Liane ganz blühend in alle Zirkel fahre, als bloß der Lektor häufigere!
Er begriff wohl, daß nur die Medusen¬ köpfe der Eltern das weichste Herz gegen ihn versteinern könnten; aber eben das fand er nicht recht, er foderte keck, daß er von ihr mehr als die Eltern geliebt werde; "nicht aus Egoismus, (sagt' er zu sich,) nicht meinet- son¬ dern ihrentwegen". Der Liebende will eine große, unbeschreibliche Liebe -- von der er sich immer nur als den zufälligen und unwerthen Gegen¬ stand glaubt --, bloß um selber die höchste zu geben.
Sogar der schweigende Lektor, der sonst alle neu aufgehende Lichter hinter Licht- und Ofenschir¬ me stellte, theilte ungebeten dem Grafen die Neu¬ igkeit zu, Liane werde bei der kommenden Für¬ stin -- etwas, Gesellschaftsdame. Sein alter eifersüchtiger Argwohn über Augusti's Wünsche oder Verhältnisse erlaubte ihm keine Antwort darauf.
Jetzt ermannte sich sein Geist und er schrieb geradezu an die Seele, die ihm gehörte; und schickte dem Bruder das Blatt zur Übergabe. --
Liane ganz blühend in alle Zirkel fahre, als bloß der Lektor häufigere!
Er begriff wohl, daß nur die Meduſen¬ köpfe der Eltern das weichſte Herz gegen ihn verſteinern könnten; aber eben das fand er nicht recht, er foderte keck, daß er von ihr mehr als die Eltern geliebt werde; „nicht aus Egoismus, (ſagt' er zu ſich,) nicht meinet- ſon¬ dern ihrentwegen“. Der Liebende will eine große, unbeſchreibliche Liebe — von der er ſich immer nur als den zufälligen und unwerthen Gegen¬ ſtand glaubt —, bloß um ſelber die höchſte zu geben.
Sogar der ſchweigende Lektor, der ſonſt alle neu aufgehende Lichter hinter Licht- und Ofenſchir¬ me ſtellte, theilte ungebeten dem Grafen die Neu¬ igkeit zu, Liane werde bei der kommenden Für¬ ſtin — etwas, Geſellſchaftsdame. Sein alter eiferſüchtiger Argwohn über Auguſti's Wünſche oder Verhältniſſe erlaubte ihm keine Antwort darauf.
Jetzt ermannte ſich ſein Geiſt und er ſchrieb geradezu an die Seele, die ihm gehörte; und ſchickte dem Bruder das Blatt zur Übergabe. —
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Liane ganz blühend in alle Zirkel fahre, als
bloß der Lektor häufigere!
Er begriff wohl, daß nur die Meduſen¬
köpfe der Eltern das weichſte Herz gegen ihn
verſteinern könnten; aber eben das fand er
nicht recht, er foderte keck, daß er von ihr
mehr als die Eltern geliebt werde; „nicht aus
Egoismus, (ſagt' er zu ſich,) nicht meinet- ſon¬
dern ihrentwegen“. Der Liebende will eine große,
unbeſchreibliche Liebe — von der er ſich immer
nur als den zufälligen und unwerthen Gegen¬
ſtand glaubt —, bloß um ſelber die höchſte zu
geben.
Sogar der ſchweigende Lektor, der ſonſt alle
neu aufgehende Lichter hinter Licht- und Ofenſchir¬
me ſtellte, theilte ungebeten dem Grafen die Neu¬
igkeit zu, Liane werde bei der kommenden Für¬
ſtin — etwas, Geſellſchaftsdame. Sein alter
eiferſüchtiger Argwohn über Auguſti's Wünſche
oder Verhältniſſe erlaubte ihm keine Antwort
darauf.
Jetzt ermannte ſich ſein Geiſt und er ſchrieb
geradezu an die Seele, die ihm gehörte; und
ſchickte dem Bruder das Blatt zur Übergabe. —
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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/103>, abgerufen am 25.11.2024.
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