vor Lianen hatt' es ohne Sonnenschein gereg¬ net, als sie heute verborgen bloß in den Tem¬ pel des Traums herüberfuhr, um nur ein geliebtes Wesen zu spielen, aber keines zu seyn.
Noch brannte keine Lampe. Albano blickte in jede grüne Vertiefung nach seinem Engel des Lichts. Sogar der Fürst selber, der die plötzliche Peterskuppel-Entzündung noch mit seinen Winken zurückhielt, sah dem a Höfen so seltenen Vergnügen entgegen, zweifach zu überraschen. Die Fürstin hatte dem Minister die Verlegenheit der Lüge oder Antwort er¬ spart, denn sie hatte gar nicht nach der künfti¬ gen Hofdame Liane gefragt, gleich dieser gan¬ zen starken Weiberklasse gegen ihr Geschlecht gleichgültig, aber desto fester an einer Auser¬ wählten hangend. Albano erblickte im treiben¬ den, verdunkelten Getümmel seine Pflegeeltern und Rabette, aber in diesem Taumel des Bo¬ dens und der Seele konnt' er wie andere seine Augen nur auf den selber verhangnen Vorhang richten, hinter dem er mehr als alle Andere zu finden und zu verlieren hatte. Doch in Ju¬ gendjahren hängt kein schwarzer, nur ein bun¬
vor Lianen hatt' es ohne Sonnenſchein gereg¬ net, als ſie heute verborgen bloß in den Tem¬ pel des Traums herüberfuhr, um nur ein geliebtes Weſen zu ſpielen, aber keines zu ſeyn.
Noch brannte keine Lampe. Albano blickte in jede grüne Vertiefung nach ſeinem Engel des Lichts. Sogar der Fürſt ſelber, der die plötzliche Peterskuppel-Entzündung noch mit ſeinen Winken zurückhielt, ſah dem a Höfen ſo ſeltenen Vergnügen entgegen, zweifach zu überraſchen. Die Fürſtin hatte dem Miniſter die Verlegenheit der Lüge oder Antwort er¬ ſpart, denn ſie hatte gar nicht nach der künfti¬ gen Hofdame Liane gefragt, gleich dieſer gan¬ zen ſtarken Weiberklaſſe gegen ihr Geſchlecht gleichgültig, aber deſto feſter an einer Auser¬ wählten hangend. Albano erblickte im treiben¬ den, verdunkelten Getümmel ſeine Pflegeeltern und Rabette, aber in dieſem Taumel des Bo¬ dens und der Seele konnt' er wie andere ſeine Augen nur auf den ſelber verhangnen Vorhang richten, hinter dem er mehr als alle Andere zu finden und zu verlieren hatte. Doch in Ju¬ gendjahren hängt kein ſchwarzer, nur ein bun¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0179"n="167"/>
vor Lianen hatt' es ohne Sonnenſchein gereg¬<lb/>
net, als ſie heute verborgen bloß in den Tem¬<lb/>
pel des <hirendition="#g">Traums</hi> herüberfuhr, um nur ein<lb/>
geliebtes Weſen zu ſpielen, aber keines zu ſeyn.</p><lb/><p>Noch brannte keine Lampe. Albano blickte<lb/>
in jede grüne Vertiefung nach ſeinem Engel<lb/>
des Lichts. Sogar der Fürſt ſelber, der die<lb/>
plötzliche Peterskuppel-Entzündung noch mit<lb/>ſeinen Winken zurückhielt, ſah dem a Höfen<lb/>ſo ſeltenen Vergnügen entgegen, zweifach zu<lb/>
überraſchen. Die Fürſtin hatte dem Miniſter<lb/>
die Verlegenheit der Lüge oder Antwort er¬<lb/>ſpart, denn ſie hatte gar nicht nach der künfti¬<lb/>
gen Hofdame Liane gefragt, gleich dieſer gan¬<lb/>
zen ſtarken Weiberklaſſe gegen ihr Geſchlecht<lb/>
gleichgültig, aber deſto feſter an einer Auser¬<lb/>
wählten hangend. Albano erblickte im treiben¬<lb/>
den, verdunkelten Getümmel ſeine Pflegeeltern<lb/>
und Rabette, aber in dieſem Taumel des Bo¬<lb/>
dens und der Seele konnt' er wie andere ſeine<lb/>
Augen nur auf den ſelber verhangnen Vorhang<lb/>
richten, hinter dem er mehr als alle Andere zu<lb/>
finden und zu verlieren hatte. Doch in Ju¬<lb/>
gendjahren hängt kein ſchwarzer, nur ein bun¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[167/0179]
vor Lianen hatt' es ohne Sonnenſchein gereg¬
net, als ſie heute verborgen bloß in den Tem¬
pel des Traums herüberfuhr, um nur ein
geliebtes Weſen zu ſpielen, aber keines zu ſeyn.
Noch brannte keine Lampe. Albano blickte
in jede grüne Vertiefung nach ſeinem Engel
des Lichts. Sogar der Fürſt ſelber, der die
plötzliche Peterskuppel-Entzündung noch mit
ſeinen Winken zurückhielt, ſah dem a Höfen
ſo ſeltenen Vergnügen entgegen, zweifach zu
überraſchen. Die Fürſtin hatte dem Miniſter
die Verlegenheit der Lüge oder Antwort er¬
ſpart, denn ſie hatte gar nicht nach der künfti¬
gen Hofdame Liane gefragt, gleich dieſer gan¬
zen ſtarken Weiberklaſſe gegen ihr Geſchlecht
gleichgültig, aber deſto feſter an einer Auser¬
wählten hangend. Albano erblickte im treiben¬
den, verdunkelten Getümmel ſeine Pflegeeltern
und Rabette, aber in dieſem Taumel des Bo¬
dens und der Seele konnt' er wie andere ſeine
Augen nur auf den ſelber verhangnen Vorhang
richten, hinter dem er mehr als alle Andere zu
finden und zu verlieren hatte. Doch in Ju¬
gendjahren hängt kein ſchwarzer, nur ein bun¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/179>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.