Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801.Paar Stürmen hinter drein hat, unthätig ne¬ Er sah scharf gegen die gestickte Flora nie¬ Paar Stürmen hinter drein hat, unthätig ne¬ Er ſah ſcharf gegen die geſtickte Flora nie¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0051" n="43"/> Paar Stürmen hinter drein hat, unthätig ne¬<lb/> ben dem Stickrahmen zu ankern und nicht et¬<lb/> wan ein Herkules zu ſeyn, (das wäre leicht,)<lb/> welcher ſpinnt, ſondern einer, der nur ſpinnen<lb/> ſieht — und das vor dem großen Frühling und<lb/> Sonnenuntergange drauſſen — und noch dazu<lb/> neben der wortkargen Mutter (überhaupt iſts<lb/> ſchon neben jeder eine Unmöglichkeit, ein er¬<lb/> hebliches Geſpräch mit der Tochter einzulei¬<lb/> ten) — — das ſind ſchwere Sachen.</p><lb/> <p>Er ſah ſcharf gegen die geſtickte Flora nie¬<lb/> der: „Mich ſchmerzt nichts ſo ſehr“ — ſagte<lb/> er, weil er überall philoſophierte und weil ihn<lb/> alles Vergebliche auf der Erde peinlich be¬<lb/> klemmte — „als das ſo viele tauſend künſtliche<lb/> „Zierrathen auf der Welt umſonſt geſchaffen<lb/> „werden, ohne daß ſie je ein Auge trifft und<lb/> „genießet. Mir kann es ordentlich nahe ge¬<lb/> „hen, wenn das grüne Blättchen <hi rendition="#g">hier</hi> nicht<lb/> „beſonders angeſehen wird.“ Mit derſelben<lb/> Trauer über fruchtloſe ungenoſſene Pflanzun¬<lb/> gen der Mühe hielt er oft ſein Auge nahe an<lb/> den Tapeten-Baumſchlag, an geblümte Zeuge,<lb/> an architektoniſche Verzierungen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [43/0051]
Paar Stürmen hinter drein hat, unthätig ne¬
ben dem Stickrahmen zu ankern und nicht et¬
wan ein Herkules zu ſeyn, (das wäre leicht,)
welcher ſpinnt, ſondern einer, der nur ſpinnen
ſieht — und das vor dem großen Frühling und
Sonnenuntergange drauſſen — und noch dazu
neben der wortkargen Mutter (überhaupt iſts
ſchon neben jeder eine Unmöglichkeit, ein er¬
hebliches Geſpräch mit der Tochter einzulei¬
ten) — — das ſind ſchwere Sachen.
Er ſah ſcharf gegen die geſtickte Flora nie¬
der: „Mich ſchmerzt nichts ſo ſehr“ — ſagte
er, weil er überall philoſophierte und weil ihn
alles Vergebliche auf der Erde peinlich be¬
klemmte — „als das ſo viele tauſend künſtliche
„Zierrathen auf der Welt umſonſt geſchaffen
„werden, ohne daß ſie je ein Auge trifft und
„genießet. Mir kann es ordentlich nahe ge¬
„hen, wenn das grüne Blättchen hier nicht
„beſonders angeſehen wird.“ Mit derſelben
Trauer über fruchtloſe ungenoſſene Pflanzun¬
gen der Mühe hielt er oft ſein Auge nahe an
den Tapeten-Baumſchlag, an geblümte Zeuge,
an architektoniſche Verzierungen.
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801/51>, abgerufen am 17.07.2024. |