Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

von Land und Leuten daran angelegt, ab¬
nimmt und nach Hause trägt.

Hat ein Vater -- wie unser Minister --
nicht viel, so kann er die Kinder, wie die Ägyp¬
ter die Eltern (nämlich die Mumien davon)
als Schuld- und Faustpfänder oder Reichs¬
pfandschaften, die man nicht einlöset, einsetzen.

Jetzt hat sich der Kaufmannsstand, der
sonst nur fremde Produkte vertrieb, auch dieses
Handelszweigs bemächtigt; mich dünkt aber,
er hätte in seinem untern Kaufgewölbe Spiel¬
raum genug, eigennützig und verdammt zu
werden, ohne die Treppe hinaufzusteigen zur
Tochter. In Guinea darf nur der Adel han¬
deln; bei uns ist ihm fast aller Handel, au¬
ßer dem kleinen mit den Töchtern und den übri¬
gen wenigen Dingen, die auf den eignen Gü¬
tern wachsen, abgeschnitten und verwehrt; da¬
her hält er so fest auf diese Handelsfreiheit und
die Noblesse scheint hier ein für diesen zarten
Handelszweig verbundne Hansa zu seyn; so
daß man gewissermaßen den erhabnen Stand
mit dem erhabnern im eigentlichen Sinn
vergleichen mag, den in Rom verkäufliche

von Land und Leuten daran angelegt, ab¬
nimmt und nach Hauſe trägt.

Hat ein Vater — wie unſer Miniſter —
nicht viel, ſo kann er die Kinder, wie die Ägyp¬
ter die Eltern (nämlich die Mumien davon)
als Schuld- und Fauſtpfänder oder Reichs¬
pfandſchaften, die man nicht einlöſet, einſetzen.

Jetzt hat ſich der Kaufmannsſtand, der
ſonſt nur fremde Produkte vertrieb, auch dieſes
Handelszweigs bemächtigt; mich dünkt aber,
er hätte in ſeinem untern Kaufgewölbe Spiel¬
raum genug, eigennützig und verdammt zu
werden, ohne die Treppe hinaufzuſteigen zur
Tochter. In Guinea darf nur der Adel han¬
deln; bei uns iſt ihm faſt aller Handel, au¬
ßer dem kleinen mit den Töchtern und den übri¬
gen wenigen Dingen, die auf den eignen Gü¬
tern wachſen, abgeſchnitten und verwehrt; da¬
her hält er ſo feſt auf dieſe Handelsfreiheit und
die Nobleſſe ſcheint hier ein für dieſen zarten
Handelszweig verbundne Hanſa zu ſeyn; ſo
daß man gewiſſermaßen den erhabnen Stand
mit dem erhabnern im eigentlichen Sinn
vergleichen mag, den in Rom verkäufliche

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0093" n="85"/>
von Land und Leuten daran angelegt, ab¬<lb/>
nimmt und nach Hau&#x017F;e trägt.</p><lb/>
          <p>Hat ein Vater &#x2014; wie un&#x017F;er Mini&#x017F;ter &#x2014;<lb/>
nicht viel, &#x017F;o kann er die Kinder, wie die Ägyp¬<lb/>
ter die Eltern (nämlich die Mumien davon)<lb/>
als Schuld- und Fau&#x017F;tpfänder oder Reichs¬<lb/>
pfand&#x017F;chaften, die man nicht einlö&#x017F;et, ein&#x017F;etzen.</p><lb/>
          <p>Jetzt hat &#x017F;ich der Kaufmanns&#x017F;tand, der<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t nur fremde Produkte vertrieb, auch die&#x017F;es<lb/>
Handelszweigs bemächtigt; mich dünkt aber,<lb/>
er hätte in &#x017F;einem untern Kaufgewölbe Spiel¬<lb/>
raum genug, eigennützig und verdammt zu<lb/>
werden, ohne die Treppe hinaufzu&#x017F;teigen zur<lb/>
Tochter. In Guinea darf nur der Adel han¬<lb/>
deln; bei uns i&#x017F;t ihm fa&#x017F;t aller Handel, au¬<lb/>
ßer dem kleinen mit den Töchtern und den übri¬<lb/>
gen wenigen Dingen, die auf den eignen Gü¬<lb/>
tern wach&#x017F;en, abge&#x017F;chnitten und verwehrt; da¬<lb/>
her hält er &#x017F;o fe&#x017F;t auf die&#x017F;e Handelsfreiheit und<lb/>
die Noble&#x017F;&#x017F;e &#x017F;cheint hier ein für die&#x017F;en zarten<lb/>
Handelszweig verbundne Han&#x017F;a zu &#x017F;eyn; &#x017F;o<lb/>
daß man gewi&#x017F;&#x017F;ermaßen den erhabnen Stand<lb/>
mit dem <hi rendition="#g">erhabnern</hi> im eigentlichen Sinn<lb/>
vergleichen mag, den in Rom verkäufliche<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[85/0093] von Land und Leuten daran angelegt, ab¬ nimmt und nach Hauſe trägt. Hat ein Vater — wie unſer Miniſter — nicht viel, ſo kann er die Kinder, wie die Ägyp¬ ter die Eltern (nämlich die Mumien davon) als Schuld- und Fauſtpfänder oder Reichs¬ pfandſchaften, die man nicht einlöſet, einſetzen. Jetzt hat ſich der Kaufmannsſtand, der ſonſt nur fremde Produkte vertrieb, auch dieſes Handelszweigs bemächtigt; mich dünkt aber, er hätte in ſeinem untern Kaufgewölbe Spiel¬ raum genug, eigennützig und verdammt zu werden, ohne die Treppe hinaufzuſteigen zur Tochter. In Guinea darf nur der Adel han¬ deln; bei uns iſt ihm faſt aller Handel, au¬ ßer dem kleinen mit den Töchtern und den übri¬ gen wenigen Dingen, die auf den eignen Gü¬ tern wachſen, abgeſchnitten und verwehrt; da¬ her hält er ſo feſt auf dieſe Handelsfreiheit und die Nobleſſe ſcheint hier ein für dieſen zarten Handelszweig verbundne Hanſa zu ſeyn; ſo daß man gewiſſermaßen den erhabnen Stand mit dem erhabnern im eigentlichen Sinn vergleichen mag, den in Rom verkäufliche

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801/93
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801/93>, abgerufen am 22.11.2024.