Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

in der ersten Liebe kommt, wie in Shakespeare's
Stücken, nichts auf die bretterne Bühne ihres
Spieles an; -- aber der heutige Nachwinter
der gestrigen Erkältung wollte doch nicht
schmelzen. Die Morgenbläue wurde mit im¬
mer hellern Gold-Flocken gefüllt -- er machte,
da der Garten wie kleine Städte nur zwei
Thore hatte, das obere und untere, wie eine
Aurora dieses der Morgensonne auf -- der
Glanz quoll über das dampfende Grün her¬
ein -- die unten ziehende Rosana faßte Blitze,
auf und warf sie herüber -- Albano schied
endlich voll Liebe und Seeligleit.

Aber die Liebe war größer als die See¬
ligkeit.

69. Zykel.

Fliegender Frühling! (ich meine die Liebe,
so wie man den Nachsommer einen fliegenden
Sommer nennt) Du eilest selber über uns pfeil¬
schnell dahin, warum eilen Autoren wieder
über dich? -- Du gleichst der deutschen Blü¬
thenzeit -- die nie einen Blüthenmond lang
ist --; wir lesen den ganzen Winter in Alma¬
nachen und Gleichnissen viel von ihrer Herr¬

lich¬

in der erſten Liebe kommt, wie in Shakeſpeare's
Stücken, nichts auf die bretterne Bühne ihres
Spieles an; — aber der heutige Nachwinter
der geſtrigen Erkältung wollte doch nicht
ſchmelzen. Die Morgenbläue wurde mit im¬
mer hellern Gold-Flocken gefüllt — er machte,
da der Garten wie kleine Städte nur zwei
Thore hatte, das obere und untere, wie eine
Aurora dieſes der Morgenſonne auf — der
Glanz quoll über das dampfende Grün her¬
ein — die unten ziehende Roſana faßte Blitze,
auf und warf ſie herüber — Albano ſchied
endlich voll Liebe und Seeligleit.

Aber die Liebe war größer als die See¬
ligkeit.

69. Zykel.

Fliegender Frühling! (ich meine die Liebe,
ſo wie man den Nachſommer einen fliegenden
Sommer nennt) Du eileſt ſelber über uns pfeil¬
ſchnell dahin, warum eilen Autoren wieder
über dich? — Du gleichſt der deutſchen Blü¬
thenzeit — die nie einen Blüthenmond lang
iſt —; wir leſen den ganzen Winter in Alma¬
nachen und Gleichniſſen viel von ihrer Herr¬

lich¬
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0044" n="32"/>
in der er&#x017F;ten Liebe kommt, wie in Shake&#x017F;peare's<lb/>
Stücken, nichts auf die bretterne Bühne ihres<lb/>
Spieles an; &#x2014; aber der heutige Nachwinter<lb/>
der ge&#x017F;trigen Erkältung wollte doch nicht<lb/>
&#x017F;chmelzen. Die Morgenbläue wurde mit im¬<lb/>
mer hellern Gold-Flocken gefüllt &#x2014; er machte,<lb/>
da der Garten wie kleine Städte nur zwei<lb/>
Thore hatte, das obere und untere, wie eine<lb/>
Aurora die&#x017F;es der Morgen&#x017F;onne auf &#x2014; der<lb/>
Glanz quoll über das dampfende Grün her¬<lb/>
ein &#x2014; die unten ziehende Ro&#x017F;ana faßte Blitze,<lb/>
auf und warf &#x017F;ie herüber &#x2014; Albano &#x017F;chied<lb/>
endlich voll Liebe und Seeligleit.</p><lb/>
          <p>Aber die Liebe war größer als die See¬<lb/>
ligkeit.</p><lb/>
        </div>
        <div n="2">
          <head>69. <hi rendition="#g">Zykel</hi>.<lb/></head>
          <p>Fliegender Frühling! (ich meine die Liebe,<lb/>
&#x017F;o wie man den Nach&#x017F;ommer einen fliegenden<lb/>
Sommer nennt) Du eile&#x017F;t &#x017F;elber über uns pfeil¬<lb/>
&#x017F;chnell dahin, warum eilen Autoren wieder<lb/>
über dich? &#x2014; Du gleich&#x017F;t der deut&#x017F;chen Blü¬<lb/>
thenzeit &#x2014; die nie einen Blüthenmond lang<lb/>
i&#x017F;t &#x2014;; wir le&#x017F;en den ganzen Winter in Alma¬<lb/>
nachen und Gleichni&#x017F;&#x017F;en viel von ihrer Herr¬<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lich¬<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[32/0044] in der erſten Liebe kommt, wie in Shakeſpeare's Stücken, nichts auf die bretterne Bühne ihres Spieles an; — aber der heutige Nachwinter der geſtrigen Erkältung wollte doch nicht ſchmelzen. Die Morgenbläue wurde mit im¬ mer hellern Gold-Flocken gefüllt — er machte, da der Garten wie kleine Städte nur zwei Thore hatte, das obere und untere, wie eine Aurora dieſes der Morgenſonne auf — der Glanz quoll über das dampfende Grün her¬ ein — die unten ziehende Roſana faßte Blitze, auf und warf ſie herüber — Albano ſchied endlich voll Liebe und Seeligleit. Aber die Liebe war größer als die See¬ ligkeit. 69. Zykel. Fliegender Frühling! (ich meine die Liebe, ſo wie man den Nachſommer einen fliegenden Sommer nennt) Du eileſt ſelber über uns pfeil¬ ſchnell dahin, warum eilen Autoren wieder über dich? — Du gleichſt der deutſchen Blü¬ thenzeit — die nie einen Blüthenmond lang iſt —; wir leſen den ganzen Winter in Alma¬ nachen und Gleichniſſen viel von ihrer Herr¬ lich¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/44
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/44>, abgerufen am 22.12.2024.