drohend entgegen liefen, ließ er heran und lö¬ sete sie auf: steht der Feind einmal da, dacht' er, so bin ich seiner auch.
Oft stand er im Tartarus und fand in die¬ sem Stillleben des Todes von erhobner Arbeit Seelenstille. Die Gegenwart nimmt schneller unsern Wiederschein als wir ihren an; auch hier gewann er sanfte, weite, das Leben lich¬ tende Hoffnungen und süße Thränen, die ihm über Lianens Sterbe-Glauben entflossen, nicht weil er die Wahrscheinlichkeit, sondern weil er die Unwahrscheinlichkeit desselben sich dachte, die durch Liebe und Freude und Genesung täg¬ lich größer wurde.
Nur Ein Unglück gab's für ihn, woran jede Waffe zersprang, dessen Möglichkeit er aber für einen sündigen Gedanken hielt, daß näm¬ lich er und Liane durch Schuld, Zeit oder Men¬ schen aufhören könnten, einander zu lieben; hier, auf zwei Herzen vertrauend, trotzt' er kühn der Zukunft: -- O, wer sagte nicht, wenn er im Vertrauen auf eine warme Ewigkeit seine Ent¬ zückung ausdrückte: die Parze kann unser Leben zerschneiden, aber sie komme und öfne die
drohend entgegen liefen, ließ er heran und lö¬ ſete ſie auf: ſteht der Feind einmal da, dacht' er, ſo bin ich ſeiner auch.
Oft ſtand er im Tartarus und fand in die¬ ſem Stillleben des Todes von erhobner Arbeit Seelenſtille. Die Gegenwart nimmt ſchneller unſern Wiederſchein als wir ihren an; auch hier gewann er ſanfte, weite, das Leben lich¬ tende Hoffnungen und ſüße Thränen, die ihm über Lianens Sterbe-Glauben entfloſſen, nicht weil er die Wahrſcheinlichkeit, ſondern weil er die Unwahrſcheinlichkeit deſſelben ſich dachte, die durch Liebe und Freude und Geneſung täg¬ lich größer wurde.
Nur Ein Unglück gab's für ihn, woran jede Waffe zerſprang, deſſen Möglichkeit er aber für einen ſündigen Gedanken hielt, daß näm¬ lich er und Liane durch Schuld, Zeit oder Men¬ ſchen aufhören könnten, einander zu lieben; hier, auf zwei Herzen vertrauend, trotzt' er kühn der Zukunft: — O, wer ſagte nicht, wenn er im Vertrauen auf eine warme Ewigkeit ſeine Ent¬ zückung ausdrückte: die Parze kann unſer Leben zerſchneiden, aber ſie komme und öfne die
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drohend entgegen liefen, ließ er heran und lö¬
ſete ſie auf: ſteht der Feind einmal da, dacht'
er, ſo bin ich ſeiner auch.
Oft ſtand er im Tartarus und fand in die¬
ſem Stillleben des Todes von erhobner Arbeit
Seelenſtille. Die Gegenwart nimmt ſchneller
unſern Wiederſchein als wir ihren an; auch
hier gewann er ſanfte, weite, das Leben lich¬
tende Hoffnungen und ſüße Thränen, die ihm
über Lianens Sterbe-Glauben entfloſſen, nicht
weil er die Wahrſcheinlichkeit, ſondern weil er
die Unwahrſcheinlichkeit deſſelben ſich dachte,
die durch Liebe und Freude und Geneſung täg¬
lich größer wurde.
Nur Ein Unglück gab's für ihn, woran jede
Waffe zerſprang, deſſen Möglichkeit er aber
für einen ſündigen Gedanken hielt, daß näm¬
lich er und Liane durch Schuld, Zeit oder Men¬
ſchen aufhören könnten, einander zu lieben;
hier, auf zwei Herzen vertrauend, trotzt' er kühn
der Zukunft: — O, wer ſagte nicht, wenn er im
Vertrauen auf eine warme Ewigkeit ſeine Ent¬
zückung ausdrückte: die Parze kann unſer Leben
zerſchneiden, aber ſie komme und öfne die
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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/25>, abgerufen am 24.11.2024.
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