Höhle zu tragen. Der Wehrlosen enges, armes Lebens-Gärtchen, worin nur wenig wächst, steht auf dem langen Minengang, der unter Roquai¬ rols ausgedehnten Lustlagern wegläuft; und der schwärzeste Engel hat die Minen-Lunte schon angesteckt -- Feurig frisset der gierige Punkt sich weiter. Noch steht ihr Gärtchen voll Sonnenschein und seine Blumen wiegen sich -- der Funke nagt ein wenig am schwarzen Pul¬ ver, plötzlich reisset er einen ungeheuern Flam¬ men-Rachen auf -- Und das grüne Gärtchen taumelt, zersprengt, zerstäubt, in schwarzen Schollen aus der Luft herab an ganz fernen Stellen -- Und das Leben der Armen ist Dampf und Gruft. -- --
Aber Roquairols ausgebreiteten, weiten und zusammengewurzelten Lust-Parks widerstanden dem Erdstoße viel kräftiger. -- Beide traten dann betrübt -- denn dem Hauptmann war eine kleine Laube aufgeschleudert -- aus dem Minirgange heraus, trafen aber die Blinde nicht mehr an, die suchend sich verlaufen hatte, sondern stießen nur dem umherirrenden Alba¬ no auf, der sehr trauerte und tobte, ob er
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Höhle zu tragen. Der Wehrloſen enges, armes Lebens-Gärtchen, worin nur wenig wächſt, ſteht auf dem langen Minengang, der unter Roquai¬ rols ausgedehnten Luſtlagern wegläuft; und der ſchwärzeſte Engel hat die Minen-Lunte ſchon angeſteckt — Feurig friſſet der gierige Punkt ſich weiter. Noch ſteht ihr Gärtchen voll Sonnenſchein und ſeine Blumen wiegen ſich — der Funke nagt ein wenig am ſchwarzen Pul¬ ver, plötzlich reiſſet er einen ungeheuern Flam¬ men-Rachen auf — Und das grüne Gärtchen taumelt, zerſprengt, zerſtäubt, in ſchwarzen Schollen aus der Luft herab an ganz fernen Stellen — Und das Leben der Armen iſt Dampf und Gruft. — —
Aber Roquairols ausgebreiteten, weiten und zuſammengewurzelten Luſt-Parks widerſtanden dem Erdſtoße viel kräftiger. — Beide traten dann betrübt — denn dem Hauptmann war eine kleine Laube aufgeſchleudert — aus dem Minirgange heraus, trafen aber die Blinde nicht mehr an, die ſuchend ſich verlaufen hatte, ſondern ſtießen nur dem umherirrenden Alba¬ no auf, der ſehr trauerte und tobte, ob er
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Höhle zu tragen. Der Wehrloſen enges, armes
Lebens-Gärtchen, worin nur wenig wächſt, ſteht
auf dem langen Minengang, der unter Roquai¬
rols ausgedehnten Luſtlagern wegläuft; und
der ſchwärzeſte Engel hat die Minen-Lunte
ſchon angeſteckt — Feurig friſſet der gierige
Punkt ſich weiter. Noch ſteht ihr Gärtchen voll
Sonnenſchein und ſeine Blumen wiegen ſich —
der Funke nagt ein wenig am ſchwarzen Pul¬
ver, plötzlich reiſſet er einen ungeheuern Flam¬
men-Rachen auf — Und das grüne Gärtchen
taumelt, zerſprengt, zerſtäubt, in ſchwarzen
Schollen aus der Luft herab an ganz fernen
Stellen — Und das Leben der Armen iſt Dampf
und Gruft. — —
Aber Roquairols ausgebreiteten, weiten und
zuſammengewurzelten Luſt-Parks widerſtanden
dem Erdſtoße viel kräftiger. — Beide traten
dann betrübt — denn dem Hauptmann war
eine kleine Laube aufgeſchleudert — aus dem
Minirgange heraus, trafen aber die Blinde
nicht mehr an, die ſuchend ſich verlaufen hatte,
ſondern ſtießen nur dem umherirrenden Alba¬
no auf, der ſehr trauerte und tobte, ob er
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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/287>, abgerufen am 24.11.2024.
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