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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

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Wie erröthete das kindliche Mädchen über
die scharfen Tagsstrahlen, welche die duftende
Nachtviole ihrer Liebe trafen! Aber ihr Kind¬
heitsfreund sprach sanft an dieses geschlagne
Herz -- und von seiner gleichen Liebe gegen
sie und ihren Freund -- von dem Temperamen¬
te des Vaters -- und von der Nothwendigkeit
bedachtsamer Maaßregeln -- und sagte, die
beste sey es, wenn sie ihm heilig gelobe, dem
elterlichen Wunsche, den Grafen strenge zu mei¬
den, nur so lange nachzugeben bis er von des¬
sen Vater, den er als Begleiter des Sohnes
längst über das neue Verhältniß benachrichti¬
gen und fragen müssen, das Ja oder Nein da¬
zu erhalten; sey es ein Nein, -- was er aber nicht
verbürge -- so müsse Albano das Räthsel lö¬
sen; sey es ein Ja, so steh' er selber für das zweite
ihrer Eltern; zugleich müss' er aber auf ihr fe¬
stestes Schweigen gegen diese über sein Anfra¬
gen, wodurch sie sich vielleicht kompromittirt
finden könnten, Anspruch machen. Damit wur¬
zelte er nur noch tiefer in ihr Vertrauen ein.

Sie fragte zitternd wie lange die Antwort
verziehe. "Sechs, acht, eilf Tage nach der Ver¬

mählung

Wie erröthete das kindliche Mädchen über
die ſcharfen Tagsſtrahlen, welche die duftende
Nachtviole ihrer Liebe trafen! Aber ihr Kind¬
heitsfreund ſprach ſanft an dieſes geſchlagne
Herz — und von ſeiner gleichen Liebe gegen
ſie und ihren Freund — von dem Temperamen¬
te des Vaters — und von der Nothwendigkeit
bedachtſamer Maaßregeln — und ſagte, die
beſte ſey es, wenn ſie ihm heilig gelobe, dem
elterlichen Wunſche, den Grafen ſtrenge zu mei¬
den, nur ſo lange nachzugeben bis er von des¬
ſen Vater, den er als Begleiter des Sohnes
längſt über das neue Verhältniß benachrichti¬
gen und fragen müſſen, das Ja oder Nein da¬
zu erhalten; ſey es ein Nein, — was er aber nicht
verbürge — ſo müſſe Albano das Räthſel lö¬
ſen; ſey es ein Ja, ſo ſteh' er ſelber für das zweite
ihrer Eltern; zugleich müſſ' er aber auf ihr fe¬
ſteſtes Schweigen gegen dieſe über ſein Anfra¬
gen, wodurch ſie ſich vielleicht kompromittirt
finden könnten, Anſpruch machen. Damit wur¬
zelte er nur noch tiefer in ihr Vertrauen ein.

Sie fragte zitternd wie lange die Antwort
verziehe. „Sechs, acht, eilf Tage nach der Ver¬

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[144/0156] Wie erröthete das kindliche Mädchen über die ſcharfen Tagsſtrahlen, welche die duftende Nachtviole ihrer Liebe trafen! Aber ihr Kind¬ heitsfreund ſprach ſanft an dieſes geſchlagne Herz — und von ſeiner gleichen Liebe gegen ſie und ihren Freund — von dem Temperamen¬ te des Vaters — und von der Nothwendigkeit bedachtſamer Maaßregeln — und ſagte, die beſte ſey es, wenn ſie ihm heilig gelobe, dem elterlichen Wunſche, den Grafen ſtrenge zu mei¬ den, nur ſo lange nachzugeben bis er von des¬ ſen Vater, den er als Begleiter des Sohnes längſt über das neue Verhältniß benachrichti¬ gen und fragen müſſen, das Ja oder Nein da¬ zu erhalten; ſey es ein Nein, — was er aber nicht verbürge — ſo müſſe Albano das Räthſel lö¬ ſen; ſey es ein Ja, ſo ſteh' er ſelber für das zweite ihrer Eltern; zugleich müſſ' er aber auf ihr fe¬ ſteſtes Schweigen gegen dieſe über ſein Anfra¬ gen, wodurch ſie ſich vielleicht kompromittirt finden könnten, Anſpruch machen. Damit wur¬ zelte er nur noch tiefer in ihr Vertrauen ein. Sie fragte zitternd wie lange die Antwort verziehe. „Sechs, acht, eilf Tage nach der Ver¬ mählung

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/156>, abgerufen am 24.11.2024.