mit breiten als Segel aufgeblähten Blumen nach -- ich gieng in hohe Blüthenwälder, wo der Mittag und die Nacht nebeneinander wohnten, und in grüne Thäler voll Blumen- Dämmerungen und auf helle Höhen, wo blaue Tage wohnten, und flog wieder herab ins blü¬ hende Schiff und es floß tief in Wellen-Blitzen über Edelsteine weiter in den Frühling hinein, der Rosensonne zu. Alles zog nach Osten, die Lüfte, und die Wellen und die Schmetterlinge und die Blumen, welche Flügel hatten, und die Welten oben; und ihre Riesen sangen herab: ""wir schauen hinunter, wir ziehen hinunter, ins ""Land der Liebe, ins goldne Land.""
Da erblickt' ich in den Wellen mein Ange¬ sicht und es war ein jungfräuliches voll hoher Entzückung und Liebe. Und der Bach floß mit mir bald durch Waizen-Wälder -- bald durch eine kleine duftige Nacht, wodurch man die Sonne hinter leuchtenden Johanniswürmchen sah -- bald durch eine Dämmerung, worin ei¬ ne goldne Nachtigal schlug -- bald wölbte die Sonne die Freuden-Thränen als Regenbogen auf, und ich schiffte durch, und hinter mir leg¬
mit breiten als Segel aufgeblähten Blumen nach — ich gieng in hohe Blüthenwälder, wo der Mittag und die Nacht nebeneinander wohnten, und in grüne Thäler voll Blumen- Dämmerungen und auf helle Höhen, wo blaue Tage wohnten, und flog wieder herab ins blü¬ hende Schiff und es floß tief in Wellen-Blitzen über Edelſteine weiter in den Frühling hinein, der Roſenſonne zu. Alles zog nach Oſten, die Lüfte, und die Wellen und die Schmetterlinge und die Blumen, welche Flügel hatten, und die Welten oben; und ihre Rieſen ſangen herab: „„wir ſchauen hinunter, wir ziehen hinunter, ins „„Land der Liebe, ins goldne Land.““
Da erblickt' ich in den Wellen mein Ange¬ ſicht und es war ein jungfräuliches voll hoher Entzückung und Liebe. Und der Bach floß mit mir bald durch Waizen-Wälder — bald durch eine kleine duftige Nacht, wodurch man die Sonne hinter leuchtenden Johanniswürmchen ſah — bald durch eine Dämmerung, worin ei¬ ne goldne Nachtigal ſchlug — bald wölbte die Sonne die Freuden-Thränen als Regenbogen auf, und ich ſchiffte durch, und hinter mir leg¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0436"n="424"/>
mit breiten als Segel aufgeblähten Blumen<lb/>
nach — ich gieng in hohe Blüthenwälder, wo<lb/>
der Mittag und die Nacht nebeneinander<lb/>
wohnten, und in grüne Thäler voll Blumen-<lb/>
Dämmerungen und auf helle Höhen, wo blaue<lb/>
Tage wohnten, und flog wieder herab ins blü¬<lb/>
hende Schiff und es floß tief in Wellen-Blitzen<lb/>
über Edelſteine weiter in den Frühling hinein,<lb/>
der Roſenſonne zu. Alles zog nach Oſten, die<lb/>
Lüfte, und die Wellen und die Schmetterlinge<lb/>
und die Blumen, welche Flügel hatten, und die<lb/>
Welten oben; und ihre Rieſen ſangen herab:<lb/>„„wir ſchauen hinunter, wir ziehen hinunter, ins<lb/>„„Land der Liebe, ins goldne Land.““</p><lb/><p>Da erblickt' ich in den Wellen mein Ange¬<lb/>ſicht und es war ein jungfräuliches voll hoher<lb/>
Entzückung und Liebe. Und der Bach floß mit<lb/>
mir bald durch Waizen-Wälder — bald durch<lb/>
eine kleine duftige Nacht, wodurch man die<lb/>
Sonne hinter leuchtenden Johanniswürmchen<lb/>ſah — bald durch eine Dämmerung, worin ei¬<lb/>
ne goldne Nachtigal ſchlug — bald wölbte die<lb/>
Sonne die Freuden-Thränen als Regenbogen<lb/>
auf, und ich ſchiffte durch, und hinter mir leg¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[424/0436]
mit breiten als Segel aufgeblähten Blumen
nach — ich gieng in hohe Blüthenwälder, wo
der Mittag und die Nacht nebeneinander
wohnten, und in grüne Thäler voll Blumen-
Dämmerungen und auf helle Höhen, wo blaue
Tage wohnten, und flog wieder herab ins blü¬
hende Schiff und es floß tief in Wellen-Blitzen
über Edelſteine weiter in den Frühling hinein,
der Roſenſonne zu. Alles zog nach Oſten, die
Lüfte, und die Wellen und die Schmetterlinge
und die Blumen, welche Flügel hatten, und die
Welten oben; und ihre Rieſen ſangen herab:
„„wir ſchauen hinunter, wir ziehen hinunter, ins
„„Land der Liebe, ins goldne Land.““
Da erblickt' ich in den Wellen mein Ange¬
ſicht und es war ein jungfräuliches voll hoher
Entzückung und Liebe. Und der Bach floß mit
mir bald durch Waizen-Wälder — bald durch
eine kleine duftige Nacht, wodurch man die
Sonne hinter leuchtenden Johanniswürmchen
ſah — bald durch eine Dämmerung, worin ei¬
ne goldne Nachtigal ſchlug — bald wölbte die
Sonne die Freuden-Thränen als Regenbogen
auf, und ich ſchiffte durch, und hinter mir leg¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/436>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.