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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

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bettens Weiberlehn, zumal da man ihm bei
der romantischen Wechselreiterei seines Herzens
nicht trauen könne, ob er nicht sonst einmal
die Ärmste bringe.

Mit einer seufzenden Brust, die gern mehr
einer erwartenden mitgebracht hätte, erzählte
Karl bloß, daß er Lianen gesund und still, aber
keine Minute allein gefunden. Die Zusam¬
menhaltung der fremden Dürftigkeit mit dem
eignen offnen, reichen Glück war -- so glaubte
Albano -- die schöne, zarte Ursache, warum
Karl mit so flüchtiger, kühler Freude über die
elterliche Einsegnung seines Seelenbundes weg¬
lief. O, wie liebt' er ihn jetzt! Könnt' er ihn je
mehr lieben, so thät' ers, wenn Liane gar seinem
Glück verlohren wäre, bloß um sich und ihm
zu zeigen, daß die heilige Freundschaft kein
drittes Herz begehre, um ein zweites zu lieben.

Dieses Gewölke des Schweigens legte sich
nun wochenlang und immer finstrer um seine
schönsten Höhen fest, und der Schuldlose gieng un¬
ter dem Dunkel im Kreise von Widersprüchen um¬
her. Wie mußte dieser Jüngling sich abarbei¬

bettens Weiberlehn, zumal da man ihm bei
der romantiſchen Wechſelreiterei ſeines Herzens
nicht trauen könne, ob er nicht ſonſt einmal
die Ärmſte bringe.

Mit einer ſeufzenden Bruſt, die gern mehr
einer erwartenden mitgebracht hätte, erzählte
Karl bloß, daß er Lianen geſund und ſtill, aber
keine Minute allein gefunden. Die Zuſam¬
menhaltung der fremden Dürftigkeit mit dem
eignen offnen, reichen Glück war — ſo glaubte
Albano — die ſchöne, zarte Urſache, warum
Karl mit ſo flüchtiger, kühler Freude über die
elterliche Einſegnung ſeines Seelenbundes weg¬
lief. O, wie liebt' er ihn jetzt! Könnt' er ihn je
mehr lieben, ſo thät' ers, wenn Liane gar ſeinem
Glück verlohren wäre, bloß um ſich und ihm
zu zeigen, daß die heilige Freundſchaft kein
drittes Herz begehre, um ein zweites zu lieben.

Dieſes Gewölke des Schweigens legte ſich
nun wochenlang und immer finſtrer um ſeine
ſchönſten Höhen feſt, und der Schuldloſe gieng un¬
ter dem Dunkel im Kreiſe von Widerſprüchen um¬
her. Wie mußte dieſer Jüngling ſich abarbei¬

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[88/0100] bettens Weiberlehn, zumal da man ihm bei der romantiſchen Wechſelreiterei ſeines Herzens nicht trauen könne, ob er nicht ſonſt einmal die Ärmſte bringe. Mit einer ſeufzenden Bruſt, die gern mehr einer erwartenden mitgebracht hätte, erzählte Karl bloß, daß er Lianen geſund und ſtill, aber keine Minute allein gefunden. Die Zuſam¬ menhaltung der fremden Dürftigkeit mit dem eignen offnen, reichen Glück war — ſo glaubte Albano — die ſchöne, zarte Urſache, warum Karl mit ſo flüchtiger, kühler Freude über die elterliche Einſegnung ſeines Seelenbundes weg¬ lief. O, wie liebt' er ihn jetzt! Könnt' er ihn je mehr lieben, ſo thät' ers, wenn Liane gar ſeinem Glück verlohren wäre, bloß um ſich und ihm zu zeigen, daß die heilige Freundſchaft kein drittes Herz begehre, um ein zweites zu lieben. Dieſes Gewölke des Schweigens legte ſich nun wochenlang und immer finſtrer um ſeine ſchönſten Höhen feſt, und der Schuldloſe gieng un¬ ter dem Dunkel im Kreiſe von Widerſprüchen um¬ her. Wie mußte dieſer Jüngling ſich abarbei¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/100>, abgerufen am 24.11.2024.