Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801."die mein Leben zur Mumie ward. Wahrlich C 2
„die mein Leben zur Mumie ward. Wahrlich C 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0043" n="35"/> „die mein Leben zur Mumie ward. Wahrlich<lb/> „ich ſpreche jetzt gefaſſet. Man trug vor mir<lb/> „her, als ich heraus ſpatzieren gieng, einen lei¬<lb/> „chen-weiſſen Jüngling auf einer Bahre in den<lb/> „Tartarus; es war nur eine Statue, aber ſie<lb/> „war das Ebenbild meiner Zukunft. Ein böſer<lb/> „Genius ſagte zu mir: liebe die Schöne, die<lb/> „ich Dir zeige. Sie ſtand an der Kirchthüre<lb/> „von Kirchleuten umzingelt, die ſich über die<lb/> „Kühnheit wunderten, womit ſie mit beiden<lb/> „Händen eine ſilbergraue züngelnde Schlange<lb/> „annahm und wog. Wie eine kühne Göttin<lb/> „ſenkte ſie die feſte ebene Stirn, das ſchwarze<lb/> „Auge, die Roſenblüthen ihres Angeſichts auf<lb/> „den von der Natur platt getretnen Otterkopf<lb/> „und ſpielte damit dicht an ihrem Herzen.<lb/> „„Kleopatra!“ ſagt' ich, obwohl ein Knabe.<lb/> „Auch ſie verſtand es ſchon, blickte ruhig und<lb/> „kalt von der Schlange auf und gab ſie zu¬<lb/> „rück und wandte ſich um. O an meine junge<lb/> „Bruſt warf ſie die erkältende Leben-freſſende<lb/> „Viper. — Aber wahrlich jetzt iſts vorbei und<lb/> „ich ſpreche ruhig. Nur in den Stunden, Alba¬<lb/> „no, wo mir aus jener Nacht meine blutigen<lb/> <fw place="bottom" type="sig">C 2<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [35/0043]
„die mein Leben zur Mumie ward. Wahrlich
„ich ſpreche jetzt gefaſſet. Man trug vor mir
„her, als ich heraus ſpatzieren gieng, einen lei¬
„chen-weiſſen Jüngling auf einer Bahre in den
„Tartarus; es war nur eine Statue, aber ſie
„war das Ebenbild meiner Zukunft. Ein böſer
„Genius ſagte zu mir: liebe die Schöne, die
„ich Dir zeige. Sie ſtand an der Kirchthüre
„von Kirchleuten umzingelt, die ſich über die
„Kühnheit wunderten, womit ſie mit beiden
„Händen eine ſilbergraue züngelnde Schlange
„annahm und wog. Wie eine kühne Göttin
„ſenkte ſie die feſte ebene Stirn, das ſchwarze
„Auge, die Roſenblüthen ihres Angeſichts auf
„den von der Natur platt getretnen Otterkopf
„und ſpielte damit dicht an ihrem Herzen.
„„Kleopatra!“ ſagt' ich, obwohl ein Knabe.
„Auch ſie verſtand es ſchon, blickte ruhig und
„kalt von der Schlange auf und gab ſie zu¬
„rück und wandte ſich um. O an meine junge
„Bruſt warf ſie die erkältende Leben-freſſende
„Viper. — Aber wahrlich jetzt iſts vorbei und
„ich ſpreche ruhig. Nur in den Stunden, Alba¬
„no, wo mir aus jener Nacht meine blutigen
C 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |