr! Und gar kein

als es jedes glückliche Herz vorausgeſehen. Lin¬
da ſaß ſtill und ſanft, ſah den ſchönen Jüng¬
ling an und ließ ihn und die Schweſter erzäh¬
len, die ſich oft unterbrach, um beide zu küs¬
ſen. Er ſprach ſehr erfreuet über Linda's Brief;
Männer machen überall mehr aus dem Geſchrie¬
benen, als Weiber. Linda ſprach gleichgültig:
„Ach was! Iſt's geſchrieben und geleſen, ſo
ſey es vergeſſen. In Ihren iſt zuweilen auch
ein nordiſches Faux-brillant.“ — „Die Grä¬
finn (ſagte Julienne,) lobt niemand ins Geſicht,
als ſich.“ Linda ertrug mit eigner Gutmüthig¬
keit den Spott. Albano, ihr oft gefallend und
mißfällig, wo ers nicht wußte, vergab der Lie¬
be ſo leicht. Der Freundſchaft vergiebt die be¬
leidigte Eitelkeit ſchwerer.

„Zwar doch! (holte Julienne plötzlich unter
dem Schleier der Luſtigkeit zu einer ernſten Re¬
de aus,) Dein Emigrir-Projekt nach Frank¬
reich iſt ein Faux-brillant. Kannſt Du denn
glauben, daß man es Dir zuläſſet, daß eine
Prinzeſſinn-Schweſter von Hohenflies dem Bru¬
der Päſſe zu einem demokratiſchen Feldzuge
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[198/0210] als es jedes glückliche Herz vorausgeſehen. Lin¬ da ſaß ſtill und ſanft, ſah den ſchönen Jüng¬ ling an und ließ ihn und die Schweſter erzäh¬ len, die ſich oft unterbrach, um beide zu küs¬ ſen. Er ſprach ſehr erfreuet über Linda's Brief; Männer machen überall mehr aus dem Geſchrie¬ benen, als Weiber. Linda ſprach gleichgültig: „Ach was! Iſt's geſchrieben und geleſen, ſo ſey es vergeſſen. In Ihren iſt zuweilen auch ein nordiſches Faux-brillant.“ — „Die Grä¬ finn (ſagte Julienne,) lobt niemand ins Geſicht, als ſich.“ Linda ertrug mit eigner Gutmüthig¬ keit den Spott. Albano, ihr oft gefallend und mißfällig, wo ers nicht wußte, vergab der Lie¬ be ſo leicht. Der Freundſchaft vergiebt die be¬ leidigte Eitelkeit ſchwerer. „Zwar doch! (holte Julienne plötzlich unter dem Schleier der Luſtigkeit zu einer ernſten Re¬ de aus,) Dein Emigrir-Projekt nach Frank¬ reich iſt ein Faux-brillant. Kannſt Du denn glauben, daß man es Dir zuläſſet, daß eine Prinzeſſinn-Schweſter von Hohenflies dem Bru¬ der Päſſe zu einem demokratiſchen Feldzuge unterſchreibt? Nimmermehr! Und gar kein

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/210>, abgerufen am 27.11.2024.