bensweg getrieben war, als ein flatterndes Schreckbild fort.
Ein neuer, einziger Entschluß stand jetzt in seiner Seele wie ein starrer Arm am Wege fest, der immer nach Einer Richtung zeigte, auf die Blumenbühler Straße: "du mußt zu ihr -- "sagte der Entschluß -- sie darf nicht in dem "Wahne deines Zürnens und deiner alten Här: "te sterben -- du mußt sie wieder sehen, um "ihr abzubitten, und dann weinest du, bis ihr "Grab aufgeht und sie wegnimmt." -- O, wie werd' ich dann, sagt' er zu sich, vor dem Ster¬ be-Throne dieses Engels mein hartes, stolzes, wildes Herz zerknirschen und alles, alles womit ich die sanfte Seele in Lilar blind und wund gemacht, zurücknehmen, damit sie nicht zu sehr verachte die kurzen Tage ihrer Liebe und da¬ mit doch ihr Herz verscheide mit einer kleinen letzten Freude von mir! -- Und das, o Gott, bescheide uns!" --
Vergeblich trug Schoppe darauf an, daß er mit ihm die Expedizionsstube der Nacht- Wunder, die so wahrscheinlich im gothischen Tempel anzutreffen seyn mußte, suchen sollte;
bensweg getrieben war, als ein flatterndes Schreckbild fort.
Ein neuer, einziger Entſchluß ſtand jetzt in ſeiner Seele wie ein ſtarrer Arm am Wege feſt, der immer nach Einer Richtung zeigte, auf die Blumenbühler Straße: „du mußt zu ihr — „ſagte der Entſchluß — ſie darf nicht in dem „Wahne deines Zürnens und deiner alten Här: „te ſterben — du mußt ſie wieder ſehen, um „ihr abzubitten, und dann weineſt du, bis ihr „Grab aufgeht und ſie wegnimmt.“ — O, wie werd' ich dann, ſagt' er zu ſich, vor dem Ster¬ be-Throne dieſes Engels mein hartes, ſtolzes, wildes Herz zerknirſchen und alles, alles womit ich die ſanfte Seele in Lilar blind und wund gemacht, zurücknehmen, damit ſie nicht zu ſehr verachte die kurzen Tage ihrer Liebe und da¬ mit doch ihr Herz verſcheide mit einer kleinen letzten Freude von mir! — Und das, o Gott, beſcheide uns!“ —
Vergeblich trug Schoppe darauf an, daß er mit ihm die Expedizionsſtube der Nacht- Wunder, die ſo wahrſcheinlich im gothiſchen Tempel anzutreffen ſeyn mußte, ſuchen ſollte;
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0379"n="367"/>
bensweg getrieben war, als ein flatterndes<lb/>
Schreckbild fort.</p><lb/><p>Ein neuer, einziger Entſchluß ſtand jetzt in<lb/>ſeiner Seele wie ein ſtarrer Arm am Wege feſt,<lb/>
der immer nach Einer Richtung zeigte, auf die<lb/>
Blumenbühler Straße: „du mußt zu ihr —<lb/>„ſagte der Entſchluß —ſie darf nicht in dem<lb/>„Wahne deines Zürnens und deiner alten Här:<lb/>„te ſterben — du mußt ſie wieder ſehen, um<lb/>„ihr abzubitten, und dann weineſt du, bis ihr<lb/>„Grab aufgeht und ſie wegnimmt.“— O, wie<lb/>
werd' ich dann, ſagt' er zu ſich, vor dem Ster¬<lb/>
be-Throne dieſes Engels mein hartes, ſtolzes,<lb/>
wildes Herz zerknirſchen und alles, alles womit<lb/>
ich die ſanfte Seele in Lilar blind und wund<lb/>
gemacht, zurücknehmen, damit ſie nicht zu ſehr<lb/>
verachte die kurzen Tage ihrer Liebe und da¬<lb/>
mit doch ihr Herz verſcheide mit einer kleinen<lb/>
letzten Freude von mir! — Und das, o Gott,<lb/>
beſcheide uns!“—</p><lb/><p>Vergeblich trug Schoppe darauf an, daß<lb/>
er mit ihm die Expedizionsſtube der Nacht-<lb/>
Wunder, die ſo wahrſcheinlich im gothiſchen<lb/>
Tempel anzutreffen ſeyn mußte, ſuchen ſollte;<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[367/0379]
bensweg getrieben war, als ein flatterndes
Schreckbild fort.
Ein neuer, einziger Entſchluß ſtand jetzt in
ſeiner Seele wie ein ſtarrer Arm am Wege feſt,
der immer nach Einer Richtung zeigte, auf die
Blumenbühler Straße: „du mußt zu ihr —
„ſagte der Entſchluß — ſie darf nicht in dem
„Wahne deines Zürnens und deiner alten Här:
„te ſterben — du mußt ſie wieder ſehen, um
„ihr abzubitten, und dann weineſt du, bis ihr
„Grab aufgeht und ſie wegnimmt.“ — O, wie
werd' ich dann, ſagt' er zu ſich, vor dem Ster¬
be-Throne dieſes Engels mein hartes, ſtolzes,
wildes Herz zerknirſchen und alles, alles womit
ich die ſanfte Seele in Lilar blind und wund
gemacht, zurücknehmen, damit ſie nicht zu ſehr
verachte die kurzen Tage ihrer Liebe und da¬
mit doch ihr Herz verſcheide mit einer kleinen
letzten Freude von mir! — Und das, o Gott,
beſcheide uns!“ —
Vergeblich trug Schoppe darauf an, daß
er mit ihm die Expedizionsſtube der Nacht-
Wunder, die ſo wahrſcheinlich im gothiſchen
Tempel anzutreffen ſeyn mußte, ſuchen ſollte;
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/379>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.