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Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801.

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"mir nur einige Worte! Ich genas bald und
"trauerte über die lange schleppende Zeit..... "

"Nein -- (unterbrach Albano sie, dessen
"Gefühle wie Schwerter gegen einander schlu¬
"gen --) ich ehre, aber hasse Ihr gefährliches
"Schreckbild. Phantasie und Krankheit sind die
"Eltern des luftigen Würgengels, der wie ein
"taubes Wetterleuchten sengend über alle Blü¬
"then der Jugend fliegt."

Sie antwortete gerührt: "o du guter,
"frommer Geist! du hast mich nie betrübt, du
"hast mich stets getröstet, geleitet, froh und
"fromm gemacht. -- Ein Schreckbild ist er,
"Albano? -- Eben gegen alle Schreckbil¬
"der, gegen alle Geisterfurcht bewahrt er
"mich, weil er immer um mich ist. Warum, wenn
"er nur ein Traumbild ist, erscheint er mir nie
"in meinen Träumen? *) Warum kommt er

nicht.
*) Darum vielleicht, warum der Dichter seine so
bestimmt und oft angeschaueten Geschöpfe, nicht
in seinen Träumen unter den Bildern des Ta¬
ges gehen sieht.

„mir nur einige Worte! Ich genas bald und
„trauerte über die lange ſchleppende Zeit..... “

„Nein — (unterbrach Albano ſie, deſſen
„Gefühle wie Schwerter gegen einander ſchlu¬
„gen —) ich ehre, aber haſſe Ihr gefährliches
„Schreckbild. Phantaſie und Krankheit ſind die
„Eltern des luftigen Würgengels, der wie ein
„taubes Wetterleuchten ſengend über alle Blü¬
„then der Jugend fliegt.“

Sie antwortete gerührt: „o du guter,
„frommer Geiſt! du haſt mich nie betrübt, du
„haſt mich ſtets getröſtet, geleitet, froh und
„fromm gemacht. — Ein Schreckbild iſt er,
„Albano? — Eben gegen alle Schreckbil¬
„der, gegen alle Geiſterfurcht bewahrt er
„mich, weil er immer um mich iſt. Warum, wenn
„er nur ein Traumbild iſt, erſcheint er mir nie
„in meinen Träumen? *) Warum kommt er

nicht.
*) Darum vielleicht, warum der Dichter ſeine ſo
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[192/0200] „mir nur einige Worte! Ich genas bald und „trauerte über die lange ſchleppende Zeit..... “ „Nein — (unterbrach Albano ſie, deſſen „Gefühle wie Schwerter gegen einander ſchlu¬ „gen —) ich ehre, aber haſſe Ihr gefährliches „Schreckbild. Phantaſie und Krankheit ſind die „Eltern des luftigen Würgengels, der wie ein „taubes Wetterleuchten ſengend über alle Blü¬ „then der Jugend fliegt.“ Sie antwortete gerührt: „o du guter, „frommer Geiſt! du haſt mich nie betrübt, du „haſt mich ſtets getröſtet, geleitet, froh und „fromm gemacht. — Ein Schreckbild iſt er, „Albano? — Eben gegen alle Schreckbil¬ „der, gegen alle Geiſterfurcht bewahrt er „mich, weil er immer um mich iſt. Warum, wenn „er nur ein Traumbild iſt, erſcheint er mir nie „in meinen Träumen? *) Warum kommt er nicht. *) Darum vielleicht, warum der Dichter ſeine ſo beſtimmt und oft angeſchaueten Geſchöpfe, nicht in ſeinen Träumen unter den Bildern des Ta¬ ges gehen ſieht.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801/200>, abgerufen am 23.11.2024.