Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.mitten auf dem Markte, ganz allein, mit sich *) Die Leiche gehet aufgedeckt zum Begräbniß,
ihre Begleiter folgen vermummt. mitten auf dem Markte, ganz allein, mit ſich *) Die Leiche gehet aufgedeckt zum Begräbniß,
ihre Begleiter folgen vermummt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0014" n="2"/> mitten auf dem Markte, ganz allein, mit ſich<lb/> ſelber im Mockirſpiele begriffen, um ein treues<lb/> ſtarkes Herz zu ſtillen, das verſchmerzen will<lb/> und lieben. An dieſem Freunde, den Albano<lb/> nicht aus ſeiner Seele ließ, zog er ſich wie an<lb/> einer Jupiters-Kette die ganze Bühne und<lb/> Welt ſeiner Vergangenheit nach und jeder<lb/> traurige Ort kam dicht an ihn. Ungeſehen<lb/> rollten die Städte, die Länder vor ihm vorbei.<lb/> Die Wellen, die der Schmerz um uns auf¬<lb/> treibt, ſtehen hoch zwiſchen uns und der Welt<lb/> und machen unſer Schiff einſam mitten im Ha¬<lb/> fen voll Schiffe. Schaudernd kehrt' er ſich<lb/> von jeder ſchönen Jungfrau weg; ſie erinnerte<lb/> ihn wie eine Klage an die erblaßte; ewig auf¬<lb/> gedeckt zog Lianens bleiches Angeſicht — wie<lb/> eine Leiche in Italien <note place="foot" n="*)"><lb/> Die Leiche gehet aufgedeckt zum Begräbniß,<lb/> ihre Begleiter folgen vermummt.</note>— auf dem unendli¬<lb/> chen Weg zum Grabe und nur unkenntliche<lb/> Geſtalten mit Larven giengen hinter ihr leben¬<lb/> dig. So iſt der Menſch und ſein Schmerz;<lb/> zum Widerſpiele des Schiffziehens, wo die Le¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [2/0014]
mitten auf dem Markte, ganz allein, mit ſich
ſelber im Mockirſpiele begriffen, um ein treues
ſtarkes Herz zu ſtillen, das verſchmerzen will
und lieben. An dieſem Freunde, den Albano
nicht aus ſeiner Seele ließ, zog er ſich wie an
einer Jupiters-Kette die ganze Bühne und
Welt ſeiner Vergangenheit nach und jeder
traurige Ort kam dicht an ihn. Ungeſehen
rollten die Städte, die Länder vor ihm vorbei.
Die Wellen, die der Schmerz um uns auf¬
treibt, ſtehen hoch zwiſchen uns und der Welt
und machen unſer Schiff einſam mitten im Ha¬
fen voll Schiffe. Schaudernd kehrt' er ſich
von jeder ſchönen Jungfrau weg; ſie erinnerte
ihn wie eine Klage an die erblaßte; ewig auf¬
gedeckt zog Lianens bleiches Angeſicht — wie
eine Leiche in Italien *)— auf dem unendli¬
chen Weg zum Grabe und nur unkenntliche
Geſtalten mit Larven giengen hinter ihr leben¬
dig. So iſt der Menſch und ſein Schmerz;
zum Widerſpiele des Schiffziehens, wo die Le¬
*)
Die Leiche gehet aufgedeckt zum Begräbniß,
ihre Begleiter folgen vermummt.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/14 |
Zitationshilfe: | Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/14>, abgerufen am 16.02.2025. |