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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

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hat Eigenheiten. Sie verträgt sich mit keinen
Frauen, ausser den schlichten und blindguten;
daher ihre Kammerfrauen für sie leben und
sterben. Die Männer hält sie für schlecht und
sagt, sie würde sich verachten, wenn sie je die
Frau oder Sklavin eines Mannes würde; aber
sie sucht sie der Kenntnisse wegen. Dem Für¬
sten hat sie ohne Noth, wenn sie auch Recht
hatte, Bitterkeiten gesagt. Er lacht darüber
und sagt, sie liebe ohnehin Nichts, nicht einmal
Kinder und Schooßhunde. Sie müssen sie se¬
hen. Sie lieset Viel, sie lebt bloß mit der Prin¬
zessin und scheint es, nach ihrem Putze zu schlies¬
sen, wenigstens an unserem Hofe auf keine Er¬
oberungen anzulegen."

Albano sagte, manche dieser Züge wären
ja herrlich, und brach kurz ab. Während des
Gesprächs hatte der Professor fleißig Alles recht
gestellt und festgeschraubt und war jetzt des
Anfangs gewärtig. Er bemerkte die helle som¬
merlaue Nacht -- gieng mit einigen Einleitun¬
gen in den Mond voraus, um die sechs Augen
auf die beträchtlichsten Mondsflecken zu lenken
-- schattete vorläufig einige Schatten droben

hat Eigenheiten. Sie verträgt ſich mit keinen
Frauen, auſſer den ſchlichten und blindguten;
daher ihre Kammerfrauen für ſie leben und
ſterben. Die Männer hält ſie für ſchlecht und
ſagt, ſie würde ſich verachten, wenn ſie je die
Frau oder Sklavin eines Mannes würde; aber
ſie ſucht ſie der Kenntniſſe wegen. Dem Für¬
ſten hat ſie ohne Noth, wenn ſie auch Recht
hatte, Bitterkeiten geſagt. Er lacht darüber
und ſagt, ſie liebe ohnehin Nichts, nicht einmal
Kinder und Schooßhunde. Sie müſſen ſie ſe¬
hen. Sie lieſet Viel, ſie lebt bloß mit der Prin¬
zeſſin und ſcheint es, nach ihrem Putze zu ſchlies¬
ſen, wenigſtens an unſerem Hofe auf keine Er¬
oberungen anzulegen.“

Albano ſagte, manche dieſer Züge wären
ja herrlich, und brach kurz ab. Während des
Geſprächs hatte der Profeſſor fleißig Alles recht
geſtellt und feſtgeſchraubt und war jetzt des
Anfangs gewärtig. Er bemerkte die helle ſom¬
merlaue Nacht — gieng mit einigen Einleitun¬
gen in den Mond voraus, um die ſechs Augen
auf die beträchtlichſten Mondsflecken zu lenken
— ſchattete vorläufig einige Schatten droben

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[331/0343] hat Eigenheiten. Sie verträgt ſich mit keinen Frauen, auſſer den ſchlichten und blindguten; daher ihre Kammerfrauen für ſie leben und ſterben. Die Männer hält ſie für ſchlecht und ſagt, ſie würde ſich verachten, wenn ſie je die Frau oder Sklavin eines Mannes würde; aber ſie ſucht ſie der Kenntniſſe wegen. Dem Für¬ ſten hat ſie ohne Noth, wenn ſie auch Recht hatte, Bitterkeiten geſagt. Er lacht darüber und ſagt, ſie liebe ohnehin Nichts, nicht einmal Kinder und Schooßhunde. Sie müſſen ſie ſe¬ hen. Sie lieſet Viel, ſie lebt bloß mit der Prin¬ zeſſin und ſcheint es, nach ihrem Putze zu ſchlies¬ ſen, wenigſtens an unſerem Hofe auf keine Er¬ oberungen anzulegen.“ Albano ſagte, manche dieſer Züge wären ja herrlich, und brach kurz ab. Während des Geſprächs hatte der Profeſſor fleißig Alles recht geſtellt und feſtgeſchraubt und war jetzt des Anfangs gewärtig. Er bemerkte die helle ſom¬ merlaue Nacht — gieng mit einigen Einleitun¬ gen in den Mond voraus, um die ſechs Augen auf die beträchtlichſten Mondsflecken zu lenken — ſchattete vorläufig einige Schatten droben

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/343>, abgerufen am 24.11.2024.