Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801.als bei der Sphinx löset das Räthsel nur der, Der alte Mann sprach hinter dem Sprach¬ die
als bei der Sphinx löſet das Räthſel nur der, Der alte Mann ſprach hinter dem Sprach¬ die
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als bei der Sphinx löſet das Räthſel nur der,
welcher ſtirbt. —
Der alte Mann ſprach hinter dem Sprach¬
gitter des Schlafs mit Todten, die mit ihm
über die Morgen-Auen der Jugend gezogen
waren und redete mit ſchwerer Lippe den tod¬
ten Fürſten und ſeine Gattin an. Wie erhaben
hieng der mit einem langen Leben übermalte
Vorhang des veralteten Angeſichts vor der hin¬
ter ihm tanzenden Schäferwelt der Jugend nie¬
der und wie rührend wandelte die graue Ge¬
ſtalt mit dem jugendlichen Kranz im kalten
Abendthau des Lebens umher und hielt ihn für
Morgenthau, und ſah nach Morgen und der
Sonne! — Nur die Locke des Greiſes rührte
der Jüngling liebend-ſchonend an; er wollte
ihn — um ihn nicht mit einer fremden Geſtalt
zu erſchrecken — verlaſſen ehe der aufgehende
Mond ſeine Augenlieder weckend berührte.
Nur wollt' er vorher den Lehrer ſeiner Gelieb¬
ten mit den Zweigen eines nahen Lorbeerbäum¬
chens bekränzen. Als er davon zurückkam:
drang ſchon der Mond mit ſeinem Glanze durch
die
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801/120>, abgerufen am 16.02.2025. |