Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

dames d'atour, als Chariton; und Geschirr
und Feuer wurden ganz dadurch verdunkelt.

Nun giengen die glücklichen Paare -- und
die Kinder mit -- hinaus in den freudigen
Tag, in den jugendlichen Garten, um wie
Wandelsterne mit ihren Monden einander bald
nahe, bald ferne, bald im Gegenschein, bald in
der Zusammenkunft zu stehen auf der himmli¬
schen Kreisbahn um dieselbe Sonne. "Wir
wollen auf gerathewohl (sagte Karl im Hafen,)
ausschiffen und zusehen ob wir uns nicht tref¬
fen." -- Albano gieng mit Lianen den Kin¬
dern nach, die schon an den kleinen Häusern
durch die Rosengänge hüpften, auf die Brücke
über den singenden Wald. Wem das Herz so
ruhig-seelig schlägt, der sucht in der unsicht¬
baren Kirche keine sichtbare -- der ganze
Tempel der Natur ist der Tempel der Liebe
und überall stehen Altäre und Kanzeln. Auf
dem glatt-niedergehenden Lebensstrome steht der
Mensch ohne Ruder seelig in seinem Kahn und
regiert ihn nicht.

Dann lenkten die Kinder, eingedenk der
mütterlichen Auswanderungsverbote, auf der

dames d'atour, als Chariton; und Geſchirr
und Feuer wurden ganz dadurch verdunkelt.

Nun giengen die glücklichen Paare — und
die Kinder mit — hinaus in den freudigen
Tag, in den jugendlichen Garten, um wie
Wandelſterne mit ihren Monden einander bald
nahe, bald ferne, bald im Gegenſchein, bald in
der Zuſammenkunft zu ſtehen auf der himmli¬
ſchen Kreisbahn um dieſelbe Sonne. „Wir
wollen auf gerathewohl (ſagte Karl im Hafen,)
ausſchiffen und zuſehen ob wir uns nicht tref¬
fen.“ — Albano gieng mit Lianen den Kin¬
dern nach, die ſchon an den kleinen Häuſern
durch die Roſengänge hüpften, auf die Brücke
über den ſingenden Wald. Wem das Herz ſo
ruhig-ſeelig ſchlägt, der ſucht in der unſicht¬
baren Kirche keine ſichtbare — der ganze
Tempel der Natur iſt der Tempel der Liebe
und überall ſtehen Altäre und Kanzeln. Auf
dem glatt-niedergehenden Lebensſtrome ſteht der
Menſch ohne Ruder ſeelig in ſeinem Kahn und
regiert ihn nicht.

Dann lenkten die Kinder, eingedenk der
mütterlichen Auswanderungsverbote, auf der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0074" n="62"/><hi rendition="#aq">dames d'atour</hi>, als Chariton; und Ge&#x017F;chirr<lb/>
und Feuer wurden ganz dadurch verdunkelt.</p><lb/>
          <p>Nun giengen die glücklichen Paare &#x2014; und<lb/>
die Kinder mit &#x2014; hinaus in den freudigen<lb/>
Tag, in den jugendlichen Garten, um wie<lb/>
Wandel&#x017F;terne mit ihren Monden einander bald<lb/>
nahe, bald ferne, bald im Gegen&#x017F;chein, bald in<lb/>
der Zu&#x017F;ammenkunft zu &#x017F;tehen auf der himmli¬<lb/>
&#x017F;chen Kreisbahn um die&#x017F;elbe Sonne. &#x201E;Wir<lb/>
wollen auf gerathewohl (&#x017F;agte Karl im Hafen,)<lb/>
aus&#x017F;chiffen und zu&#x017F;ehen ob wir uns nicht tref¬<lb/>
fen.&#x201C; &#x2014; Albano gieng mit Lianen den Kin¬<lb/>
dern nach, die &#x017F;chon an den kleinen Häu&#x017F;ern<lb/>
durch die Ro&#x017F;engänge hüpften, auf die Brücke<lb/>
über den &#x017F;ingenden Wald. Wem das Herz &#x017F;o<lb/>
ruhig-&#x017F;eelig &#x017F;chlägt, der &#x017F;ucht in der un&#x017F;icht¬<lb/>
baren Kirche keine &#x017F;ichtbare &#x2014; der ganze<lb/>
Tempel der Natur i&#x017F;t der Tempel der Liebe<lb/>
und überall &#x017F;tehen Altäre und Kanzeln. Auf<lb/>
dem glatt-niedergehenden Lebens&#x017F;trome &#x017F;teht der<lb/>
Men&#x017F;ch ohne Ruder &#x017F;eelig in &#x017F;einem Kahn und<lb/>
regiert ihn nicht.</p><lb/>
          <p>Dann lenkten die Kinder, eingedenk der<lb/>
mütterlichen Auswanderungsverbote, auf der<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0074] dames d'atour, als Chariton; und Geſchirr und Feuer wurden ganz dadurch verdunkelt. Nun giengen die glücklichen Paare — und die Kinder mit — hinaus in den freudigen Tag, in den jugendlichen Garten, um wie Wandelſterne mit ihren Monden einander bald nahe, bald ferne, bald im Gegenſchein, bald in der Zuſammenkunft zu ſtehen auf der himmli¬ ſchen Kreisbahn um dieſelbe Sonne. „Wir wollen auf gerathewohl (ſagte Karl im Hafen,) ausſchiffen und zuſehen ob wir uns nicht tref¬ fen.“ — Albano gieng mit Lianen den Kin¬ dern nach, die ſchon an den kleinen Häuſern durch die Roſengänge hüpften, auf die Brücke über den ſingenden Wald. Wem das Herz ſo ruhig-ſeelig ſchlägt, der ſucht in der unſicht¬ baren Kirche keine ſichtbare — der ganze Tempel der Natur iſt der Tempel der Liebe und überall ſtehen Altäre und Kanzeln. Auf dem glatt-niedergehenden Lebensſtrome ſteht der Menſch ohne Ruder ſeelig in ſeinem Kahn und regiert ihn nicht. Dann lenkten die Kinder, eingedenk der mütterlichen Auswanderungsverbote, auf der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/74
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/74>, abgerufen am 28.11.2024.