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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

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ist gar Nichts zu jammern -- oder sie ist mir,
aus irgend einer Schwäche etwan gegen die
wüthigen und geliebten Eltern nicht mehr treu,
oder aus Kälte gegen mich, oder aus Religio¬
sität, Irrthum und so weiter: dann seh' ich (fuhr
er fort und suchte die beiden Füße tiefer und fe¬
ster in den Boden einzutreten, ohne doch einen
Widerhalt zu haben) weiter Nichts zu thun als
Nichts, nicht ein plärrender Säugling, ein äch¬
zender Siechling, sondern ein eiserner Mann zu
seyn -- nicht blutig zu weinen über ein vergang¬
nes Herz, über die tiefe Todesasche auf allen
Feldern und Pflanzungen meiner Jugend und
über meinen ungeheuern -- Schmerz." So be¬
thört' er sich und hielt das Bedürfniß des Tro¬
stes für die Gegenwart desselben.

Jeden Abend besuchte er die Sternwarte
außer der Stadt auf der Blumenbühler Höhe.
Er fand den alten, einsamen, magern, ewig
rechnenden weib- und kinderlosen Sternwärtel
immer freundlich und unbefangen wie ein Kind,
nichts fragend nach Kriegszeitungen, Mode¬
journalen und Poesieen; und nirgends für sein
Vergnügen Geld ausgebend ausser auf der Post

iſt gar Nichts zu jammern — oder ſie iſt mir,
aus irgend einer Schwäche etwan gegen die
wüthigen und geliebten Eltern nicht mehr treu,
oder aus Kälte gegen mich, oder aus Religio¬
ſität, Irrthum und ſo weiter: dann ſeh' ich (fuhr
er fort und ſuchte die beiden Füße tiefer und fe¬
ſter in den Boden einzutreten, ohne doch einen
Widerhalt zu haben) weiter Nichts zu thun als
Nichts, nicht ein plärrender Säugling, ein äch¬
zender Siechling, ſondern ein eiſerner Mann zu
ſeyn — nicht blutig zu weinen über ein vergang¬
nes Herz, über die tiefe Todesaſche auf allen
Feldern und Pflanzungen meiner Jugend und
über meinen ungeheuern — Schmerz.“ So be¬
thört' er ſich und hielt das Bedürfniß des Tro¬
ſtes für die Gegenwart deſſelben.

Jeden Abend beſuchte er die Sternwarte
außer der Stadt auf der Blumenbühler Höhe.
Er fand den alten, einſamen, magern, ewig
rechnenden weib- und kinderloſen Sternwärtel
immer freundlich und unbefangen wie ein Kind,
nichts fragend nach Kriegszeitungen, Mode¬
journalen und Poeſieen; und nirgends für ſein
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[187/0199] iſt gar Nichts zu jammern — oder ſie iſt mir, aus irgend einer Schwäche etwan gegen die wüthigen und geliebten Eltern nicht mehr treu, oder aus Kälte gegen mich, oder aus Religio¬ ſität, Irrthum und ſo weiter: dann ſeh' ich (fuhr er fort und ſuchte die beiden Füße tiefer und fe¬ ſter in den Boden einzutreten, ohne doch einen Widerhalt zu haben) weiter Nichts zu thun als Nichts, nicht ein plärrender Säugling, ein äch¬ zender Siechling, ſondern ein eiſerner Mann zu ſeyn — nicht blutig zu weinen über ein vergang¬ nes Herz, über die tiefe Todesaſche auf allen Feldern und Pflanzungen meiner Jugend und über meinen ungeheuern — Schmerz.“ So be¬ thört' er ſich und hielt das Bedürfniß des Tro¬ ſtes für die Gegenwart deſſelben. Jeden Abend beſuchte er die Sternwarte außer der Stadt auf der Blumenbühler Höhe. Er fand den alten, einſamen, magern, ewig rechnenden weib- und kinderloſen Sternwärtel immer freundlich und unbefangen wie ein Kind, nichts fragend nach Kriegszeitungen, Mode¬ journalen und Poeſieen; und nirgends für ſein Vergnügen Geld ausgebend auſſer auf der Poſt

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/199>, abgerufen am 27.11.2024.