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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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jede Schönheit, sie mochte an der Statue, auf
der Leinwand, oder auf der singenden Lippe
oder auf den Gipfeln blühen, prangte und duf¬
tete üppiger und dann flog ich von der kleinen
Blume auf zur blühenden Linda? --

Wie herrschet die dunkle Gewalt hinter der
Wolke! Versiegelte Befehle giebt sie uns mit,
damit wir sie auf einer späten fremden Stelle
erbrechen. Gott, erst auf Ischia's Epomeo
mußt' ich meinen öffnen, da gieng ein Augen¬
blick über das Leben und gebahr die Ewigkeit,
der Schmetterling brachte die Göttinn!

Der Abend geht unter und ich muß schwei¬
gen. Wüßt' ich nur, wie der Deinige ist!
Mein Leben besteht jetzt aus zwei Stunden,
Deinen und meinen, und ich kann nicht mehr
mit mir allein leben. -- Dieser Tag sey Dir
doch reich und mild entwichen und Dein Abend
wie meiner! Die Sonne röthet nur noch den
Vesuv, die Inseln verglühen langsam im dun¬
keln Meer, ich schaue nun ohne mit Dir zu
sprechen, den großen Abend an, aber o Gott
so anders als in Rom! Seelig werd' ich mein
Auge nur an Deine auslöschende Insel im

jede Schönheit, ſie mochte an der Statue, auf
der Leinwand, oder auf der ſingenden Lippe
oder auf den Gipfeln blühen, prangte und duf¬
tete üppiger und dann flog ich von der kleinen
Blume auf zur blühenden Linda? —

Wie herrſchet die dunkle Gewalt hinter der
Wolke! Verſiegelte Befehle giebt ſie uns mit,
damit wir ſie auf einer ſpäten fremden Stelle
erbrechen. Gott, erſt auf Iſchia's Epomeo
mußt' ich meinen öffnen, da gieng ein Augen¬
blick über das Leben und gebahr die Ewigkeit,
der Schmetterling brachte die Göttinn!

Der Abend geht unter und ich muß ſchwei¬
gen. Wüßt' ich nur, wie der Deinige iſt!
Mein Leben beſteht jetzt aus zwei Stunden,
Deinen und meinen, und ich kann nicht mehr
mit mir allein leben. — Dieſer Tag ſey Dir
doch reich und mild entwichen und Dein Abend
wie meiner! Die Sonne röthet nur noch den
Veſuv, die Inſeln verglühen langſam im dun¬
keln Meer, ich ſchaue nun ohne mit Dir zu
ſprechen, den großen Abend an, aber o Gott
ſo anders als in Rom! Seelig werd' ich mein
Auge nur an Deine auslöſchende Inſel im

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[178/0190] jede Schönheit, ſie mochte an der Statue, auf der Leinwand, oder auf der ſingenden Lippe oder auf den Gipfeln blühen, prangte und duf¬ tete üppiger und dann flog ich von der kleinen Blume auf zur blühenden Linda? — Wie herrſchet die dunkle Gewalt hinter der Wolke! Verſiegelte Befehle giebt ſie uns mit, damit wir ſie auf einer ſpäten fremden Stelle erbrechen. Gott, erſt auf Iſchia's Epomeo mußt' ich meinen öffnen, da gieng ein Augen¬ blick über das Leben und gebahr die Ewigkeit, der Schmetterling brachte die Göttinn! Der Abend geht unter und ich muß ſchwei¬ gen. Wüßt' ich nur, wie der Deinige iſt! Mein Leben beſteht jetzt aus zwei Stunden, Deinen und meinen, und ich kann nicht mehr mit mir allein leben. — Dieſer Tag ſey Dir doch reich und mild entwichen und Dein Abend wie meiner! Die Sonne röthet nur noch den Veſuv, die Inſeln verglühen langſam im dun¬ keln Meer, ich ſchaue nun ohne mit Dir zu ſprechen, den großen Abend an, aber o Gott ſo anders als in Rom! Seelig werd' ich mein Auge nur an Deine auslöſchende Inſel im

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/190>, abgerufen am 25.11.2024.