ob er standhaft sey, vertrauen und für sie wa¬ gen könne. Er schwur, schon als Fürstin dürfe sie jede Aufopferung und Verehrung von sei¬ nem Doppeltpfünder erwarten. Sie fuhr fort: sie hab' ihm heute wichtige Dinge über sich und den Fürsten anzuvertrauen; sie wolle, wenn die Foule fort wäre, mit ihm allein sprechen; er brauche bloß von der Gartenseite die kleine Treppe herauf an die Thür des Bibliothekzim¬ mers zu gehen; diese sey aufgeschlossen; am po¬ etischen Bücherschrank sey links in der Wand eine Springfeder, deren Druck ihm die Tape¬ tenthüre des Zimmers öffne, wo er sie erwarten sollte.
Sogleich stand sie auf, das Ja voraus¬ setzend. Wie es jetzt in den beiden Pfunden seines 64löthigen Herzens hergieng, kann bloß seinen Todfeinden ein Vergnügen, es zu erfah¬ ren seyn. So viel lag mit langen, dicken, stei¬ nernen Buchstaben wie auf einem Epitaphium geschrieben ihm vor, daß nach wenig Stunden, wenn die andern Herren, sonst noch größere Sünder als er, ruhig in den schönen, den Schlo߬ hof formirenden Dienerhäusern schnarchen
Titan III. X
ob er ſtandhaft ſey, vertrauen und für ſie wa¬ gen könne. Er ſchwur, ſchon als Fürſtin dürfe ſie jede Aufopferung und Verehrung von ſei¬ nem Doppeltpfünder erwarten. Sie fuhr fort: ſie hab' ihm heute wichtige Dinge über ſich und den Fürſten anzuvertrauen; ſie wolle, wenn die Foule fort wäre, mit ihm allein ſprechen; er brauche bloß von der Gartenſeite die kleine Treppe herauf an die Thür des Bibliothekzim¬ mers zu gehen; dieſe ſey aufgeſchloſſen; am po¬ etiſchen Bücherſchrank ſey links in der Wand eine Springfeder, deren Druck ihm die Tape¬ tenthüre des Zimmers öffne, wo er ſie erwarten ſollte.
Sogleich ſtand ſie auf, das Ja voraus¬ ſetzend. Wie es jetzt in den beiden Pfunden ſeines 64löthigen Herzens hergieng, kann bloß ſeinen Todfeinden ein Vergnügen, es zu erfah¬ ren ſeyn. So viel lag mit langen, dicken, ſtei¬ nernen Buchſtaben wie auf einem Epitaphium geſchrieben ihm vor, daß nach wenig Stunden, wenn die andern Herren, ſonſt noch größere Sünder als er, ruhig in den ſchönen, den Schlo߬ hof formirenden Dienerhäuſern ſchnarchen
Titan III. X
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0333"n="321"/>
ob er ſtandhaft ſey, vertrauen und für ſie wa¬<lb/>
gen könne. Er ſchwur, ſchon als Fürſtin dürfe<lb/>ſie jede Aufopferung und Verehrung von ſei¬<lb/>
nem Doppeltpfünder erwarten. Sie fuhr fort:<lb/>ſie hab' ihm heute wichtige Dinge über ſich und<lb/>
den Fürſten anzuvertrauen; ſie wolle, wenn die<lb/><hirendition="#aq">Foule</hi> fort wäre, mit ihm allein ſprechen; er<lb/>
brauche bloß von der Gartenſeite die kleine<lb/>
Treppe herauf an die Thür des Bibliothekzim¬<lb/>
mers zu gehen; dieſe ſey aufgeſchloſſen; am po¬<lb/>
etiſchen Bücherſchrank ſey links in der Wand<lb/>
eine Springfeder, deren Druck ihm die Tape¬<lb/>
tenthüre des Zimmers öffne, wo er ſie erwarten<lb/>ſollte.</p><lb/><p>Sogleich ſtand ſie auf, das Ja voraus¬<lb/>ſetzend. Wie es jetzt in den beiden Pfunden<lb/>ſeines 64löthigen Herzens hergieng, kann bloß<lb/>ſeinen Todfeinden ein Vergnügen, es zu erfah¬<lb/>
ren ſeyn. So viel lag mit langen, dicken, ſtei¬<lb/>
nernen Buchſtaben wie auf einem Epitaphium<lb/>
geſchrieben ihm vor, daß nach wenig Stunden,<lb/>
wenn die andern Herren, ſonſt noch größere<lb/>
Sünder als er, ruhig in den ſchönen, den Schlo߬<lb/>
hof formirenden Dienerhäuſern ſchnarchen<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Titan <hirendition="#aq">III</hi>. X<lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[321/0333]
ob er ſtandhaft ſey, vertrauen und für ſie wa¬
gen könne. Er ſchwur, ſchon als Fürſtin dürfe
ſie jede Aufopferung und Verehrung von ſei¬
nem Doppeltpfünder erwarten. Sie fuhr fort:
ſie hab' ihm heute wichtige Dinge über ſich und
den Fürſten anzuvertrauen; ſie wolle, wenn die
Foule fort wäre, mit ihm allein ſprechen; er
brauche bloß von der Gartenſeite die kleine
Treppe herauf an die Thür des Bibliothekzim¬
mers zu gehen; dieſe ſey aufgeſchloſſen; am po¬
etiſchen Bücherſchrank ſey links in der Wand
eine Springfeder, deren Druck ihm die Tape¬
tenthüre des Zimmers öffne, wo er ſie erwarten
ſollte.
Sogleich ſtand ſie auf, das Ja voraus¬
ſetzend. Wie es jetzt in den beiden Pfunden
ſeines 64löthigen Herzens hergieng, kann bloß
ſeinen Todfeinden ein Vergnügen, es zu erfah¬
ren ſeyn. So viel lag mit langen, dicken, ſtei¬
nernen Buchſtaben wie auf einem Epitaphium
geſchrieben ihm vor, daß nach wenig Stunden,
wenn die andern Herren, ſonſt noch größere
Sünder als er, ruhig in den ſchönen, den Schlo߬
hof formirenden Dienerhäuſern ſchnarchen
Titan III. X
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/333>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.