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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

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folgsames Kind. Sie haßte ihre reine Liebe,
die wie Aether, ohne Asche, Rauch und Kohle
brannte, um desto mehr, und hielt sie für Scha¬
denfeuer, oder Feuerschaden, besonders da ihre
eigne bisher als fast nie mehr ein vornehmes
Kaminstück gewesen.

Liane stieg zuletzt, zu schwer zusammen¬
gepresset, da jenseits der Wandtapete der
heitere Tag, der schönste Himmel blühte,
aufs welsche Dach hinauf. Sie sah, wie die
Menschen vergnügt von kleinen Lustörtern,
weil die Erde ein großer war, zurück fuhren
und ritten; auf Lilars Stauden-Pfad wandel¬
ten die Spaziergänger seelig-langsam heim --
auf den Gassen wurde laut an den Fest-Ge¬
rüsten und Himmelswagen für die Fürstenbraut
gezimmert und die fertigen Räder wurden
prüfend gerollt -- und überall hörte man die
Übungen der jungen Musik, die erwachsen vor
sie treten sollte. Aber als Liane auf sich blickte
und hier ihr Leben allein im dunkeln Gewande
stehen sah -- drüben das leere Haus des Ge¬
liebten -- hier das ihrige, das auch leer für
sie geworden -- diese Stelle, die noch an eine

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folgſames Kind. Sie haßte ihre reine Liebe,
die wie Aether, ohne Aſche, Rauch und Kohle
brannte, um deſto mehr, und hielt ſie für Scha¬
denfeuer, oder Feuerſchaden, beſonders da ihre
eigne bisher als faſt nie mehr ein vornehmes
Kaminſtück geweſen.

Liane ſtieg zuletzt, zu ſchwer zuſammen¬
gepreſſet, da jenſeits der Wandtapete der
heitere Tag, der ſchönſte Himmel blühte,
aufs welſche Dach hinauf. Sie ſah, wie die
Menſchen vergnügt von kleinen Luſtörtern,
weil die Erde ein großer war, zurück fuhren
und ritten; auf Lilars Stauden-Pfad wandel¬
ten die Spaziergänger ſeelig-langſam heim —
auf den Gaſſen wurde laut an den Feſt-Ge¬
rüſten und Himmelswagen für die Fürſtenbraut
gezimmert und die fertigen Räder wurden
prüfend gerollt — und überall hörte man die
Übungen der jungen Muſik, die erwachſen vor
ſie treten ſollte. Aber als Liane auf ſich blickte
und hier ihr Leben allein im dunkeln Gewande
ſtehen ſah — drüben das leere Haus des Ge¬
liebten — hier das ihrige, das auch leer für
ſie geworden — dieſe Stelle, die noch an eine

J 2
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[131/0143] folgſames Kind. Sie haßte ihre reine Liebe, die wie Aether, ohne Aſche, Rauch und Kohle brannte, um deſto mehr, und hielt ſie für Scha¬ denfeuer, oder Feuerſchaden, beſonders da ihre eigne bisher als faſt nie mehr ein vornehmes Kaminſtück geweſen. Liane ſtieg zuletzt, zu ſchwer zuſammen¬ gepreſſet, da jenſeits der Wandtapete der heitere Tag, der ſchönſte Himmel blühte, aufs welſche Dach hinauf. Sie ſah, wie die Menſchen vergnügt von kleinen Luſtörtern, weil die Erde ein großer war, zurück fuhren und ritten; auf Lilars Stauden-Pfad wandel¬ ten die Spaziergänger ſeelig-langſam heim — auf den Gaſſen wurde laut an den Feſt-Ge¬ rüſten und Himmelswagen für die Fürſtenbraut gezimmert und die fertigen Räder wurden prüfend gerollt — und überall hörte man die Übungen der jungen Muſik, die erwachſen vor ſie treten ſollte. Aber als Liane auf ſich blickte und hier ihr Leben allein im dunkeln Gewande ſtehen ſah — drüben das leere Haus des Ge¬ liebten — hier das ihrige, das auch leer für ſie geworden — dieſe Stelle, die noch an eine J 2

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/143>, abgerufen am 24.11.2024.