konnten nicht eher als Sonnabends in der Vor¬ nacht -- wenn anders Wachen und glänzendes Leben eine ist, besonders eine welsche Sonn¬ abends-Nacht -- in Aversa ankommen. Al¬ bano bestand darauf, in der Nacht fortzurei¬ sen nach Neapel. Dian wollte noch ungern. Zufällig stand ein schönes etwan vierzehnjähri¬ ges Mädchen im Posthause, sehr betrübt über die verfehlte Post, und entschlossen, noch diese Nacht nach Neapel zu gehen, um am heiligen Sonntag noch früh genug nach Ischia zu kom¬ men, wo ihre Eltern waren. "Aus Santa Agata (sagte sie) komme sie her, heiße aber nur Agata, und nicht Santa." "Wahrschein¬ lich ihr alter Spaß," sagte Dian, war aber nun -- bei seinem Umschweben jeder schönen Form -- selber recht zur Nachtreise aufgelegt, damit man die Schwarzäugige, die freudig und hell in fremdes Augenfeuer blickte, fortbringen könnte. Sie nahm es lustig an, und schwatzte vertraut wie ein Naturforscher viel vom Epo¬ meo und Vesuv und weissagte ihnen unzählige Freuden auf der Insel und zeigte überall eine verständige Besonnenheit weit über ihr Alter.
Endlich
konnten nicht eher als Sonnabends in der Vor¬ nacht — wenn anders Wachen und glänzendes Leben eine iſt, beſonders eine welſche Sonn¬ abends-Nacht — in Aversa ankommen. Al¬ bano beſtand darauf, in der Nacht fortzurei¬ ſen nach Neapel. Dian wollte noch ungern. Zufällig ſtand ein ſchönes etwan vierzehnjähri¬ ges Mädchen im Poſthauſe, ſehr betrübt über die verfehlte Poſt, und entſchloſſen, noch dieſe Nacht nach Neapel zu gehen, um am heiligen Sonntag noch früh genug nach Iſchia zu kom¬ men, wo ihre Eltern waren. „Aus Santa Agata (ſagte ſie) komme ſie her, heiße aber nur Agata, und nicht Santa.“ „Wahrſchein¬ lich ihr alter Spaß,“ ſagte Dian, war aber nun — bei ſeinem Umſchweben jeder ſchönen Form — ſelber recht zur Nachtreiſe aufgelegt, damit man die Schwarzäugige, die freudig und hell in fremdes Augenfeuer blickte, fortbringen könnte. Sie nahm es luſtig an, und ſchwatzte vertraut wie ein Naturforſcher viel vom Epo¬ meo und Veſuv und weiſſagte ihnen unzählige Freuden auf der Inſel und zeigte überall eine verſtändige Beſonnenheit weit über ihr Alter.
Endlich
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nacht — wenn anders Wachen und glänzendes
Leben eine iſt, beſonders eine welſche Sonn¬
abends-Nacht — in Aversa ankommen. Al¬
bano beſtand darauf, in der Nacht fortzurei¬
ſen nach Neapel. Dian wollte noch ungern.
Zufällig ſtand ein ſchönes etwan vierzehnjähri¬
ges Mädchen im Poſthauſe, ſehr betrübt über
die verfehlte Poſt, und entſchloſſen, noch dieſe
Nacht nach Neapel zu gehen, um am heiligen
Sonntag noch früh genug nach Iſchia zu kom¬
men, wo ihre Eltern waren. „Aus Santa
Agata (ſagte ſie) komme ſie her, heiße aber
nur Agata, und nicht Santa.“ „Wahrſchein¬
lich ihr alter Spaß,“ ſagte Dian, war aber
nun — bei ſeinem Umſchweben jeder ſchönen
Form — ſelber recht zur Nachtreiſe aufgelegt,
damit man die Schwarzäugige, die freudig und
hell in fremdes Augenfeuer blickte, fortbringen
könnte. Sie nahm es luſtig an, und ſchwatzte
vertraut wie ein Naturforſcher viel vom Epo¬
meo und Veſuv und weiſſagte ihnen unzählige
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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/124>, abgerufen am 04.12.2024.
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