hat Eigenheiten. Sie verträgt sich mit keinen Frauen, ausser den schlichten und blindguten; daher ihre Kammerfrauen für sie leben und sterben. Die Männer hält sie für schlecht und sagt, sie würde sich verachten, wenn sie je die Frau oder Sklavin eines Mannes würde; aber sie sucht sie der Kenntnisse wegen. Dem Für¬ sten hat sie ohne Noth, wenn sie auch Recht hatte, Bitterkeiten gesagt. Er lacht darüber und sagt, sie liebe ohnehin Nichts, nicht einmal Kinder und Schooßhunde. Sie müssen sie se¬ hen. Sie lieset Viel, sie lebt bloß mit der Prin¬ zessin und scheint es, nach ihrem Putze zu schlies¬ sen, wenigstens an unserem Hofe auf keine Er¬ oberungen anzulegen."
Albano sagte, manche dieser Züge wären ja herrlich, und brach kurz ab. Während des Gesprächs hatte der Professor fleißig Alles recht gestellt und festgeschraubt und war jetzt des Anfangs gewärtig. Er bemerkte die helle som¬ merlaue Nacht -- gieng mit einigen Einleitun¬ gen in den Mond voraus, um die sechs Augen auf die beträchtlichsten Mondsflecken zu lenken -- schattete vorläufig einige Schatten droben
hat Eigenheiten. Sie verträgt ſich mit keinen Frauen, auſſer den ſchlichten und blindguten; daher ihre Kammerfrauen für ſie leben und ſterben. Die Männer hält ſie für ſchlecht und ſagt, ſie würde ſich verachten, wenn ſie je die Frau oder Sklavin eines Mannes würde; aber ſie ſucht ſie der Kenntniſſe wegen. Dem Für¬ ſten hat ſie ohne Noth, wenn ſie auch Recht hatte, Bitterkeiten geſagt. Er lacht darüber und ſagt, ſie liebe ohnehin Nichts, nicht einmal Kinder und Schooßhunde. Sie müſſen ſie ſe¬ hen. Sie lieſet Viel, ſie lebt bloß mit der Prin¬ zeſſin und ſcheint es, nach ihrem Putze zu ſchlies¬ ſen, wenigſtens an unſerem Hofe auf keine Er¬ oberungen anzulegen.“
Albano ſagte, manche dieſer Züge wären ja herrlich, und brach kurz ab. Während des Geſprächs hatte der Profeſſor fleißig Alles recht geſtellt und feſtgeſchraubt und war jetzt des Anfangs gewärtig. Er bemerkte die helle ſom¬ merlaue Nacht — gieng mit einigen Einleitun¬ gen in den Mond voraus, um die ſechs Augen auf die beträchtlichſten Mondsflecken zu lenken — ſchattete vorläufig einige Schatten droben
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0343"n="331"/>
hat Eigenheiten. Sie verträgt ſich mit keinen<lb/>
Frauen, auſſer den ſchlichten und blindguten;<lb/>
daher ihre Kammerfrauen für ſie leben und<lb/>ſterben. Die Männer hält ſie für ſchlecht und<lb/>ſagt, ſie würde ſich verachten, wenn ſie je die<lb/>
Frau oder Sklavin eines Mannes würde; aber<lb/>ſie ſucht ſie der Kenntniſſe wegen. Dem Für¬<lb/>ſten hat ſie ohne Noth, wenn ſie auch Recht<lb/>
hatte, Bitterkeiten geſagt. Er lacht darüber<lb/>
und ſagt, ſie liebe ohnehin Nichts, nicht einmal<lb/>
Kinder und Schooßhunde. Sie müſſen ſie ſe¬<lb/>
hen. Sie lieſet Viel, ſie lebt bloß mit der Prin¬<lb/>
zeſſin und ſcheint es, nach ihrem Putze zu ſchlies¬<lb/>ſen, wenigſtens an unſerem Hofe auf keine Er¬<lb/>
oberungen anzulegen.“</p><lb/><p>Albano ſagte, manche dieſer Züge wären<lb/>
ja herrlich, und brach kurz ab. Während des<lb/>
Geſprächs hatte der Profeſſor fleißig Alles recht<lb/>
geſtellt und feſtgeſchraubt und war jetzt des<lb/>
Anfangs gewärtig. Er bemerkte die helle ſom¬<lb/>
merlaue Nacht — gieng mit einigen Einleitun¬<lb/>
gen in den Mond voraus, um die ſechs Augen<lb/>
auf die beträchtlichſten Mondsflecken zu lenken<lb/>—ſchattete vorläufig einige Schatten droben<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[331/0343]
hat Eigenheiten. Sie verträgt ſich mit keinen
Frauen, auſſer den ſchlichten und blindguten;
daher ihre Kammerfrauen für ſie leben und
ſterben. Die Männer hält ſie für ſchlecht und
ſagt, ſie würde ſich verachten, wenn ſie je die
Frau oder Sklavin eines Mannes würde; aber
ſie ſucht ſie der Kenntniſſe wegen. Dem Für¬
ſten hat ſie ohne Noth, wenn ſie auch Recht
hatte, Bitterkeiten geſagt. Er lacht darüber
und ſagt, ſie liebe ohnehin Nichts, nicht einmal
Kinder und Schooßhunde. Sie müſſen ſie ſe¬
hen. Sie lieſet Viel, ſie lebt bloß mit der Prin¬
zeſſin und ſcheint es, nach ihrem Putze zu ſchlies¬
ſen, wenigſtens an unſerem Hofe auf keine Er¬
oberungen anzulegen.“
Albano ſagte, manche dieſer Züge wären
ja herrlich, und brach kurz ab. Während des
Geſprächs hatte der Profeſſor fleißig Alles recht
geſtellt und feſtgeſchraubt und war jetzt des
Anfangs gewärtig. Er bemerkte die helle ſom¬
merlaue Nacht — gieng mit einigen Einleitun¬
gen in den Mond voraus, um die ſechs Augen
auf die beträchtlichſten Mondsflecken zu lenken
— ſchattete vorläufig einige Schatten droben
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/343>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.