Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.aufreibenden Sirene. Der abgebrochne Lan¬ Eines Tages kam Chariton in die Stadt, aufreibenden Sirene. Der abgebrochne Lan¬ Eines Tages kam Chariton in die Stadt, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0267" n="255"/> aufreibenden Sirene. Der abgebrochne Lan¬<lb/> zenſplitter der Wunde zog in ſeinem ganzen<lb/> Weſen nagend herum. O, wie in den Kinder¬<lb/> jahren, wenn ihm die Roſen-Wolke am Him¬<lb/> mel gerade auf dem Berge aufzuliegen und ſo<lb/> leicht zu ergreifen ſchien, das herrliche Gewölk<lb/> weit in den Himmel zurückfuhr, ſobald er den<lb/> Berg erſtiegen hatte: ſo ſtand jetzt die Aurora<lb/> des Lebens und Geiſtes, die er nahe faſſen wol¬<lb/> len, ſo hoch und ferne droben über ſeiner Hand<lb/> im Blau. Mühſam erreicht der Menſch die<lb/> Alpe der idealiſchen Liebe, noch mühſamer und<lb/> gefährlicher iſt — wie von andern Alpen —<lb/> das Herabſteigen von ihr.</p><lb/> <p>Eines Tages kam Chariton in die Stadt,<lb/> bloß um ihm endlich einen Brief ihres Man¬<lb/> nes — denn Dian machte wie alle Künſtler<lb/> leichter und lieber ein Kunſtwerk als einen Brief<lb/> — zu überbringen, worin er ſich freuete, daß<lb/> er Albano ſo bald ſehen würde. „Er kommt alſo<lb/> wieder?“ fragte der Graf. Sie rief betrübt aus:<lb/> „Bei Leibe! — Ja das! — Nach ſeinem vori¬<lb/> gen Schreiben bleibt er noch ſein Jahr.“ —<lb/> „So verſteh' ich ihn nicht,“ ſagte Albano.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [255/0267]
aufreibenden Sirene. Der abgebrochne Lan¬
zenſplitter der Wunde zog in ſeinem ganzen
Weſen nagend herum. O, wie in den Kinder¬
jahren, wenn ihm die Roſen-Wolke am Him¬
mel gerade auf dem Berge aufzuliegen und ſo
leicht zu ergreifen ſchien, das herrliche Gewölk
weit in den Himmel zurückfuhr, ſobald er den
Berg erſtiegen hatte: ſo ſtand jetzt die Aurora
des Lebens und Geiſtes, die er nahe faſſen wol¬
len, ſo hoch und ferne droben über ſeiner Hand
im Blau. Mühſam erreicht der Menſch die
Alpe der idealiſchen Liebe, noch mühſamer und
gefährlicher iſt — wie von andern Alpen —
das Herabſteigen von ihr.
Eines Tages kam Chariton in die Stadt,
bloß um ihm endlich einen Brief ihres Man¬
nes — denn Dian machte wie alle Künſtler
leichter und lieber ein Kunſtwerk als einen Brief
— zu überbringen, worin er ſich freuete, daß
er Albano ſo bald ſehen würde. „Er kommt alſo
wieder?“ fragte der Graf. Sie rief betrübt aus:
„Bei Leibe! — Ja das! — Nach ſeinem vori¬
gen Schreiben bleibt er noch ſein Jahr.“ —
„So verſteh' ich ihn nicht,“ ſagte Albano.
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