Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.Erde rollte mit ihrer Axe wie mit einer Spiel¬ Jetzt berührte die Sonne ihr Meer und ein Erde rollte mit ihrer Axe wie mit einer Spiel¬ Jetzt berührte die Sonne ihr Meer und ein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0180" n="168"/> Erde rollte mit ihrer Axe wie mit einer Spiel¬<lb/> welle nahe an der Sonne und ſchlug aus ihr<lb/> Strahlen und Töne — ſeitwärts lagerte ſich<lb/> verſteckt der Rieſen-Bote der Nacht auf das<lb/> Meer, der unendliche Schatte des Epomeo. —</p><lb/> <p>Jetzt berührte die Sonne ihr Meer und ein<lb/> goldner Blitz zitterte durch den naſſen Äther<lb/> umher — und ſie wiegte ſich auf tauſend feu¬<lb/> rigen Wellen-Flügeln — und ſie zuckte und<lb/> hieng liebesbrünſtig, liebeglühend an dem<lb/> Meere und das Meer ſog brennend alle ihre<lb/> Gluth — Da warf es, als ſie vergehen wollte,<lb/> die Decke eines unendlichen Glanzes über die<lb/> erblaſſende Göttinn — — Dann wurd' es ſtill<lb/> auf der Welt — eine bewegliche Abendröthe<lb/> überfloß mit Roſen-Öl alle Wogen — die hei¬<lb/> ligen Untergangs-Inſeln ſtanden verklärt —<lb/> die fernſten Küſten traten heran und zeigten ihr<lb/> Roth der Entzückung — auf allen Höhen hien¬<lb/> gen Roſenkränze — der Epomeo glühte bis<lb/> zum Äther hinauf und auf dem ewigen Wol¬<lb/> kenbaum, der aus dem hohlen Veſuv aufwäch¬<lb/> ſet, verglomm im Gipfel der letzte dünne<lb/> Glanz.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [168/0180]
Erde rollte mit ihrer Axe wie mit einer Spiel¬
welle nahe an der Sonne und ſchlug aus ihr
Strahlen und Töne — ſeitwärts lagerte ſich
verſteckt der Rieſen-Bote der Nacht auf das
Meer, der unendliche Schatte des Epomeo. —
Jetzt berührte die Sonne ihr Meer und ein
goldner Blitz zitterte durch den naſſen Äther
umher — und ſie wiegte ſich auf tauſend feu¬
rigen Wellen-Flügeln — und ſie zuckte und
hieng liebesbrünſtig, liebeglühend an dem
Meere und das Meer ſog brennend alle ihre
Gluth — Da warf es, als ſie vergehen wollte,
die Decke eines unendlichen Glanzes über die
erblaſſende Göttinn — — Dann wurd' es ſtill
auf der Welt — eine bewegliche Abendröthe
überfloß mit Roſen-Öl alle Wogen — die hei¬
ligen Untergangs-Inſeln ſtanden verklärt —
die fernſten Küſten traten heran und zeigten ihr
Roth der Entzückung — auf allen Höhen hien¬
gen Roſenkränze — der Epomeo glühte bis
zum Äther hinauf und auf dem ewigen Wol¬
kenbaum, der aus dem hohlen Veſuv aufwäch¬
ſet, verglomm im Gipfel der letzte dünne
Glanz.
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/180>, abgerufen am 27.07.2024. |